08.09.2022 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 51 / Einzelplan 11

Jens BeeckFDP - Arbeit und Soziales

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Sehr geehrter Herr Präsident! Lieber Herr Minister Hubertus Heil! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Kolleginnen und Kollegen! Wie Sie von der Opposition hat auch der eine oder andere von uns noch einen Wunsch; das ist uns Sozialpolitikern immanent: Wir haben immer noch eine gute Idee, wo wir etwas mehr machen könnten.

(Marianne Schieder [SPD]: Das ist nicht nur in der Sozialpolitik so!)

Aber ich darf den Blick noch einmal auf das lenken, worüber heute hier diskutiert wird, nämlich den Haushalt für 2023. 163,3 Milliarden Euro im ersten Entwurf, das ist über ein Drittel mehr als noch vor zehn Jahren. Nimmt man, umgekehrt, den Wert von vor zehn Jahren als Basis, sind es 50 Prozent mehr. Jetzt könnte man sagen: Es gab Inflation, alles ist teurer geworden. – Aber auch der Anteil am Gesamthaushalt des Bundes ist mit 36,6 Prozent der größte, den wir je hatten. Daran erkennen Sie die Ernsthaftigkeit dieser Fortschrittskoalition, im Bereich des Sozialstaates Geld einzusetzen, um zu Verbesserungen zu kommen. Da sind wir uns sehr einig, und wir legen mit diesem Haushaltsentwurf gewaltig vor, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Kai Whittaker [CDU/CSU]: Das heißt, die FDP möchte noch mehr?)

– Sie können ja sagen, was Sie daran für falsch halten. Wir können das diskutieren.

Machen wir einen Faktencheck! Also: Es ist der größte Anteil, den wir jemals hatten – das machen wir als SPD/Grüne/FDP-Koalition –, und das zeigt, ich sage das noch mal an dieser Stelle, die Ernsthaftigkeit, mit der wir die Herausforderungen annehmen.

Die Aufgaben sind in der Tat riesig. Sie haben recht, Herr Kollege Gröhe: Ich hätte mir auch gewünscht, dass die 10 Milliarden Euro schon drin wären. Aber darüber, dass wir in der Rente die Aufgabe haben, für alle Bezieher/‑innen das System zu sichern, und dass dafür ein kapitalgedeckter Stock der richtige Weg ist, sind wir uns doch einig.

(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Nein, da sind wir uns definitiv nicht einig!)

– Ich rede doch gar nicht mit Ihnen, lieber Kollege Matthias W. Birkwald, ich rede gerade mit dem Kollegen Gröhe; das hatte ich auch ausdrücklich gesagt.

(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Schade eigentlich!)

Dass sich nicht alle einig sind, ist ja auch klar. Aber es ist vereinbart, wir werden das machen.

An den vielen Reden, die sich gar nicht richtig auf den Haushalt des BMAS kapriziert haben, hat man erkannt, dass wir in diesem Land verschiedene Krisen zu bewältigen haben. Das sorgt auch dafür, dass man einen Koalitionsvertrag nicht in der Geschwindigkeit abarbeiten kann, wie man sich das wünschen würde. Aber es ist eine Frage der Generationengerechtigkeit, dass wir das machen. Wir haben das vereinbart, und wir werden das machen.

Angesprochen worden ist die Einführung des Bürgergelds; das sind die nächsten 26 Prozent, 28 Prozent im Haushalt. Auch dafür nehmen wir richtig Geld in die Hand. Wir alle gemeinsam wussten schon immer: Es gibt eine Menge Bürokratie, die erstens die Zielgenauigkeit von Leistungen, die wir im Bereich ALG II und SGB XII erbringen, verhindert und zweitens verhindert, dass das System für die Leistungserbringer, aber auch für die Leistungsberechtigten transparent und nachvollziehbar, also verstehbar ist. Ich behaupte – und ich bekomme da nach wie vor wenig Widerspruch –: Niemand kann in einer komplexen Situation den Hartz‑IV-Satz auf den Cent genau ausrechnen. Das wollen wir durch Entbürokratisierung – der Minister hat es angesprochen – ändern, um das System nachvollziehbarer zu machen, um es einfacher zu machen, übrigens auch um unsere Verwaltungen zu entlasten – die damit überlastet sind – und um am Ende zu einer Verbesserung der Leistungen zu kommen, indem das Geld bei denjenigen ankommt, die es brauchen, und nicht für Bürokratie ausgegeben wird. Auch das haben wir uns vorgenommen, und das werden wir tun.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Das hat übrigens etwas mit Würde zu tun. Denn jeder, der – wie viele von uns – im Sozialrecht anwaltlich oder anderweitig gearbeitet hat, kennt die Fragen, die am Ende aufkommen: Warum müssen für 18 Monate die Kontoauszüge vorgelegt werden? Wie, in welcher Konstellation lebt man eigentlich mit wem zusammen? – Das alles brauchen wir nicht, wenn wir es schaffen, leistungsgerechte, zum Teil pauschalierte, jedenfalls zielgenaue Leistungen zu kreieren, und das Ganze, ohne Fragen zu stellen, die auf die Intimsphäre der Betroffenen abstellen. Das nehmen wir uns vor. Das wäre ein Riesenfortschritt für dieses Land, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Jetzt habe ich – das ist immer das Problem – gar nicht viel über das gesprochen, worüber ich eigentlich reden wollte, nämlich über Inklusion. Auch die, lieber Hubertus Heil, ist ja Kern des Haushalts des BMAS und Kernaufgabe im Bundesministerium. Tatsächlich bleiben kaum 2 Prozent freie Spitze. Trotzdem wachsen die Mittel in diesem Jahr auf: von 504 auf über 508 Millionen Euro. Auch an dieser Stelle zeigen wir, dass wir vieles vorhaben.

Ich bin sehr überzeugt davon, dass wir bei der gesetzlichen Verankerung in einem Assistenzhundegesetz im Jahr 2023 – erste Schritte wird es sogar schon 2022 geben – noch deutlich weiter kommen.

Wir werden Inklusion durch Sport in dieser Gesellschaft ganz anders aufstellen, als es bisher der Fall gewesen ist. Dabei geht es gar nicht immer nur um haushalterische Unterlegung, sondern auch darum, die Initiativen, die es an vielen Stellen schon gibt – der Kreissportbund Emsland ist da vorbildlich –, zu fördern. Wir werden dafür sorgen, dass diese selbstverständliche Teilhabe in der Gesellschaft weiterkommt.

Deswegen, Herr Minister: Wir freuen uns sehr auf die Aufgaben, die wir haben. Das wird in der Diskussion nicht immer ganz einfach werden. Aber uns eint das gemeinsame Ziel, und wir werden da vorankommen.

Letzter Satz. Ich freue mich sehr, dass andere Ministerien das mittlerweile auch erkannt haben. Im Bundesministerium für Digitales und Verkehr hat heute ein Empathietag stattgefunden, überschrieben mit: Barrieren müssen weg. – Genau das machen wir gemeinsam, auch in diesem Haus.

Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Beeck. Ich bin immer ganz begeistert, wenn der letzte Satz Kleist’sches Format hat. – Als nächste Rednerin kommt die Kollegin Jessica Tatti zu Wort, Fraktion Die Linke.

(Beifall bei der LINKEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7538906
Wahlperiode 20
Sitzung 51
Tagesordnungspunkt Arbeit und Soziales
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