08.09.2022 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 51 / Einzelplan 15

Karsten KleinFDP - Gesundheit

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ja, formal, Herr Minister, werden die Mittel in Ihrem Haushalt 2023 sehr stark zurückgefahren. Das liegt aber in erster Linie – Sie haben das selber angesprochen – daran, dass die Coronaausgaben herauswachsen.

Die wachsen aus zwei Gründen heraus. Auf der einen Seite beurteilen wir die Lage für 2023 so, dass sie nicht nötig sind. Aber ich sage auch ganz bewusst dazu: Wir erwarten natürlich nach so einer langen Zeit auch, dass viele Kosten, die in der Coronazeit vom Bund übernommen worden sind, aber eigentlich Länderaufgaben sind, im Zweifel dann auch von den Ländern endlich übernommen werden, dass die entsprechenden Strukturen vorhanden sind, dass die Länder reagiert haben, ihre Gesundheitsämter auf Vordermann gebracht haben, die Digitalisierung dort endlich eingeführt haben – alles Länderaufgaben, die wir als Bund kitten mussten und bei denen ich davon ausgehe, dass, wenn es 2023 noch mal ernst wird, die Länder dann auf eigenen Füßen stehen können.

(Beifall bei der FDP und der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Wie ernst die Länder das meinen, konnte man dieses Jahr bei der Debatte im April um die Verlängerung der Testverordnung sehen. Ich weiß nicht, ob Sie sich noch erinnern: Wir hatten da eine sehr intensive Debatte. Bisher war es so, dass die Tests, die Bürgertests, die eigentlich Aufgabe der Länder sind, komplett vom Bund übernommen worden sind. Dann gab es eine intensive Debatte, und vielen Ländergesundheitsministern, vor allem auch aus meinem Heimatland Bayern, war unheimlich wichtig, dass die Bürgertests kostenlos weitergeführt werden. Wir haben ja dann eigentlich einen schönen Weg gefunden, Herr Minister, nämlich dass es bei einer Zuzahlung von 3 Euro eben weiterhin diese Tests gibt. Und oh Wunder: Kein einziges Bundesland hat danach die kostenlosen Tests noch so wichtig gefunden in der Pandemiebekämpfung, dass es die 3 Euro übernommen hätte.

(Beifall bei der FDP und der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Ich glaube, das ist beispielhaft dafür, wie die Länder in dieser Coronakrise vorgehen. Alles, was vom Bund bezahlt wird, alles, was kostenlos ist, nimmt man mit. Aber selber bringt man zu geringe Beiträge, und das ist nicht akzeptabel in einer solchen Krisensituation.

(Beifall bei der FDP und der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Im Einzelplan des BMG sind die Mittel ja schon immer sehr stark durch den Zuschuss an den Gesundheitsfonds für die GKV gebunden. Auch darüber gibt es eine intensive Diskussion. Der Schätzerkreis ist ja zu dem Ergebnis gekommen, dass wir 2023 noch mit einem Defizit von 17 Milliarden Euro rechnen müssen, das wir ausgleichen müssen. Das war vor der Inflation; das war auch vor der Energiekrise. Das wird also mit Sicherheit nicht weniger werden. Dieses Defizit wächst bis 2026 laut dieser Zahlen von damals auf 30 Milliarden Euro an.

Jetzt haben wir in der Diskussion einen Vorschlag von Ihnen, Herr Minister, nach dem wir den Bundeszuschuss noch mal um 2 Milliarden Euro auf 16,5 Milliarden Euro erhöhen und noch mal 1 Milliarde Euro als Darlehen geben, um dieses Defizit im nächsten Jahr auszugleichen. Aber ich glaube, uns allen ist klar, dass das Konzept mit dem Nutzen der Reserven der Krankenkassen, das jetzt vorliegt, nur ein Luftholen bedeuten kann.

(Zuruf von der CDU/CSU: Sehr wahr!)

Wir brauchen echte Strukturreformen; wir brauchen Diskussionen über diese Strukturreformen. Die müssen jetzt auch angegangen werden. Dazu erwarte ich natürlich auch Lösungsvorschläge aus dem Ministerium.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP und der CDU/CSU – Tino Sorge [CDU/CSU]: Wir auch!)

Aber ich denke, da sind auch viele andere betroffen. Denn der Weg kann am Ende nicht sein, dass dieses Problem über einen noch höheren Bundeszuschuss gelöst werden soll.

(Beifall bei der FDP sowie der Abg. Svenja Stadler [SPD])

Herr Minister, Sie haben die Digitalisierung angesprochen. Davon erwarten wir uns auch große Kostenentlastungen. Aber es geht zum Beispiel im Krankenhausbereich auch um das Thema Krankenhausinvestitionen. Auch darüber findet aktuell eine sehr intensive und sehr spannende Debatte aufseiten der Ländergesundheitsminister statt. Ich will einfach mal in Erinnerung rufen: Es gibt schon seit Längerem einen Bericht des Bundesrechnungshofes, der feststellt, dass die Länder über Jahre jährlich bis zu 5 Milliarden Euro zu wenig in die Krankenhäuser dieses Landes investieren.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Das führt natürlich zu einem schlechten Stand bei der Digitalisierung. Das führt zu schlechten Arbeitsabläufen, weil wir alte Krankenhausstrukturen haben. Und es führt im Übrigen dazu, dass wir keine attraktiven Arbeitsbedingungen haben, Thema Fachkräftemangel. Es führt aber auch dazu, dass die Gebäudesubstanz schlecht ist. Das fällt uns jetzt in den aktuellen Krisen natürlich auf die Füße: Veraltete Energiezentralen und schlechte Gebäudehüllen führen zu stark steigenden Energiekosten.

Deshalb habe ich vorhin noch mal erwähnt, Herr Minister, wie spannend diese aktuellen Diskussionen sind. Die gleichen Minister, die Länderminister, die über Jahre zu wenig für ihr Gesundheitssystem, für ihre Aufgabenstellungen getan haben, melden sich jetzt pressemedial mit großem Getöse – vor allem der Minister aus meiner Heimat Bayern – und schieben dem Bund die Verantwortung zu. Die Länder haben über Jahre geschlafen.

(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Deshalb kämpfen die Krankenhäuser mit großen Defiziten im Betriebsbereich bei den Energiekosten jetzt. Ich erwarte, dass die Länder bereit sind, dieses Defizit zu decken, statt immer nur an der Tür des Bundesgesundheitsministers und beim Bundeshaushalt anzuklopfen.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Die Kollegin Dr. Gesine Lötzsch hat das Wort für die Fraktion Die Linke.

(Beifall bei der LINKEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7538799
Wahlperiode 20
Sitzung 51
Tagesordnungspunkt Gesundheit
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