Kathrin MichelSPD - Arbeit und Soziales
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Česćeni knjenje a knježa! Bundeskanzler Olaf Scholz hatte in seiner starken Rede, die er gestern genau an dieser Stelle hielt, sehr recht, als er sagte:
In schweren Zeiten wächst unser Land über sich selbst hinaus. Wir haben eine gute Tradition, uns unterzuhaken, wenn es schwierig wird …
Genau in dieser Tradition stehen auch die Verhandlungen um den Bundeshaushalt für das kommende Jahr. Wir sind nur zusammen stark. Das gilt für die Zusammenarbeit in der Koalition und zwischen den demokratischen Fraktionen im Deutschen Bundestag wie auch für unsere Gesellschaft insgesamt.
Die Einlassungen der Kolleginnen und Kollegen aus der Opposition zeigen aber auch heute ganz deutlich: laute Worte und polemisches Schüren von Ängsten bis an den Rand der Erträglichkeit. Konstruktive Vorschläge? Fehlanzeige!
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dagmar Schmidt [Wetzlar] [SPD]: So ist das leider!)
In einer derart schwierigen Lage, in der sich unser Land aktuell befindet, ist konstruktive Zusammenarbeit auch und gerade aus der Opposition heraus nicht nur eine staatstragende Geste, meine Damen und Herren, sondern unser aller Pflicht. Denn es geht um viel: Es geht um die Zukunft unseres Landes, es geht um die Zukunft unseres Arbeitsmarktes, unserer Wirtschaft, und es geht um unseren Wohlstand.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Jens Beeck [FDP])
Es gab Zeiten, da standen Haushaltsdebatten nicht so im Mittelpunkt des öffentlichen Interesses. Heute ist das aus besagten Gründen anders. Viele Menschen haben Existenzängste, sorgen sich vor der nächsten Nebenkosten- und Stromabrechnung. Viele Menschen fürchten um ihren Arbeitsplatz oder um ihr Unternehmen. Und wir dürfen doch nicht eine Sekunde vergessen, wer dies verschuldet hat. Es ist Putin, der seinen abscheulichen Krieg weiter fortführt, und es ist Putin, der seine Energiepolitik ganz gezielt gegen uns einsetzt.
(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Die Bürgerinnen und Bürger erwarten doch zu Recht, dass wir ihnen Sicherheit bieten. Dazu hat die Bundesregierung am vergangenen Wochenende bereits das dritte Entlastungspaket beschlossen, und das hat es wirklich in sich.
(Stephan Brandner [AfD]: Ja, das stimmt!)
Auch für das Jahr 2023 ist es an uns, einen Haushalt aufzustellen, der diese geforderte Sicherheit finanziell ermöglicht. Wir lassen niemanden alleine mit seinen Herausforderungen und seinen Ängsten, und wir müssen alle und alles im Blick haben. Das ist für mich verantwortungsvolles Handeln.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Dem Einzelplan 11 kommt dabei wieder eine besondere Bedeutung zu. Der aktuelle Entwurf sieht Ausgaben in Höhe von 163 Milliarden Euro vor. Das ist eine hohe Summe; doch wir haben auch viel vor.
Ab 1. Januar werden wir schrittweise das Bürgergeld einführen. Das ist ein echter Paradigmenwechsel. Wir starten mit einem Regelsatz von 500 Euro. Wir erfüllen damit auch nicht einfach nur unser Versprechen aus dem Koalitionsvertrag. Wir wollen, dass diese Reform ein Erfolg wird. Und sie wird ein großer Erfolg, vor allem und ganz konkret für diejenigen, die Unterstützung benötigen, um schnell wieder in Arbeit zu kommen. Die Einführung des Bürgergeldes bedeutet eben nicht nur eine Namensänderung oder die Regelsatzerhöhung. Sie bedeutet unter anderem die Entfristung des sozialen Arbeitsmarktes, mehr gezielte Weiterbildung und vor allen Dingen individualisierte Betreuung auf Augenhöhe, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Hermann Gröhe [CDU/CSU])
Genau dafür benötigen wir genügend finanzielle Mittel; sonst wird der soziale Arbeitsmarkt einen weiteren Rückgang erfahren. Das können wir uns nicht leisten. Wir müssen hier fördern, fördern, fördern. Das schaffen wir nur, wenn die Jobcenter auch auskömmlich ausgestattet sind.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)
Seit dem 24. Februar sind Hunderttausende Menschen aus der Ukraine zu uns nach Deutschland gekommen. Putin führt weiter Krieg gegen die Ukraine. Wir müssen uns darauf einstellen, dass die damit verbundene Betreuungsleistung umfangreich werden wird und vor allem eine dauerhafte Mehrbelastung für die Kolleginnen und Kollegen in den Jobcentern bedeutet. Um hier nur einmal die Größenordnung deutlich zu machen: Vor dem Rechtskreiswechsel in das SGB II im Mai dieses Jahres wurden von den Jobcentern 3,5 Millionen erwerbsfähige Leistungsberechtigte betreut. Nach dem Rechtskreiswechsel, der übrigens sehr zügig und geräuschlos vollzogen wurde, stieg die Zahl im August schon auf 3,8 Millionen. An dieser Stelle auch mal ein herzlicher Dank an die Kolleginnen und Kollegen in den Jobcentern für ihre fantastische Arbeit!
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP und der LINKEN)
Gemeinsam mit meinen geschätzten Mitberichterstatterkolleginnen und ‑kollegen werden wir in den kommenden Verhandlungswochen Lösungswege aufzeigen, damit wir diesen Umständen im Gesamtbudget des SGB II Rechnung tragen und eine auskömmliche Finanzierung sicherstellen können.
Willy Brandt sagte: „Der beste Weg, die Zukunft vorauszusagen, ist, sie zu gestalten.“ Und gestalten werden wir, indem wir mit diesem Haushalt die wesentlichen Weichenstellungen vornehmen und Rahmenbedingungen für den sozialen Zusammenhalt und ein solidarisches Miteinander setzen. Das sicherzustellen, ist unsere Verantwortung, unsere gemeinsame Verantwortung; denn nur gemeinsam sind wir stark.
Herzlichen Dank und Glück auf!
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Vielen Dank, Frau Kollegin Michel. – Nächster Redner ist der Kollege Peter Aumer, CDU/CSU-Fraktion.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7538902 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 51 |
Tagesordnungspunkt | Arbeit und Soziales |