08.09.2022 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 51 / Einzelplan 09

Andreas JungCDU/CSU - Wirtschaft und Klimaschutz

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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Minister, Sie haben in Ihrer Rede einen kritischen Blick zurück angemahnt. Dazu will ich eine Bemerkung machen. Wir haben in der Coronapandemie eine Lehre aus vorangegangenen Krisen gezogen, und diese Lehre war: In der Krisenbewältigung darf nie wieder der Klimaschutz hintangestellt werden; nie wieder darf es so sein, dass man über die Bewältigung der einen Krise die andere Krise, die Klimakrise, aus dem Blick verliert. Deshalb haben wir gleichzeitig in Stabilisierung, in Entlastung, in Zukunftstechnologien, in Klimaschutz investiert. Wir haben alles zusammengebracht. Das ist auch unsere Erwartung an Sie. Und es ist unser Befund, dass es in dieser Krise eben nicht gemacht wird. Sie stellen den Klimaschutz in dieser Krise hintan.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Bei der Energiesicherheit sind wir nicht so weit, wie Sie und Olaf Scholz es gestern darstellen wollten. Es ist nicht geritzt, dass wir über den Winter kommen.

(Timon Gremmels [SPD]: Weil Altmaiers Gasspeicher leer waren!)

Die Übertragungsnetzbetreiber haben es am Montag doch klar aufgeschrieben: Es droht weiterhin eine Notlage; deshalb müssen alle Kapazitäten genutzt werden. Das heißt, da muss mehr gemacht werden.

Bei den Entlastungen ist es unkonkret. Sie haben jetzt wieder Ankündigungen gemacht, obwohl Sie doch den ganzen Sommer darüber verhandelt haben, wie Normalverdiener, die jetzt hart getroffen sind, besser unterstützt werden können, wie Betriebe und die Industrie unterstützt werden können. Herr Russwurm war bei Ihrer Klausurtagung und hat gesagt: Es geht um die Substanz der Industrie. – Sie haben darauf bisher keine Antwort. Die Bäckereien, der Mittelstand: Alle weisen darauf hin, wie hart sie getroffen sind. Da gibt es Ankündigungen, aber nach wochenlangen Beratungen gibt es keine Antwort. Es soll jetzt ein Expertengremium eingesetzt werden. Das ist zu wenig; es ist zu langsam. Es muss konsequenter sein. Und bei all dem wird der Klimaschutz hintangestellt.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Ich will es an einem Beispiel konkret machen. Stresstest: Sie haben bei dem Stresstest auf Netzstabilität prüfen lassen, aber Sie haben nicht auf die Stabilität der Ökosysteme prüfen lassen. Sie haben nicht die Frage gestellt, ob befristet die etwas längere Nutzung der Kernenergie weniger Kohle und damit weniger CO2 bedeuten könnte. Diese Prüfung, diese Frage liegt auf der Hand; sie ist aber kein Maßstab in Ihrer Prüfung. Deshalb setzen Sie einseitig auf Kohle. Sie setzen einseitig auf Öl, und deshalb fällt es auf Sie zurück, wenn Sie sagen: Alles tun, um aus den fossilen Energien rauszugehen. – Das tun Sie gerade nicht. Das wird bei der Bioenergie deutlich.

(Jens Spahn [CDU/CSU]: Ölkraftwerke!)

Wir haben hier im Deutschen Bundestag beantragt, den Deckel bei der Bioenergie wegzunehmen. Da könnten kurzfristig, nicht erst langfristig, Potenziale genutzt werden. Der Mais liegt in den Lagern. Es könnte jetzt mehr Strom, mehr Wärme, Biomethan produziert werden. Zum Stresstest von Montag schreiben Sie auf: Die Situation im nächsten Winter sei aus einigen Gründen eine andere; ein wichtiger Grund sei, dass dann mehr Strom aus Biogas, aus Bioenergie zur Verfügung stehen würde – im nächsten Winter! Wären Sie unserem Antrag gefolgt, würde er in diesem Winter zur Verfügung stehen. Wenn Sie sagen: „Verbockt und verhindert“, fällt es auf Sie zurück. Das haben Sie verbockt; das haben Sie verhindert.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Wir könnten in diesem Winter mehr Bioenergie nutzen, stattdessen haben Sie es erst ignoriert, dann abgelehnt und jetzt verbummelt. Sie haben im Juli angekündigt, dass Sie es doch so machen wollen, wie wir es beantragt haben – im Juli –, es gibt aber immer noch keinen Kabinettsbeschluss. Den wollen Sie jetzt im September treffen. Es ist richtig, dass Sie es machen; aber es ist zu spät, es ist verbummelt, es hätte mehr getan werden müssen. Und es zeigt: Klimaschutz und Energiesicherheit werden nicht zusammengedacht.

Ich will es ganz konkret am Klimaschutzgesetz machen. Auch das war eine Lehre. Es war die Lehre aus dem Jahr 2019, dass die Klimaziele nicht ausreichend verbindlich waren.

(Dr. Matthias Miersch [SPD]: Vor allem wegen Widerständen der CDU!)

– Wir Umweltpolitiker vieler Fraktionen haben lange dafür gekämpft, und wir haben es, lieber Matthias Miersch, 2019 erreicht. Du hast im Deutschen Bundestag gesagt: Wir werden es nie wieder einem Minister durchgehen lassen, dass er Klimaziele nicht erreicht. – Und das tun Sie jetzt.

(Zuruf des Abg. Dr. Matthias Miersch [SPD])

Sie haben die gesetzliche Verpflichtung. Das ist kein grüner Parteitagsbeschluss. Es ist nicht das Wahlplakat eines selbsternannten Klimakanzlers. Es ist eine gesetzliche Verpflichtung aus dem Klimaschutzgesetz, zum 30. Juni dieses Jahres zur Schließung der Klimalücke ein Sofortprogramm vorzulegen. Sie haben nichts gemacht. Ihre Experten haben die Vorschläge aus dem Verkehrsministerium zerrissen. Sie haben denen sogar die Ernsthaftigkeit abgesprochen. Es gibt keinen Vorschlag. Das widerspricht der gesetzlichen Pflicht. Und es hat ja einen Sinn, dass es zum 30. Juni gemacht werden sollte: damit nachgesteuert werden kann, damit Sofortmaßnahmen auf den Weg gebracht werden können. Stattdessen wollen Sie das Klimaschutzgesetz, das Ihre Partei als zu lax kritisiert hat, aufweichen.

(Dr. Matthias Miersch [SPD]: Keine Sorge!)

Sie wollen weg davon, dass Jahresschreiben für jeden Sektor vorgelegt werden müssen; das war aber gerade die Lehre. Gegen diese verstoßen Sie jetzt.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Sie müssen mehr tun für Energiesicherheit, mehr tun für Entlastung und mehr tun für Klimaschutz. Sie müssen es zusammenbringen; das ist unsere Erwartung.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Nächster Redner: für die SPD-Fraktion Frank Junge.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7538774
Wahlperiode 20
Sitzung 51
Tagesordnungspunkt Wirtschaft und Klimaschutz
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