08.09.2022 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 51 / Einzelplan 10

Josef RiefCDU/CSU - Ernährung und Landwirtschaft

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Sehr geehrter Herr Minister! Liebe Gäste! Als wir vor drei Monaten über den Haushalt für das laufende Jahr debattierten, haben wir Sie gewarnt, Herr Minister, dass mehr getan werden muss, um die Nahrungsmittelversorgung der Welt zu sichern. Der Ausfall der Lieferungen aus der Ukraine war abzusehen. Aber Deutschland hat aus ideologischen Gründen kein einziges Korn Weizen mehr ausgesät und erzeugt, durch das Zögern und Zaudern dieser Bundesregierung.

Diese Haltung können wir uns nicht leisten. Putin führt längst einen Krieg auf allen Ebenen, nicht nur militärisch in der Ukraine, sondern gegen uns alle in der westlichen, demokratisch-freiheitlich verfassten Welt: mit der gesteuerten Unzuverlässigkeit der Energielieferungen, mit der Blockade von Weizenexporten und mit Falschinformationen im Internet und in den sozialen Medien. Er versucht, unsere Demokratie zu destabilisieren. Das sind eigentlich unsere Herausforderungen.

Die deutsche Landwirtschaft könnte helfen, gegen Putins Handeln den Welthunger zu lindern; wir müssen sie nur lassen. Gut, Herr Minister, dass Sie unseren Forderungen – das ist schon gesagt worden – gerade noch rechtzeitig nachgekommen sind und bei der geplanten Flächenstilllegung eingelenkt haben, als einer der Letzten in der Europäischen Union. Es kann doch nicht sein, dass wir bei einer weltweiten Krise fruchtbares Ackerland brachliegen lassen, wo auch bei uns die Lebensmittelpreise kräftig steigen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Herr Minister, handeln Sie entschlossen und pragmatisch gegen die Krise und nicht ideologisch gegen die Interessen unserer Landwirte und deren Familien und gegen die Ärmsten, vor allem in Afrika! Ihr Haushalt für nächstes Jahr lässt bisher diese Entschlossenheit vermissen. Ihr Budget ist zwar leicht gestiegen. Der Finanzplan sieht allerdings für die nächsten Jahre ein Absenken des Agrarhaushalts vor. Man fragt sich, wie das mit Ihren ambitionierten Vorhaben zusammenpasst. Bei der Alterssicherung für die Landwirte mussten Sie wieder aufstocken, was wir Ihnen damals bereits prophezeit hatten. Weiterhin weigern Sie sich, die Mittel für die landwirtschaftliche Unfallversicherung – das ist angesprochen worden – wieder auf den bisherigen Wert von 177 Millionen Euro anzuheben. Das bedeutet für die Betriebe eine Beitragserhöhung um 18 Prozent. Wertschätzung für die Bauern – so nicht!

(Beifall bei der CDU/CSU)

Was ist nun mit der Förderung von Tierwohlställen? Es ist schon gesagt worden: Sie wollen sie im kommenden Jahr mit gerade mal 150 Millionen Euro finanzieren,

(Albert Stegemann [CDU/CSU]: Das ist die ausgestreckte Hand der FDP!)

und das Ganze ohne einen Euro mehr im Haushalt. Das Geld soll einfach aus der GAK genommen werden; woher genau, ist unklar. Sagen Sie uns doch, wo dann gekürzt wird: Bei der integrierten landwirtschaftlichen Entwicklung, bei der Verbesserung von Vermarktungsstrukturen? Oder soll gekürzt werden bei den benachteiligen Gebieten oder beim Küstenschutz oder bei welchen Förderbereichen sonst?

Würden Sie es ernst meinen, gäbe es zusätzliches Geld für den Stallumbau in angemessener Höhe. Ein einziger moderner Stallplatz für ein Schwein kostet heute mehr als 2 000 Euro. Im Übrigen – ich glaube, das darf man hier auch mal sagen –: Die Schweinehaltung ist innerhalb eines einzigen Jahres um 10 Prozent eingebrochen.

(Christina-Johanne Schröder [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Haben Sie mal geguckt, wie viel das war, als die CDU/CSU regiert hat?)

Das müsste in Ihrem Sinne sein. Beinahe in jeder Rede, Herr Minister – heute mal nicht, möchte ich anmerken; wohltuend –, sprechen Sie von der Reduzierung der Nutztiere. Interessanterweise sprechen Sie nie von der Reduzierung der 35 Millionen Haustiere. Ich kann nur spekulieren, warum.

(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wollen Sie jetzt bei Haustieren reduzieren? Was ist denn in Ihrem Kopf los?)

Ich kann Ihnen sagen, wie Sie Geld sparen: Sie warten einfach ab, bis mehr Betriebe aufgegeben haben. Dann kommt ein verpflichtendes Tierwohllabel.

(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Kennzeichnung!)

Finanzierung: Fehlanzeige.

Sie haben gesagt, Sie würden das jetzt machen. Ich bin gespannt, ob wir in den Haushaltsverhandlungen 4 Milliarden Euro zusätzlich bekommen, die wir mindestens bräuchten, um das hinzubekommen.

(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Für den Umbau braucht man das Geld!)

Oder sollen die Verbraucherinnen und Verbraucher bei der aktuellen Preisentwicklung eine Abgabe zahlen? Die Finanzierung ist die entscheidende Frage. Ich habe die Sorge, dass Sie die Bauern in Deutschland zu einem Label verpflichten und im Supermarkt billiges Importfleisch der Marktrenner wird.

(Beifall bei der CDU/CSU – Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir machen aber gar kein Label! Das Ding heißt nicht „Label“! – Dr. Gero Clemens Hocker [FDP]: Genau das haben Sie über Jahrzehnte betrieben in der Politik!)

Insgesamt hat der Haushalt viele Baustellen. An einigen Punkten wird reduziert, so bei Forschung und Innovation und indirekt bei der ländlichen Entwicklung. Bei den nachwachsenden Rohstoffen wurde wieder leicht erhöht, wie wir das bereits für dieses Jahr gefordert hatten. Beim grünen Prestigetitel „Ökolandbau“ bleibt nachhaltige Landwirtschaft ausgeklammert, aber es gibt mehr Geld. Ich will jetzt nicht alles aufzählen.

Wir von der Union werden in den Haushaltsberatungen bessere Vorschläge machen.

(Lachen des Abg. Niklas Wagener [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Wir sind immer bereit, in schwierigen Zeiten Sie bei notwendigen Maßnahmen zu unterstützen, aber niemals in dieser Form gegen die Bauern und gegen den ländlichen Raum.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Gero Clemens Hocker [FDP]: Merken Sie selber, was das für ein Unfug war!)

Für die SPD-Fraktion hat das Wort Luiza Licina-Bode.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7538933
Wahlperiode 20
Sitzung 51
Tagesordnungspunkt Ernährung und Landwirtschaft
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