08.09.2022 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 51 / Einzelplan 30

Wiebke EsdarSPD - Bildung und Forschung

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Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Werte Gäste auf der Tribüne! Diese Zeiten sind herausfordernd für alle. Das macht die anstehenden\n Haushaltsberatungen besonders spannend und wahrscheinlich auch ein wenig herausfordernd. Aber wir als Ampelkoalition haben bereits drei Entlastungspakete\n vorgelegt, von denen alle Menschen in Deutschland profitieren. Weil wir jetzt in den Haushaltsberatungen des Bundesministeriums für Bildung und Forschung sind,\n will ich diese noch einmal aufgreifen und auch auf dich, liebe Petra Sitte, eingehen; denn wir wollen nicht die Behauptung stehen lassen, es gebe für\n Studierende nur 200 Euro Energiepreispauschale. Es gibt auch den Heizkostenzuschuss für BAföG-Empfänger/-innen. Wir haben das 9‑Euro-Ticket so ausgestaltet,\n dass diejenigen, die ein Semesterticket, ein Schülerticket oder ein Azubi-Ticket haben, schon jetzt von den Entlastungen profitieren werden.

Ich setze auch darauf, dass die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber – ich bitte, das als Appell an diese zu verstehen –, nachdem wir nächste Woche im\n Rahmen der Konzertierten Aktion zusammengekommen sind und wir als Bundesregierung das Angebot gemacht haben, bis zu 3 000 Euro steuerfrei als Inflationsprämie\n auszugeben, nicht die Azubis vergessen. Unterschätzen Sie nicht die Wichtigkeit der Azubis für die nächsten Generationen.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Von Yasmin Fahimi, die bisher unsere Mitstreiterin in der SPD-Fraktion war, weiß ich, dass das vom DGB mit Sicherheit gefordert werden wird.

Neben den direkten Entlastungen setzen wir natürlich weiter auf Energieunabhängigkeit; Olaf Scholz hat das gestern sehr eindrücklich dargestellt. Wir\n wollen einen Strompreisdeckel einführen. Ich bin im Übrigen auch der Meinung, dass wir noch einen richtig ausgestalteten Gaspreisdeckel brauchen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Aber wenn wir an dieser Stelle ehrlich sind: Auch damit ist das Ende der Fahnenstange noch nicht erreicht. Wenn wir in Bildung und Forschung gut durch\n diesen Winter kommen wollen, dann brauchen wir Hochschulen, Schulen und Kitas, die ihre Stromrechnung bezahlen können, dann brauchen wir auch weiterhin\n günstiges Essen in den Mensen. Und dann brauchen wir Antworten auf die inflationsgetriebenen Preissteigerungen in allen Bereichen in Bildung und Forschung.

(Thomas Jarzombek [CDU/CSU]: Und welche Antworten?)

Weil wir im Bereich Bildung angekommen sind und weil ich auch auf Sie, Herr Jarzombek, eingehen möchte: Man hat es Ihrer Rede gar nicht entnehmen\n können, aber die originäre Zuständigkeit für Kitas, für Schulen und für Hochschulen liegt bei den Ländern. Ich als Bildungspolitikerin will an dieser Stelle\n einfach noch mal fragen: Welche Vorschläge kommen von den Ländern? Welche Vorschläge kommen denn von der Union? Wir haben hier noch keine gehört.

(Thomas Jarzombek [CDU/CSU]: Nächste Sitzungswoche!)

Aber der Vorsitzende der Ministerpräsidentenkonferenz hat gestern in der Presse sehr deutlich die Drohung geäußert, er werde im Bundesrat nicht\n zustimmen, und er fordert noch mehr Entlastungen. Ich glaube, er ist beleidigt, weil man ihn nicht angerufen hat.

(Thomas Jarzombek [CDU/CSU]: Nein, weil die Länder alles bezahlen sollen! Das ist genauso wie bei Startchancen! Wenn die Länder alles bezahlen sollen,\n können Sie sie nicht dafür gewinnen!)

Aber meine Frage ist: Welche Hausaufgaben haben die Landesregierungen gemacht? Welche Vorschläge hat denn Hendrik Wüst eingebracht?

(Thomas Jarzombek [CDU/CSU]: Ich glaube, Sie reden gerade über Stephan Weil!)

Ich will an dieser Stelle daran erinnern, weil das oft nicht so präsent ist: 52 Prozent der Steuereinnahmen des Staates gehen an die Länder. Mehr als\n die Hälfte der Steuereinnahmen geht an die Länder.

(Nadine Schön [CDU/CSU]: Welche Vorschläge macht denn Manuela Schwesig?)

Dass die Ländervertreter sich hinstellen und alles Mögliche für ihren originären Bereich fordern, ohne mal zu differenzieren,

(Thomas Jarzombek [CDU/CSU]: Sie geben diesen Bereich auf!)

das finde ich schon ein bisschen schade.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP – Thomas Jarzombek [CDU/CSU]: Sie geben hier im Bund jeden\n Gestaltungsanspruch an dieser Stelle auf! Sie geben jeden Gestaltungsanspruch auf, wenn Sie erklären, der Bund habe da keine Möglichkeiten! – Gegenruf der Abg.\n Marianne Schieder [SPD]: Aber Sie kennen den Föderalismus? – Gegenruf des Abg. Thomas Jarzombek [CDU/CSU]: Deswegen macht das der Bund seit elf Jahren, weil der\n Föderalismus etwas anderes vorsieht! Das ist doch totaler Schwachsinn!)

Um das ganz konkret zu machen: Die Träger der Kitas in NRW dürfen qua Kinderbildungsgesetz keine Rückstellungen machen. Sie haben keine Rücklagen. Aber es gibt keinerlei Vorschläge der CDU-geführten Landesregierungen, wie diese mit den Kostensteigerungen umgehen sollen.

In meinem Wahlkreis droht gerade ein Berufskolleg geschlossen zu werden, weil die AWO hier jedes Jahr 500 000 Euro zubuttern muss. Diese Ersatzschulen\n sind unterfinanziert und werden nicht auskömmlich finanziert. Da wird vermutlich ein Berufskolleg geschlossen, wo Erzieherinnen und Erzieher, also der Bereich,\n wo wir den größten Fachkräftemangel haben, ausgebildet werden können. Vorschläge der Landesregierung oder des Schulministeriums zu diesem Bereich sind nicht\n ersichtlich. Die Studierendenwerke, die auch durch die Länder finanziert werden, haben bereits Mitte August die Landesregierung um mehr Zuschüsse gebeten. Auch\n hier keine Antwort aus dem Wissenschaftsministerium.

Ich zähle das deswegen auf – das passt leider auch zu den Reden, die ich heute von der Union gehört habe –, weil wir doch in einer Situation sind, die\n so ernst ist, dass jetzt nicht die Zeit ist, mit dem Finger auf andere zu zeigen. Bei jedem, auch bei Herrn Wüst, ist es so, dass dann, wenn er mit einem Finger\n auf die Bundesregierung zeigt, drei Finger auf ihn zurückzeigen: der Finger des Kitaministeriums, des Schulministeriums und des Bildungsministeriums.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Es ist jetzt die Zeit, zu handeln; um das ganz klar zu sagen. In dem Haushalt, den wir verhandeln, den wir als Bundesregierung und Koalition vorgelegt\n haben, geht es jetzt darum, dass alle da, wo sie Verantwortung tragen, da, wo sie Gestaltungsmöglichkeiten haben, gemeinsam gestalten. Jeder sollte seiner\n Verantwortung gerecht werden. Konstruktive Oppositionspolitik an dieser Stelle bedeutet – das erhoffe ich mir für die nächsten Wochen –, eigene Vorschläge zu\n machen. Es ist nicht die Zeit, Blockaden im Bundesrat anzudrohen.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Meine Damen und Herren, uns liegt der Haushaltsplanentwurf für 2023 vor. Die erst mal sehr gute Nachricht für Bildung und Forschung ist, dass der\n Plafond in diesen herausfordernden Zeiten anwächst. Das ist auch nicht zu vergleichen mit der wirtschaftlichen Entwicklung, die wir in den letzten Jahren gehabt\n haben. All die Vergleiche, die wir gerade dazu gehört haben, finde ich, ehrlich gesagt, ein bisschen beschämend.

(Thomas Jarzombek [CDU/CSU]: Die meisten Bildungsminister der Länder sind von der SPD, Frau Kollegin!)

Wir haben uns im Koalitionsvertrag viel vorgenommen. Auch das ist ein Unterschied zu vorher: Wir sind in den Koalitionsverhandlungen wesentlich\n ambitionierter gewesen. Meine These ist: Wir werden trotz der herausfordernden Zeiten am Ende davon mehr umgesetzt haben, als es in der letzten Legislatur der\n Fall gewesen ist.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Wir verhandeln parallel zum jetzigen Haushalt das SprinD-Freiheitsgesetz. Wir wollen die DATI, die Deutsche Agentur für Transfer und Innovation,\n gründen und an den Start bringen. Uns ist wichtig, dass dann, wenn es dafür einen eigenen Haushaltstitel gibt, die Forschungsförderung für Fachhochschulen\n darunter gefasst wird, aber es wird keine Förderlücke geben. Wenn die DATI nicht gegründet wird, geht das Forschungsgeld trotzdem an die Fachhochschulen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)

Wir haben als Haushälterinnen und Haushälter in den letzten Verfahren schon sehr deutlich gemacht, wie wichtig uns die beiden Projekte sind, und wir\n werden sie weiter intensiv begleiten.

In der Bereinigungssitzung im letzten Haushaltsjahr haben wir mit einem Maßgabebeschluss zum Ausdruck gebracht, wie wichtig uns das\n Startchancen-Programm ist. Und das bleibt uns als SPD-Fraktion weiterhin wichtig. Dazu finden wir bisher nichts im Ministeriumsentwurf. Darum werden wir darüber\n und über ganz viele andere Haushaltstitel in den nächsten Wochen sprechen. Ich freue mich darauf. Bis dahin gilt: You’ll never walk alone.

Danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP – Thomas Jarzombek [CDU/CSU]: Let’s do it! Nicht darüber reden! Macht es!)

Es folgt für die AfD-Fraktion Dr. Michael Kaufmann.

(Beifall bei der AfD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7538947
Wahlperiode 20
Sitzung 51
Tagesordnungspunkt Bildung und Forschung
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