Carlos KasperSPD - Finanzen
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sprudelnde Steuereinnahmen, eine florierende Wirtschaft und Wachstum sind spätestens seit diesem Jahr keine Selbstverständlichkeit mehr. Das zwingt uns jedoch, genauer auf die von uns finanzierten Projekte zu schauen und gegebenenfalls den Rotstift anzusetzen.
Gerade deswegen lohnt es sich aber auch, noch mal auf die Einnahmenseite zu schauen und gegebenenfalls die Einnahmen zu erhöhen. Um das zu schaffen, gibt es mehrere Möglichkeiten. Man kann erstens Steuern erhöhen und zweitens auch die Schuldenbremse nicht mehr einhalten.
(Stephan Brandner [AfD]: Oder beides!)
Es gibt aber auch eine dritte Möglichkeit, nämlich, dass wir noch stärker gegen Steuerbetrug und Geldwäsche vorgehen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Da haben wir großen Nachholbedarf. Das hat uns nicht erst der kürzlich erschienene FATF-Bericht, sondern auch die Umsetzung der Sanktionen nochmals vor Augen geführt.
Jedes Jahr werden laut Schätzungen in Deutschland über 100 Milliarden Euro gewaschen, hinterzogen und nicht ordnungsgemäß abgeführt. Davon ist jeder Euro schmutziges Geld einer zu viel.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Dieses Geld stammt aus kriminellen Quellen, Steuerbetrug, Schwarzarbeit, Drogen- und Menschenhandel und häufig auch – das kommt leider zu wenig zur Sprache – Umweltkriminalität. Das schwächt unsere Demokratie; denn das Vertrauen in Prozesse schwindet. Es schadet dem sozialen Frieden; denn die Sozialkassen werden leerer. Und letztendlich führt es eben auch dazu, dass wir unsere Projekte nicht mehr finanzieren können. Dagegen müssen wir stärker vorgehen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Dazu brauchen wir effektive Finanzermittlungen. Wir müssen wissen, wo das Vermögen herkommt, wo es hinfließt, wer es kontrolliert und vor allem wer davon profitiert.
Ich bin deswegen froh, dass unser Bundesfinanzminister nun einen Vorschlag gemacht hat, wie der Kampf gegen schmutziges Geld besser organisiert werden kann. Das war ein guter erster Aufschlag, aber wir müssen aufpassen, dass Vorschläge nicht nur gemacht werden, um von internationalen Berichten abzulenken. Wir dürfen Vorschläge nicht nur machen, um sie ins Schaufenster zu stellen.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Bruno Hönel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Vorschläge sind nur dann gut, wenn sie durchdacht sind und vor allem auch mit verschiedenen Akteurinnen und Akteuren abgestimmt.
(Yannick Bury [CDU/CSU]: Haben Sie denn mit den Ländern mal geredet?)
Was aber auf jeden Fall klar ist: Wir brauchen eine bundesweite Einheit, die nicht nur gezielte Finanzermittlungen bei verdächtigem Vermögen durchführt, sondern auch internationale Sanktionen durchsetzt. Sie kann eben nur dann arbeiten, wenn die entsprechenden Voraussetzungen geschaffen wurden und passende Instrumente vorliegen. Vor allem brauchen wir das Instrument einer Suspicious Wealth Order, also die Möglichkeit, verdächtiges Vermögen schon dann einzufrieren, wenn bereits gewisse Risikomerkmale vorliegen, und nicht erst, wenn eine Straftat vorliegt.
(Beifall des Abg. Pascal Meiser [DIE LINKE])
Dafür muss aber auch das Transparenzregister dringend besser gemacht werden. Die Daten müssen vollständig sein, und ihre Richtigkeit muss immer wieder überprüft werden. Denn nicht zuletzt kann durch fehlende Angaben im Transparenzregister verschleiert werden, wer die Kontrolle über bestimmte Firmen und damit zum Beispiel auch über Immobilien hat. Nicht nur, dass viele Firmen ihre Pflicht zur Eintragung eines wirtschaftlich Berechtigten nicht erfüllt haben; häufig finden wir auch verschachtelte Firmenkonstrukte vor, deren Spuren sich in Steueroasen verlieren.
Aber allein ein Transparenzregister reicht nicht aus. Um Klarheit darüber zu erhalten, wem Immobilien gehören, brauchen wir ein zentral abrufbares und digitales Grundbuch. Und da erwarte ich, dass die Länder ihrer Verantwortung ebenfalls gerecht werden.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Ich bin gelernter Rechtspfleger. Ich weiß also, wie Grundbücher geführt werden. Als ich 2014 mein Studium begann, hatten wir bereits die Diskussion um ein bundesweit digitales und vernetztes Grundbuch. Acht Jahre später sind wir anscheinend immer noch nicht viel weiter,
(Jörn König [AfD]: Die SPD war acht Jahre in der Regierung!)
und ein vollständig digitales Immobilienregister wird wohl erst in ein paar Jahren möglich sein.
Deswegen will ich den Ländern sagen: Macht es besser, macht es schneller, und werdet euch eurer Verantwortung bei der Geldwäschebekämpfung bewusst!
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Ihr habt nicht nur Nachholbedarf beim Immobilienregister, sondern auch bei der Kontrolle im Nichtfinanzsektor. Weil bereits dort die Kontrollen mangelhaft sind, kommen jährlich 30 Milliarden Euro gewaschenes Geld in den Kreislauf.
Aber auch als Bund haben wir Verantwortung, und dieser Verantwortung kommen wir mit diesem Bundeshaushaltsplan nach. Im Einzelplan 08 führen wir die Stärkung des Zolls fort, die in den vergangenen Jahren unter Finanzminister Scholz begonnen hat. Denn die Erwartungen an den Zoll sind immer weiter gewachsen. Das betrifft vor allem die polizeilichen Aufgaben wie die Bekämpfung von Schwarzarbeit, von Schmuggel oder eben auch den Kampf gegen Produktpiraterie. Umso wichtiger ist es, dass wir im Haushaltsplan nochmals einen Stellenaufwuchs beim Zoll vorsehen.
Wir investieren aber auch weiter in die Dienstsitze der Hauptzollämter. Wir kümmern uns um die Beschäftigten des Zolls, damit sie für uns die Steuern einnehmen, Waren abfertigen und die Einnahmen der Sozialkassen sichern. Denn nur so gewährleisten wir, dass der Zoll auch weiterhin über die Hälfte der Steuern des Bundes einnehmen kann.
Kommen Sie bitte zum Schluss.
Jeder in den Zoll investierte Euro lohnt sich; denn er kommt um ein Vielfaches zurück.
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7538864 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 51 |
Tagesordnungspunkt | Finanzen |