08.09.2022 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 51 / Einzelplan 11

Silke LaunertCDU/CSU - Arbeit und Soziales

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Ich packe meine Koffer. – Sie kennen sicherlich dieses Kinderspiel, bei welchem jeder der Spielteilnehmer nacheinander anfügt, was er gerne in den Koffer packen möchte. Man muss sich immer mehr Begriffe merken. Und dann kommt es zu Verwirrungen und Verwechslungen. Warum erzähle ich Ihnen das? Ich erzähle es Ihnen, weil ich, ehrlich gesagt, manchmal den Eindruck habe, dass die aktuelle Regierungskoalition dieses Spiel gerne spielt. Sie packen in den Schuldenkoffer ein, was Sie gerne hätten: die Grünen die Fortsetzung des 9‑Euro-Tickets, die SPD das Bürgergeld,

(Dr. Martin Rosemann [SPD]: Herr Stracke hat doch eben gesagt, das würde alles nicht reichen! Was denn nun?)

die FDP die dank eines Schattenhaushaltes scheinbare Einhaltung der Schuldenbremse. Im Interesse des Koalitionsfriedens kommt das eine oder andere mit dazu. Man will es allen recht machen. Die Schulden werden immer mehr, immer unüberschaubarer. Den Schuldenkoffer kann man kaum mehr schieben. Die nächste Generation wird das dann erledigen.

(Dr. Martin Rosemann [SPD]: Warum hat dann Herr Stracke gerade gefordert, wir sollten mehr ausgeben? Seid ihr jetzt in der gleichen Partei?)

Es ist unbestritten: Die aktuellen Herausforderungen sind gewaltig. Wir können bei vielem auch verstehen, wieso Sie akut helfen, um den Menschen das Leben erträglicher zu machen. Die Kosten sind immens; viele kommen nicht mehr über die Runden. Viele, die viel arbeiten, zählen ihr Geld und kaufen nur noch Angebote im Supermarkt. Hinzu kommen die Folgen der Coronapandemie und Lieferkettenverzögerungen; wir wissen nicht, wie sich das in Zukunft entwickelt. Die Inflation und der Ukrainekrieg mit den explodierenden Gas- und Strompreisen belasten die Menschen sehr. Ich kenne eigentlich keinen, der sich keine Sorgen macht und nicht überlegt, ob er sich das alles künftig leisten kann.

(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Martin Rosemann [SPD]: Herr Merz kann sich das leisten! Er muss nur sein Flugzeug verkaufen! – Gegenruf des Abg. Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Nee, das muss der nicht!)

Gerade in einer solchen Situation ist es so wichtig, dass man, wenn man Pakete schnürt, die Geld kosten, die Folgen analysiert und das Geld effizient einsetzt, dass man Prioritäten setzt. Prioritäten setzen, das ist nicht einfach, das schmerzt; denn wer Prioritäten setzt, der enttäuscht. Er enttäuscht diejenigen, die sich vielleicht mehr oder etwas anderes versprochen haben oder die sehen, dass ein anderer bei der Prioritätensetzung vorgezogen wird. Leider Gottes gehören Enttäuschungen dazu. Es ist nicht so, dass wir das gerne machen, weil wir irgendjemandem schaden wollen, ganz im Gegenteil.

Aber ich frage mich: Wie wollen Sie es denn machen? Wollen Sie hier alle paar Monate etwas aus dem Geldkoffer verteilen?

(Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir sind nun mal in einer außergewöhnlichen Krisenlage!)

In solchen Zeiten gehört es dazu, Mut zu haben, weil man es mit dem Geldverteilen nicht allen recht machen kann. Leider finde ich im Etat des Arbeits- und Sozialministeriums in dieser Hinsicht keinerlei Anhaltspunkte. Ich kann diesen Mut nicht ansatzweise erkennen.

(Beifall bei der CDU/CSU – Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was würden Sie denn ändern? – Marianne Schieder [SPD]: Was würden Sie denn machen?)

– „Was würden Sie denn machen?“ Ja, das ist das Problem. Sie machen mit 65 Milliarden Euro eine Riesenshow: Wir verteilen Geld. – Das Allerallerwichtigste ist natürlich – so schwer es ist –, genau da anzusetzen, wo die Ursachen sind.

(Dr. Martin Rosemann [SPD]: Machen wir doch! – Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die Ursache ist der Krieg von Putin!)

Ich muss ehrlich sagen: Die Show wie beim Verteilen von 65 Milliarden Euro hätte ich gerne gehabt bei den Bemühungen, den Energielieferanten ein gutes Angebot zu machen. Beim Katar-Besuch ist nichts rausgekommen; bei anderen Ländern offensichtlich schon. Atomkraft? Das wollen wir nicht.

(Marianne Schieder [SPD]: Schafft ihr mal die 10‑H-Regel ab in Bayern!)

Kohlestrom? Ja, das machen wir ein bisschen, aber ja nicht zu viel. So viel zur Ideologieoffenheit. Klar ist: Wenn wir das Angebot nicht erhöhen, werden wir die Probleme nicht lösen. Und es wird nicht funktionieren, alle zwei Monate Geld zu verteilen. Das Geld haben wir nicht. Es tut mir leid, das so sagen zu müssen.

(Beifall bei der CDU/CSU – Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Woher wollen Sie das Gas denn nehmen?)

Das Schlimme ist, dass so viel dranhängt. Warum diskutieren wir hier denn leider Gottes über Energie? Warum ist das Teil dieser Debatte? Wir reden darüber, weil die Menschen das spüren. Nichts ist sozial daran, wenn es sich ein Mensch nicht mehr leisten kann, Lebensmittel einzukaufen oder seine Wohnung zu heizen, oder wenn die Wirtschaft es sich aufgrund explodierender Stromkosten nicht mehr leisten kann, hier zu produzieren. Da sind wir dann beim Arbeitsministerium. Was können wir tun, um diesen Bereich zu stärken? Und da kommt zu wenig für den Mittelstand, und das werden leider auch die Beschäftigten merken. Da sind wir genau bei diesem Etat.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Ich kann Ihnen nur raten: Schmeißen Sie Ihre Ideologie über den Haufen! Wir unterstützen, dass die Transformation weitergeht. Aber bitte machen Sie eineinhalb Jahre Realpolitik! Nur das zählt für die Menschen im Land; denn die brauchen Ihre Unterstützung und keine Ideologie und Besserwisserei.

(Beifall bei der CDU/CSU – Rasha Nasr [SPD]: Niemand versteht, was Sie wollen!)

Es gäbe noch so viel zu sagen. Aber wir haben ja zum Glück noch eine zweite und dritte Lesung.

Kommen Sie bitte zum Schluss!

Ich wünsche Ihnen und uns allen, dass es in unserem Land nicht so schlimm wird, –

Letzter Satz, Frau Launert.

– wie es inzwischen viele Wirtschaftsexperten sagen, zum Wohle aller Menschen im Land.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Letzte Rednerin in dieser Debatte: Stephanie Aeffner, Bündnis 90/Die Grünen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7538913
Wahlperiode 20
Sitzung 51
Tagesordnungspunkt Arbeit und Soziales
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