Artur AuernhammerCDU/CSU - Ernährung und Landwirtschaft
Geschätzte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Verehrter Herr Bundesminister! In diesen Tagen, in dieser Haushaltswoche wird sehr, sehr viel über die Energieversorgung, über die Energiesicherheit in unserem Land diskutiert. Mir persönlich wird viel zu wenig über die Sicherung der Ernährung nicht nur in unserem Land, sondern auch weltweit diskutiert. Dazu hätte ich heute vom Herrn Bundesminister mehr Aussagen erwartet.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir sind in einem Parlament mit Regierung und Opposition. Auch die Opposition hat Rechte. Es war uns ein Anliegen, nachdem Brüssel die 4‑prozentige Flächenstilllegung freigegeben hat, dass wir das zeitnah im Agrarausschuss diskutieren. Wir von der Union waren bereit und auch die anderen Oppositionsparteien waren bereit, während der Sommerpause zusammenzukommen und dieses Thema zu diskutieren. Unsere Oppositionsrechte wurden hier missachtet. Die Präsidentin hat diese Sondersitzung des Agrarausschusses nicht genehmigt, obwohl hier andere Ausschüsse getagt haben.
(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das war doch dann längst entschieden! – Gegenruf des Abg. Steffen Bilger [CDU/CSU]: Nein, nur in Brüssel, nicht in Berlin!)
Das ist keine Wertschätzung für Ernährungssicherung; das ist keine Wertschätzung unserer Bauernfamilien.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Nachdem diese Sondersitzung nicht genehmigt worden war, verging interessanterweise kein Tag und unser Bundesminister hat die 4 Prozent freigegeben.
Herr Bundesminister, ich bin selbst Landwirt. Die Landwirte – wenn ich draußen unterwegs bin, höre ich das – wollen eine Antwort haben: Wie soll das umgesetzt werden? Wir stehen vor der Herbstaussaat. Wie sind denn die Rahmenbedingungen? Muss es jetzt Backweizen sein? Was passiert, wenn dieser Backweizen Futterweizen wird? Was passiert, wenn dieser Weizen verhagelt wird? All die Fragen sind noch nicht geklärt. Wir brauchen an dieser Stelle mehr fachliche Antworten und weniger Ideologie, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Ein anderes – ich muss fast sagen – Damoklesschwert hat uns aus Brüssel erreicht, was die Vorgaben beim Pflanzenschutz anbelangt: eine radikale Reduzierung mit einer sehr, sehr vagen Definition, welche Gebiete überhaupt berücksichtigt werden sollen. Ich bin fast etwas zuversichtlich, weil die Staatssekretärin Nick heute erklärt hat, dass es in dieser Härte nicht kommen wird. Aber wenn es nicht in dieser Härte kommt, dann wahrscheinlich in einer anderen Härte. Deshalb werden wir genau darauf achten müssen.
Meine Damen und Herren, es war ein schwieriger Sommer, nicht nur von der politischen Diskussion her, sondern auch von der Trockenheit. Gerade bei mir in Franken haben wir extreme Ernteausfälle: beim Silomais bis zu 80 Prozent, bei Zuckerrüben, bei Kartoffeln genauso. Wir brauchen deshalb Antworten auf diesen Klimawandel.
(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja!)
Diese Antworten müssen schnell kommen.
(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Transformation!)
Die müssen auch darin liegen, dass wir züchtungstechnisch weiterkommen, dass wir Pflanzen anbauen können, die diese Trockenheit besser vertragen.
(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Leguminosen! Agroforstsysteme!)
Da bitte ich Sie, die ideologischen Scheuklappen etwas abzulegen.
(Beifall bei der CDU/CSU – Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja! Fangen Sie mal damit an, Herr Auernhammer!)
Diese Trockenheit hat auch Auswirkungen auf die Futterversorgung bei unseren Weidetierhaltern. Deshalb ist es für mich auch wichtig, dass unsere deutschen Tierhalter Planungssicherheit für die Zukunft haben: Wie geht das weiter mit einem Tierhaltungskonzept? Wie geht es vor allem mit der Finanzierung weiter? Was wir heute von der Borchert-Kommission gehört haben, macht mich sehr nachdenklich. Also, setzen wir diesen hervorragenden Vorschlag von Jochen Borchert und seiner Kommission um! Oder wollen Sie die Tierhaltung in Deutschland regelrecht halbieren? Ich bin für eine Umsetzung der Inhalte des Vorschlags der Borchert-Kommission.
(Beifall bei der CDU/CSU – Zuruf des Abg. Dr. Gero Clemens Hocker [FDP])
Wir haben auch in den letzten Jahren sehr viel Kraft hineingesteckt, die Landwirtschaft zukunftsfähig zu machen, auf einen Weg zu bringen, dass man in die Direktvermarktung einsteigt, dass man unsere Verbraucher für regionale Produkte motiviert, dass man sicherlich auch, ja, im Ökolandbau seine Zukunft sieht. Leider Gottes sehen wir derzeit eine ganz andere Perspektive: Hühnermobile stehen leer, weil keiner mehr die Eier aus dieser Haltung kauft; denn jeder Verbraucher greift zu dem billigsten Lebensmittel.
(Zuruf der Abg. Dr. Daniela De Ridder [SPD])
Deshalb ist es wichtig, dass diese Ampelkoalition eine deutliche Entlastung bringt, auch bei den Energiekosten. Und vielleicht sollten wir hier auch die Vorschläge der Opposition nicht außer Acht lassen. Wir dürfen diese aufgebaute Struktur an Hofläden, an Regionalvermarktung jetzt in dieser schwierigen Zeit nicht zerstören, meine Damen und Herren.
Das größte Volumen in diesem Bundeshaushalt ist die agrarsoziale Sicherung. Da haben wir als Gesellschaft die Verantwortung, dass wir den Bauernfamilien, die diesen Strukturwandel miterleben, eine gewisse soziale Absicherung geben. Es wäre eine direkte Einkommenshilfe für die Bauernfamilien, wenn man dann zum Beispiel Zuschüsse zur landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft nicht kürzt, sondern erhöht. Das sollten Sie vielleicht auch noch bedenken.
Ich möchte noch einen Satz sagen, Frau Präsidentin, mit Ihrer Erlaubnis. Das Thema „Ernährung, Ernährungskompetenz“ kommt mir viel zu kurz, auch bei dieser Debatte hier. Wir erleben derzeit, dass viele Verbraucherinnen und Verbraucher auf die Tafeln angewiesen sind. Wir sollten auch über die Tafeln reden.
Kommen Sie bitte zum Schluss.
Wir sollten auch darüber nachdenken, wie wir diese Tafeln unterstützen könnten, zum Beispiel mit Steuererleichterungen oder anderen Instrumenten. Dazu sind wir in der Unionsfraktion bereit.
Vielen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Gero Clemens Hocker [FDP]: Ganz kleines Karo von Herrn Auernhammer!)
Für die SPD-Fraktion hat das Wort Rita Hagl-Kehl.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7538931 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 51 |
Tagesordnungspunkt | Ernährung und Landwirtschaft |