Rebecca SchamberSPD - Grundbildung im globalen Süden
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Zunächst einmal muss ich sagen, dass ich wirklich schockiert und bedrückt bin, wie hier in diesem Hohen Haus von der rechten Seite Kinder, die auf verschiedenen Kontinenten leben, gegeneinander ausgespielt werden, die Schwächsten unserer globalen Gesellschaft.
(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP – Dietmar Friedhoff [AfD]: Das Ergebnis von Sozialdemokratie! Die Bildung von Kindern in Deutschland! Abgehängte Kinder in Deutschland!)
Bei den Kolleginnen und Kollegen von der Opposition nehme ich durchaus Zustimmung zu unseren Forderungen und den Aufgaben, die wir uns gestellt haben, wahr. Der Haushalt ist eingebracht worden; wir befinden uns also noch in der Debatte. Ich lade herzlich ein, sich konstruktiv, auch mit konstruktiven Finanzierungsvorschlägen, daran zu beteiligen, sodass wir diese Ziele gemeinsam erreichen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Dazu passt auch das folgende Zitat, mit dem ich meine Rede eigentlich beginnen wollte:
Lasst uns unsere Bücher und Stifte in die Hand nehmen, sie sind die mächtigsten Waffen. Ein Kind, eine Lehrkraft, ein Buch, ein Stift können die Welt verändern.
Dieses Zitat von Malala Yousafzai ist heute genauso aktuell wie im Jahr 2013, als sie diesen Satz vor der Jugendversammlung der Vereinten Nationen sagte. Malala, deren Geschichte hier im Saal sicherlich alle kennen: ein Mädchen, das sich sein Recht auf Bildung nicht nehmen lassen wollte, das dafür fast von den Taliban getötet wurde, das sich selbst dadurch nicht hat unterkriegen lassen. Im Gegenteil: Sie ist heute wohl die weltweit bekannteste Aktivistin für Bildungsgerechtigkeit, hat ihre eigene Organisation gegründet und 2014 den Friedensnobelpreis erhalten. Quasi ein Albtraum für alle, die eben nicht wollen, dass Bildung für alle Menschen gleich zugänglich ist – unabhängig von Geschlechtsidentität, Ethnie, Behinderung oder dem sozialen Status.
(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Wir sehen es aktuell wieder in Afghanistan. Eine der ersten Maßnahmen der neuen Machthaber war es, Mädchen den Zugang zu Bildung zu verweigern. Die Taliban – so könnte man es zynisch zusammenfassen – haben die Macht der Bildung erkannt, und genau deshalb wollen sie diese einem großen Teil der afghanischen Bevölkerung verwehren. Wir können uns kaum vorstellen, wie viel Mut die Mädchen und Frauen aufbringen, die dagegen auf die Straße gehen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP – Dr. Götz Frömming [AfD]: Und im Iran!)
Und nicht nur in Afghanistan ist das Recht auf qualitativ hochwertige Bildung in Gefahr.
(Dietmar Friedhoff [AfD]: In Duisburg-Marxloh!)
Wir erleben eine globale Bildungskrise. Die Schulschließungen aufgrund der Coronapandemie haben Mädchen und Jungen weltweit in ihrer Bildung zurückgeworfen.
(Dr. Götz Frömming [AfD]: Zum Iran sagen Sie nichts! Da ist die Wirtschaft wichtiger!)
Die Zahl der Kinderarbeiterinnen und ‑arbeiter steigt wieder, genauso wie die Zahlen der Frühverheiratungen und Teenagerschwangerschaften.
Niemanden zurücklassen – das ist das Prinzip der Agenda 2030. Das gilt ganz besonders für Bildung. Sie ist der Schlüssel für ein gleichberechtigtes und selbstbestimmtes Leben. Genau deshalb ist ein feministischer Ansatz in der Entwicklungspolitik so wichtig.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Jedes zusätzliche Schuljahr erhöht das spätere Einkommen eines Mädchens um 20 Prozent. Die Zahl von Teenagerschwangerschaften in Subsahara-Afrika und Südasien könnte um 10 Prozent sinken, wenn allen Mädchen Zugang zu Grundbildung gewährt wäre.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Genau deshalb begrüßen wir, dass Bundesentwicklungsministerin Svenja Schulze in Grundbildung für alle investiert. Sie tut dies über die Globale Bildungspartnerschaft, die GPE. Damit stärken wir die Geschlechtergerechtigkeit in der Bildung.
Dazu möchte ich Ihnen ein Beispiel nennen: Seit 2002 gehen 82 Millionen mehr Mädchen in den Partnerländern der Globalen Bildungspartnerschaft in die Schule. Damit ist die Einschulung von Mädchen in diesen Ländern um 65 Prozent gestiegen.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)
Damit diese Erfolge bestehen bleiben und eines Tages alle Kinder ihr Recht auf Bildung verwirklichen können, darf es keine Unterbrechung in der Bildung geben. So verheerend die Schulschließungen aufgrund der Coronapandemie waren, so war es doch für viele Kinder weltweit nicht das erste Mal, dass sie aufgrund einer Krise nicht zur Schule gehen konnten. Schätzungen zufolge sind weltweit über 200 Millionen Kinder von Krisen betroffen. Fast 80 Millionen von ihnen gehen nicht zur Schule. Halten wir kurz fest: Das wäre fast die gesamte Einwohnerzahl Deutschlands. Weil Krisen immer länger andauern, muss uns allen hier bewusst sein: Wir sprechen nicht nur von einer Unterbrechung von ein oder zwei Jahren, sondern von einer kompletten Kindheit und Jugend ohne wirklichen Zugang zu Bildung.
Deshalb ist es so wichtig, dass die Ministerin den Fonds der Vereinten Nationen für Bildung in Krisen stärkt: Education Cannot Wait – Bildung kann nicht warten. Meine Kollegin Nadja Sthamer hat es schon erwähnt: Mittlerweile ist Deutschland hier größter Geldgeber. Das ist ein wichtiger Beitrag für globale Bildungsgerechtigkeit, den die Bundesregierung hier leistet.
Sehr geehrte Damen und Herren, gemeinsam in dieser Koalition wollen wir die Rahmenbedingungen dafür schaffen, dass es durch den Zugang zu Bildung noch viele mutige Mädchen und Jungen wie Malala geben wird, die sich nicht einschüchtern lassen, die laut sind und ihr Recht auf Bildung einfordern.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP – Dr. Götz Frömming [AfD]: Kein Wort zum Iran! Das ist die feministische Außenpolitik!)
Für die CDU/CSU-Fraktion hat nun der Kollege Nicolas Zippelius das Wort.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Source | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Cite as | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
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Electoral Period | 20 |
Session | 53 |
Agenda Item | Grundbildung im globalen Süden |