09.09.2022 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 52 / Tagesordnungspunkt 1

Bettina HagedornSPD - Schlussrunde Haushaltsgesetz 2023

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Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Liebe Zuschauer! Ich bin seit 21 Jahren im Haushaltsausschuss und dachte, ich hätte schon alles an Krisen erlebt, vor allen Dingen mit der Finanz- und Wirtschaftskrise 2008/2009, aber auch mit der Flüchtlingskrise und mit Corona. Es gab Zeiten, da habe ich mir gar nicht vorstellen können, dass es noch ärger kommen könnte. Aber das erleben wir genau jetzt. Die multiplen Krisen haben diese Regierung vor immense Herausforderungen gestellt, als sie noch nicht einmal 100 Jahre – –100 Tage im Amt war.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU – Kay Gottschalk [AfD]: Ich hoffe, das war keine Prognose!)

Diese hat sie hervorragend gemeistert. Lieber Alois Rainer, du warst in dieser Woche nicht so viel im Plenum wie ich; ich weiß nicht, wo du von Streit in der Koalition gehört haben willst. Ich war, genau wie der Herr Staatssekretär Toncar, über 20 Stunden hier, habe den Debatten gelauscht und muss sagen: Es waren faire, es waren gute Beratungen. Außerdem erwecken Sie bitte nicht den Eindruck, wir würden hier über einen fertigen Haushalt beraten. Wir fangen mit den Beratungen erst an!

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Meine Vorredner haben schon darauf hingewiesen, dass wir vonseiten der größten Oppositionsfraktion, der CDU/CSU, leider wieder eine relativ faktenfreie Debatte erleben mussten. Damit werden Sie Ihrer Verantwortung als größter Oppositionsfraktion in dieser Krise ganz bestimmt nicht gerecht.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Wir brauchen eine starke, aber auch eine seriöse und eine ernstzunehmende Opposition. Die letzten Haushaltsberatungen waren mit der Union im Haushaltsausschuss, na ja, ein relativer Ausfall.

(Alexander Dobrindt [CDU/CSU]: Wieder einmal stört die Opposition beim Regieren!)

Ich hoffe, dass es dieses Mal besser wird, und ich hoffe, dass die Ankündigung von Alois Rainer, dass Sie spannende Vorschläge einbringen werden, auch der Wahrheit entspricht.

Wenn ich mir die Debatte dieser Woche anhöre, dann muss ich feststellen, dass es ein Thema gab, das jetzt nicht so ganz viel mit dem Haushalt zu tun hat, das Sie so richtig geritten hatten, nämlich das Thema Atomkraft. Ich freue mich, dass mein Kollege Bruno Hönel schon so viel dazu gesagt hat – das könnte ich alles unterschreiben –, und will noch ein Faktum hinzufügen. Der Ausstieg aus der Atomkraft durch Rot-Grün – das ist ungefähr 20 Jahre her – lief über einen Vertrag. Diesen haben die Energiekonzerne unterschrieben. Dadurch, dass sie das getan haben und Rot-Grün das so klug verhandelt hat, wäre es ihnen nicht möglich gewesen, Regress auf Kosten der Steuerzahler zu fordern.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Dann – dann! – kam die CDU/FDP-Regierung und hat im Oktober 2010 die Verlängerung der Laufzeit beschlossen – und hat damit die Verträge aufgehoben. Nur fünf Monate später kam Fukushima, und Hals über Kopf hat sie das, was sie fünf Monate vorher beschlossen hat, wieder rückgängig gemacht. Wissen Sie, wozu das geführt hat? Das wissen Sie natürlich, aber ich will es noch einmal für die Öffentlichkeit sagen: Dadurch hatten die Stromkonzerne, die Atomkraftbetreiber einen Regressanspruch. Den haben sie eingeklagt und hatten vor dem Bundesverfassungsgericht 2016 Erfolg.

Wer musste die Suppe auslöffeln? In der letzten Koalition, unserer gemeinsamen Koalition, ein Finanzminister Olaf Scholz.

(Zurufe von der CDU/CSU: Oh!)

Er musste aus Steuermitteln 2,4 Milliarden Euro an Regress an die Stromkonzerne bezahlen.

(Timon Gremmels [SPD]: So ist es!)

Vattenfall hat 1,4 Milliarden Euro erhalten, RWE 880 Millionen Euro, EnBW 80 Millionen Euro und EON/PreussenElektra 42,5 Millionen Euro.

(Victor Perli [DIE LINKE]: Übergewinnsteuer!)

Das war das Ergebnis Ihrer völlig unverantwortlichen Politik. Auch vor diesem Hintergrund müssen wir da keine Ratschläge von Ihnen bekommen.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie haben in allen Bereichen Mehrausgaben gefordert; ich will mir einmal zwei Bereiche herauspicken.

Das eine ist die Bundeswehr. Da tut es Ihnen vielleicht weh – hoffe ich jedenfalls –, wenn ich Ihre Erinnerung etwas auffrische.

(Stefan Müller [Erlangen] [CDU/CSU]: Das ist ein bisschen unglaubwürdig, weil Erinnerungslücken vorhanden sind bei der SPD!)

Es war auch eine von CDU und FDP geführte Regierung, die bei der Bundeswehr sage und schreibe 8 Milliarden Euro gekürzt hat – 8 Milliarden Euro! Dieses Erbe haben wir dann in unserer zweiten Großen Koalition erhalten.

(Kay Gottschalk [AfD]: Arbeiten Sie Ihre alte Ehe mit der CDU auf!)

Wir haben allein in den ersten vier Jahren, von 2013 bis 2017, den Haushalt für die Bundeswehr gemeinsam von knapp 33 Milliarden auf 37 Milliarden Euro erhöht, also um 4 Milliarden Euro in vier Jahren.

(Kay Gottschalk [AfD]: Ich schicke gleich das Kriseninterventionsteam!)

Dann kam die nächste GroKo, und es waren konjunkturell gute Zeiten. Wir haben in dieser Zeit mit einem Finanzminister Olaf Scholz bis 2019 noch 6 Milliarden Euro obendrauf gepackt. Dann kamen die beiden Konjunkturpaketjahre; da wurde es noch einmal gestärkt. Wir sind jetzt bei dauerhaft über 50 Milliarden Euro für den Verteidigungsetat.

(Alexander Dobrindt [CDU/CSU]: Sie kürzen! Sie haben versprochen, zu erhöhen! Sie kürzen!)

Davon hätten Sie nicht einmal geträumt. Dann haben wir noch das 100-Milliarden-Euro-Sondervermögen beschlossen.

(Kay Gottschalk [AfD]: Sonderschulden!)

Also das, was diese Ampelregierung in diesem Bereich – zur Sicherheit auch der Soldatinnen und Soldaten und den Aufgaben angemessen, für die wir sie wappnen müssen – geleistet hat, haben wir mit Ihnen so nicht hingekriegt.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)

Ich will noch sagen – diese Zahlen habe ich hier schon vor zwei Tagen vorgetragen –: Das Gleiche gilt für das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung. Dieses ist nämlich in Ihrer Regierungszeit, in der CDU/FDP-Regierungszeit, konstant bei 6 Milliarden Euro geblieben; da ist sogar noch gekürzt worden. Wir haben den Etat in der Großen Koalition auf Initiative der SPD – nicht auf Initiative des damaligen Ministers Gerd Müller – schrittweise erhöht. Wir haben dafür gesorgt, dass der Etat mehr als verdoppelt worden ist; darauf sind wir stolz.

(Beifall bei der SPD)

Frau Kollegin, kommen Sie bitte zum Schluss.

Darum geht diese Regierung verantwortungsbewusst, auch in außenpolitischen Fragen, mit dem Haushalt in dieser schwierigen Zeit um. Alle haben gesagt, sie freuen sich auf die Beratungen. Ich bin noch nicht ganz sicher, ob ich mich freuen soll; aber wir werden sie meistern.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Vielen Dank. Vielleicht können Sie sich das nächste Mal 20 Sekunden früher freuen.

(Heiterkeit)

Als nächster Redner kommt der Kollege Kay Gottschalk, AfD-Fraktion.

(Beifall bei der AfD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7539002
Wahlperiode 20
Sitzung 52
Tagesordnungspunkt Schlussrunde Haushaltsgesetz 2023
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