Isabel Mackensen-GeisSPD - Ernährung und Landwirtschaft
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Minister, wir haben es gehört: Sie sind nicht nur Landwirtschaftsminister und Ernährungsminister, sondern auch unser Forstminister. Die Wälder leiden und sind durch Dürren, Stürme und Waldbrände stark mitgenommen. Das konnten wir dieses Jahr wieder einmal hautnah miterleben. Das Frühjahr 2022 war viel zu trocken, und ab Juni ging auch schon die Sommerhitzewelle los. Das hat vielerorts zu Waldbränden geführt; aktuell sehen wir die schrecklichen Bilder aus dem Harz. Auch in meinem Wahlkreis hat es beispielsweise rund um das Hambacher Schloss gebrannt. Vielen Dank an alle Einsatzkräfte, die überwiegend ehrenamtlich tätig sind. Sie haben Unbeschreibliches geleistet.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)
In Deutschland sind Waldbrände nur in sehr geringen Maßen natürlichen Ursprungs. Vielmehr sind die Ursachen leider auf fahrlässiges Verhalten der Bürger/-innen im Wald zurückzuführen. Hier gilt es, Aufklärungsarbeit zu leisten. Ein besonderes Risiko besteht in sogenannten Nadelholzreinbeständen, auch Monokulturen genannt. Vor allem Kiefernwälder bergen ein besonders hohes Waldbrandrisiko. Daher ist der Umbau unserer Wälder zu naturnahen Mischwäldern
(Dr. Gero Clemens Hocker [FDP]: Ja, Naturwälder!)
mit hohem Anteil klimaresilienter Laubbäume auch präventiver Brandschutz.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Gero Clemens Hocker [FDP]: Ja, das sieht man im Harz ganz hervorragend gerade!)
Wenn Wälder abbrennen, gehen die vielen Ökosystemleistungen verloren, die uns der Wald einfach so zur Verfügung stellt:
Der Klimaschutz: Der Wald ist eine Kohlenstoffsenke.
Der Biodiversitätsschutz: Das Ökosystem Wald bietet einer Vielzahl von Pflanzen-, Tier- und Pilzarten einen Lebensraum.
Die Bereitstellung des nachwachsenden Rohstoffs Holz: Die Holzwirtschaft spielt eine wichtige Rolle im ländlichen Raum für die regionale Wertschöpfung und als Arbeitgeber.
Wasserschutz: Er hat eine besonders große Bedeutung für unsere Trinkwassergewinnung.
Freizeit und Erholungsort: Wir haben nicht erst seit der Coronapandemie eine emotionale Verbindung zu unserem Wald, sondern er ist schon seit Jahrhunderten im Herzen der Menschen, und wir freuen uns, wenn wir im Wald unsere Freizeit genießen und einfach mal abschalten können.
Ich bin froh, dass auch für den Haushalt 2023 im Energie- und Klimafonds 200 Millionen Euro für die Honorierung dieser Ökosystemleistungen bereitstehen. Doch sie stehen auch schon dieses Jahr bereit. Das ist ein tolles Beispiel dafür, dass es auch mal schnell gehen kann. Im April 2021, also in der letzten Legislatur, haben Alois Gerig und ich den Antrag für ein Honorierungssystem im Deutschen Bundestag eingebracht. Im Oktober 2021 haben wir, die Fortschrittskoalition, die Honorierung im Koalitionsvertrag festgeschrieben. Im Juni 2022 haben wir im Bundeshaushalt die Mittel bereitgestellt. Im Juli hat der Haushaltsausschuss die Eckpunkte der Förderrichtlinie freigegeben, und jetzt, mit der Veröffentlichung im Bundesanzeiger, können kommunale und private Waldbesitzende die Anträge schon einreichen.
Einen besonderen Dank möchte ich an dieser Stelle an die Mitarbeitenden des BMEL richten, die in den letzten Wochen intensiv an der Umsetzung der Förderrichtlinie gearbeitet haben, und ja, das ist ein Erfolg, dass das so schnell geklappt hat.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Eine weitere wichtige und gut angenommene Unterstützung der Forstwirtschaft kommt aus der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“, kurz GAK, die von Bund und Ländern finanziert wird. Einige Mittel sind allerdings bis 2023 befristet. Eine Weiterführung wäre aufgrund der aktuellen Lage aber dringend notwendig.
Zur Wahrheit gehört aber auch: Alles Geld nutzt nichts, wenn es dann vom Rehwild aufgefressen wird.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Wenn wir unsere Wälder für den Klimawandel fitmachen wollen, ist die nachhaltige Anpassung der Rehwildbestände erforderlich; denn Schutzmaßnahmen wie Zäune und Verbisshüllen kosten richtig viel Geld. Bei den Zäunen rechnet man mit etwa 15 Euro pro laufenden Meter; da kommt man bei einem Hektar schon auf zusätzliche Kosten von 6 000 Euro. Beim Einzelbaumschutz kann man bei etwa 10 Euro pro Pflanze – Entsorgungskosten noch nicht mit eingerechnet – bei einer Neupflanzung von einem Hektar Waldfläche mit rund 2 500 jungen Bäumen schnell mit zusätzlichen Kosten von 25 000 Euro rechnen. In diesem Falle ziehe ich ausnahmsweise – ich gebe es zu – meinen Hut vor der bayerischen Gesetzgebung.
(Artur Auernhammer [CDU/CSU]: Danke schön! – Marianne Schieder [SPD]: Vor Bayern den Hut zu ziehen, ist immer gut!)
Hier ist die Zielsetzung – ich zitiere –, „einen standortgemäßen und möglichst naturnahen Zustand des Waldes unter Berücksichtigung des Grundsatzes ‚Wald vor Wildʼ zu bewahren oder herzustellen“, im Bayerischen Waldgesetz festgeschrieben.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP – Artur Auernhammer [CDU/CSU]: Von Bayern lernen, heißt siegen lernen!)
Für die AfD-Fraktion hat das Wort Ulrike Schielke-Ziesing.
(Beifall bei der AfD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7538927 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 51 |
Tagesordnungspunkt | Ernährung und Landwirtschaft |