08.09.2022 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 51 / Einzelplan 07

Franziska HoppermannCDU/CSU - Justiz

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Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Justizminister! Größe und Bedeutung des Einzelplans des Justizministeriums haben viele meiner Kolleginnen und Kollegen schon hervorgehoben. Gerade im aktuellen Zeitgeschehen betonen alle demokratischen Fraktionen, wie wichtig doch der Rechtsstaat ist.

(Fabian Jacobi [AfD]: Können Sie eigentlich etwas anderes als Textbausteine?)

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat deshalb bereits im Januar 2019 gemeinsam mit den Ministerpräsidenten den Pakt für den Rechtsstaat beschlossen.

(Dr. Günter Krings [CDU/CSU]: Sehr richtig! Das waren noch gute Zeiten!)

Sowohl die Ebene als auch der Umfang zeigen, wie wichtig der Kanzlerin und ihrer Bundesregierung bundesweit die Stärkung der Justiz gewesen ist: ein großes Unterhaken aller staatlicher Ebenen.

Lassen Sie mich einen Satz zur leeren Bundesratsbank sagen: Wenn ich so schlecht von der Bundesregierung behandelt würde, würde ich mich zu diesen Beratungen auch nicht hierhersetzen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Das Bekenntnis der CDU-geführten Regierung wollte die Ampelkoalition eigentlich aufnehmen. Im Koalitionsvertrag steht dazu wörtlich:

Wir verstetigen mit den Ländern den Pakt für den Rechtsstaat und erweitern ihn um einen Digitalpakt für die Justiz.

Das steht auf Seite 84 Ihres gemeinsamen Vertrags; falls Sie das noch mal nachlesen wollen.

(Dr. Günter Krings [CDU/CSU]: Gilt der noch?)

Offenbar scheint diese Vereinbarung für Sie aber keine Rolle mehr zu spielen. Gesellschaftspolitischer Sound ist Ihnen offensichtlich wichtiger. Das verstehe ich bei Ihnen als DJ, ehrlich gesagt, ein bisschen, aber wie würde ein bekannter Grünenpolitiker eher sagen: Sorry, I’m not convinced.

Denn, Herr Minister, seit Sie im Amt sind, ist weder beim Pakt für den Rechtsstaat noch beim Digitalpakt Recht etwas passiert. Der Pakt für den Rechtsstaat ist bis heute ohne Nachfolge und ausgelaufen. Frau Kollegin Dilcher, jeder in unserer Fraktion weiß, wie die Veranschlagung des Pakts für den Rechtsstaat gelaufen ist. Aber egal, wo er veranschlagt und verortet ist, es braucht eine Vereinbarung und einen Pakt, und den gibt es nicht mehr.

Das wirklich erste ernsthafte Gespräch zum Thema Digitalpolitik gibt es erst in der kommenden Woche. Ihre Bedenken gegen eine Verstetigung des ausgelaufenen Paktes, dass in der bisherigen Form die Mittel nicht in der Justiz ankommen würden, teilen wir nicht.

(Beifall der Abg. Andrea Lindholz [CDU/CSU])

Sie sind Ausdruck eines großen Misstrauens Ihrerseits gegenüber den Ländern und vor allem gegenüber den Landesjustizministern.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Und sichergestellt, wie Sie vorhin sagten, ist gar nichts und schon gar nicht im Sinne eines Fortschritts. Dass Sie mit der Länderebene fremdeln, habe ich schon in meiner letzten Rede zum letzten Haushalt gesagt. Schon zur ersten Justizministerkonferenz sind Sie nicht persönlich gefahren, und – ich weiß nicht, ob das hier die Kolleginnen und Kollegen wissen – auch für die nächste Justizministerkonferenz Ende September haben Sie bereits abgesagt.

(Andrea Lindholz [CDU/CSU]: Oh! Oh! – Stephan Brandner [AfD]: Huch!)

Zu dieser gemeinsamen Konferenz mit den Innenministern fährt nur Kollegin Faeser.

(Andrea Lindholz [CDU/CSU]: Aha!)

Sie scheuen offensichtlich den Kontakt und das Gespräch. Diese Passivität erklärt auch, warum es im Bereich der Digitalisierung der Justiz nicht vorangeht.

Sie behaupten, auf die Vorschläge der Länder für die gemeinsamen Digitalprojekte zu warten. Die liegen Ihrem Haus aber bereits seit Ende Juli vor. Der E‑Justice-Rat hat umfangreiche Kataloge an Vorschlägen gemacht. Ihre Abteilung für Digitales hat das auch mitgenommen. Es geht um sehr konkrete Projekte, die allen Ebenen weiterhelfen würden: KI-Strategie der Justiz, digitaler Austausch mit der Polizei in einer Beweismittel-Cloud, Entwicklung eines bundesweiten Registerfachverfahrens und vieles mehr. Das sind sehr viele konkrete Vorschläge der Länder, die jetzt aber auch zügig angegangen und umgesetzt werden müssen. Ich verstehe da, ehrlich gesagt, weder Ihre Zögerlichkeit noch Ihre verweigernde Haltung gegenüber den Ländern.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Die Beschränkung auf Digitalprojekte, an denen Sie sich beteiligen wollen, ist aber auch nicht das, was im Koalitionsvertrag steht und was den Pakt für den Rechtsstaat verstetigen würde.

Ein weiterer Punkt, der bisher fraktionsübergreifend vorangebracht und unterstützt wurde, ist die von Frau Kollegin Dilcher angesprochene Stiftung Forum Recht. Auch hierzu würde ich gerne zwei, drei Sätze zu sagen. Aus meiner Sicht kommen wir nämlich im Jahr 2023 an einen entscheidenden Wendepunkt. Sie schreiben den Ansatz der Stiftung aus dem Jahr 2022 schlicht fort, obwohl die Stiftung 1,3 Millionen Euro mehr angemeldet hat.

(Esther Dilcher [SPD]: 1,7!)

– Oder 1,7. – Im Errichtungsgesetz ist tatsächlich ein erheblicher Mittelaufwuchs vorgesehen. Wir waren in der vorherigen Regierung und in der vorherigen fraktionsübergreifenden Beratung über die Errichtung dieser Stiftung eigentlich einer Meinung.

(Dr. Günter Krings [CDU/CSU]: So ist es!)

Sie, Herr Minister, und auch wir als Parlamentarier müssen schon entscheiden, ob wir diese Stiftung wollen und wie wir sie arbeitsfähig machen. Zwischen 5 Millionen Euro und einem mittleren zweistelligen Millionenbetrag liegt schon ein bisschen Luft, und darüber müssen wir sprechen.

(Dr. Günter Krings [CDU/CSU]: Genau!)

Sie befindet sich noch im Aufbau. Sowohl in Karlsruhe als auch in Leipzig entstehen die Räumlichkeiten erst, und das Personal ist in der Besetzung. Aber wenn es keine Planungssicherheit für die eigentlichen Sachmittel gibt, dann ist ein Output im Sinne der Stiftung eben auch nicht möglich. Wir stehen zu dieser Stiftung und zu ihrem Zweck; das will ich an dieser Stelle noch mal deutlich sagen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Ich komme zum Schluss. Der Haushalt des BMJ enthält keine Entwicklung. Er ist ein Weiter-so ohne Vision und ein Einzelplan, der die Vereinbarungen im Koalitionsvertrag nicht enthält. Sie setzen wichtige Vorhaben wie den Pakt für den Rechtsstaat, den Digitalpakt Recht und auch den Aufbau der Stiftung Forum Recht nicht um. Ich erwarte hier im Laufe der Haushaltsberatungen ein deutliches Nachsteuern.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Vielen Dank, Frau Kollegin Hoppermann. – Sie haben darauf hingewiesen, dass die Bundesratsbank so schlecht oder gar nicht besetzt ist. Das hat aber weniger mit mangelndem Respekt vor der Bundesregierung als mit mangelndem Respekt vor dem Deutschen Bundestag zu tun.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP)

Denn es ist die Bundesratsbank im Reichstagsgebäude des Deutschen Bundestages.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP – Dr. Günter Krings [CDU/CSU]: Mit uns reden die Länder ja! – Stefan Müller [Erlangen] [CDU/CSU]: Man muss sie besser behandeln, dann kommen die auch!)

Letzter Redner in dieser Debatte ist der Kollege Esra Limbacher, SPD-Fraktion.

(Beifall bei der SPD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7538884
Wahlperiode 20
Sitzung 51
Tagesordnungspunkt Justiz
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