Hans-Jürgen ThiesCDU/CSU - Ernährung und Landwirtschaft
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die heutigen Ausführungen von Herrn Bundesminister Özdemir haben mich nicht überzeugt. Das war doch sehr viel seichte Prosa.
(Beifall bei der CDU/CSU – Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da bin ich beruhigt! Denn wenn Sie überzeugt wären, wäre er falsch!)
Ich habe nach wie vor das Gefühl, dass unser Agrarminister in seinem Amt, das er seit mittlerweile neun Monaten ausübt, noch gar nicht richtig angekommen ist.
(Beifall bei der CDU/CSU – Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie waren da 16 Jahre lang nicht angekommen!)
– Meine Skepsis hat einen realen Hintergrund, Frau Kollegin Künast. Die Unionsfraktion hat in den letzten Monaten insgesamt sechs Kleine Anfragen zu verschiedenen agrarpolitischen Themen gestellt.
(Beifall der Abg. Christina-Johanne Schröder [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] – Frank Schäffler [FDP]: Sechs? Mensch! – Dr. Gero Clemens Hocker [FDP]: Die ganze Fraktion? Was hat die den Rest der Zeit gemacht?)
Und die Antworten, die wir da von der Bundesregierung bekommen haben, waren von einer geradezu provokanten Oberflächlichkeit gekennzeichnet.
(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Gero Clemens Hocker [FDP]: Sechs? In einem Jahr?)
Mir ist durchaus bewusst, dass durch den Angriff auf die Ukraine in den letzten Monaten andere Schwerpunkte gesetzt werden mussten. Aber selbst dabei hatte ich den Eindruck, etwa bei der Aussetzung der 4-prozentigen Stilllegungspflicht bei Ackerflächen, dass Bundesminister Özdemir in seinen ideologischen Fesseln gefangen war und von der Union erst zum Jagen getragen werden musste.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Mit dieser Hinhaltetaktik und Agonie in der Agrarpolitik der Bundesregierung muss jetzt endlich Schluss sein.
Ich will das bei den folgenden Themen kurz beleuchten. Die ökologisch wertvolle Weidetierhaltung wird in vielen Teilen unseres Landes immer schwieriger.
(Christina-Johanne Schröder [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Unter CDU und CSU ist die so zurückgegangen! Die ist doch nicht wegen der Wölfe zurückgegangen!)
Die Konflikte mit der exponentiell wachsenden Bestandszahl an Wölfen, die nach allen seriösen wissenschaftlichen Erkenntnissen mittlerweile längst einen günstigen Erhaltungszustand erlangt haben, werden weiterhin von der Bundesregierung nicht gelöst.
(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Alles in neun Monaten?)
Ich frage deshalb die Bundesregierung: Wann wollen Sie endlich anfangen, das umzusetzen, was die FDP völlig zu Recht in den Koalitionsvertrag hineinverhandelt hat, nämlich die Ermöglichung eines europarechtskonformen, regional differenzierten Wolfsbestandsmanagements?
(Dr. Gero Clemens Hocker [FDP]: Das waren die Niedersachsen!)
Da sage ich: Bisher Fehlanzeige bei der Bundesregierung.
Herr Bundesminister, Sie haben zu Beginn Ihrer Amtszeit behauptet, die deutschen Landwirte stünden beim Hanfanbau Schlange.
(Heiterkeit bei der AfD)
Sie wollten damit den Landwirten offenbar ein neues Geschäftsfeld erschließen und sie zu „Grasbauern“ machen. Die Unionsfraktion steht der versprochenen Legalisierung von Cannabis zu Genusszwecken skeptisch gegenüber.
(Christina-Johanne Schröder [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wie? Sie haben jetzt was gegen Grünland?)
Die Freigabe berauschender Drogen
(Dr. Gero Clemens Hocker [FDP]: Oh, oh, oh! Jetzt wäre ich ganz vorsichtig! Ich habe Sie ein Bier trinken sehen. – Marianne Schieder [SPD]: Aber ich glaube, darum ging es dem Minister nicht!)
ist unseres Erachtens mit einem verantwortungsbewussten Jugend- und gesundheitlichen Verbraucherschutz nicht zu vereinbaren.
(Beifall bei der CDU/CSU – Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Anderer Haushalt!)
Deutschland ist nach europarechtlichen Vorgaben und nach Völkervertragsrecht verpflichtet – –
(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Warum soll man denn keinen Hanf als Baustoff anbauen?)
– Regen Sie sich doch mal ab, Frau Kollegin!
(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, ich habe Fragen!)
Deutschland ist völkervertragsrechtlich verpflichtet, den Drogenkonsum zu unterbinden. Jetzt frage ich die Bundesregierung: Wollen Sie tatsächlich internationales Recht brechen? Keine Antwort bisher.
Zur Frage der verbindlichen Tierwohlkennzeichnung ist schon einiges gesagt worden. Da kann ich nur den Kopf schütteln und sagen:
(Dr. Gero Clemens Hocker [FDP]: Lieber nichts sagen! Es wird nicht besser!)
Die Borchert-Kommission hat Vorschläge vorgelegt; der Ball liegt auf dem Elfmeterpunkt.
(Julia Klöckner [CDU/CSU]: Ja, Klöckner!)
Und jetzt kommt die FDP und ist sozusagen der Totengräber der Borchert-Kommission.
(Lachen bei der FDP – Dr. Gero Clemens Hocker [FDP]: Warum haben Sie eigentlich davon gar nichts umgesetzt, wenn das alles so glasklar ist, Herr Kollege?)
Ganz schlimm, dass das an der Uneinigkeit in der Finanzierungsfrage innerhalb der Ampel scheitert. Die Landwirte, aber auch die Verbraucher würden sich da ganz anderes wünschen.
(Dr. Gero Clemens Hocker [FDP]: So ist es bei Ihnen ganz alleine gescheitert!)
Weiteres Thema: Grundstücks- und Pachtpreise auf dem landwirtschaftlichen Bodenmarkt. Die haben sich nämlich in den letzten zehn Jahren mehr als verdoppelt.
(Christina-Johanne Schröder [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Warum denn?)
Für Existenzgründer, für Junglandwirte, für aufstockungswillige Betriebe ist der landwirtschaftliche Bodenmarkt praktisch völlig verschlossen. In einigen Regionen gibt es mittlerweile eine ungesunde Verteilung von Grund und Boden. Das könnte durch Änderungen bei den Regelungen über Share Deals im Grunderwerbsteuerrecht geändert werden. Wir könnten damit also auch landwirtschaftsfremden Investoren den Zugriff auf Ackerflächen etwas erschweren. Wir könnten des Weiteren die doppelte Grunderwerbsteuer bei Ausübung des Vorkaufsrechtes abschaffen; auch das wäre eine Möglichkeit.
Im Übrigen gibt es noch weitere Regelungen zu Preismissbrauchsgrenzen im Grundstückverkehrs- und im Pachtrecht, die wir ändern können. Aber die Bundesregierung tut dort nichts. Auch da wieder: völlige Fehlanzeige.
Die aktuelle Mangelsituation im Energiesektor sowie auf dem Mineraldüngermarkt hat die landwirtschaftlichen Produktionskosten dramatisch erhöht. Die zum Teil gestiegenen Erzeugerpreise können das bei Weitem nicht auffangen. Deshalb halten wir als Unionsfraktion unsere Forderung aufrecht, den Zeitraum für die Möglichkeit zur sogenannten Gewinnglättung nach § 32c Einkommensteuergesetz zu verlängern oder komplett zu entfristen. Leider hat die Bundesregierung dies bisher abgelehnt. Stattdessen beabsichtigt die Bundesregierung zum Jahreswechsel beträchtliche Mehrbelastungen für die Landwirtschaft. Ja, gerade die FDP, die vermeintliche Steuersenkungspartei, trägt steuerliche Mehrbelastungen für die Landwirtschaft mit. Herr Kollege Hocker, hören Sie bitte zu! Es soll nämlich jetzt der Durchschnittssatz bei der Pauschalsatzbesteuerung von 9,5 auf 9 Prozent gesenkt werden. Das trifft insbesondere die kleineren landwirtschaftlichen Betriebe und führt zu einer Mehrbelastung im zweistelligen Millionen-Euro-Bereich.
Der HLBS hat die Berechnungen des Bundesfinanzministeriums als europarechtswidrig entlarvt. Aber die Bundesregierung bleibt ohne Angabe von Gründen bei ihrer bisherigen Position. Das ist bar jeder sachlichen Kritik und kann also überhaupt nicht nachvollzogen werden.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Meine sehr verehrten Damen und Herren, –
Kommen Sie bitte zum Schluss.
– die Beispiele zeigen, dass vor der Bundesregierung noch viel Arbeit liegt
(Christina-Johanne Schröder [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ist auch in Ordnung nach 16 Jahren!)
und bisher sehr wenig passiert ist. Herr Özdemir, Ihre Arbeitsbilanz bisher ist enttäuschend.
(Dr. Gero Clemens Hocker [FDP]: Wer in der Fraktion hat Sie reden lassen? Das hätten andere aber besser gemacht!)
Wir hoffen, dass das besser wird.
Vielen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Für die SPD-Fraktion hat das Wort Isabel Mackensen-Geis.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7538926 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 51 |
Tagesordnungspunkt | Ernährung und Landwirtschaft |