22.09.2022 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 54 / Tagesordnungspunkt 7

Markus ReichelCDU/CSU - Digital- und Gigabitstrategie der Bundesregierung

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe mir schon gedacht, dass wir heute in den ersten Minuten wieder mal Münzen ins „16 Jahre“-Phrasenschwein hineinschmeißen müssen – ein Jahr nach der Wahl im Übrigen. Aber dass wir heute, wenn wir über die deutsche Digitalstrategie sprechen, bis zu Berlusconi kommen, Herr Zimmermann, das hätte ich echt nicht erwartet.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Jens Zimmermann [SPD]: Das zeigt mangelndes Vorstellungsvermögen!)

Lassen Sie uns jetzt aber mal ein bisschen genauer über das Thema der sicheren digitalen Identitäten sprechen. Warum sind sie so wichtig? Da gibt es das Standardbeispiel, dass ich jetzt von meiner Couch in Dresden aus ganz bequem meine Wohnung hier ummelden kann; das ist eine super Sache. Aber dazu bedarf es eines sicheren, eines souveränen Umgangs mit Daten – Gesundheitsdaten, Forschungsdaten. Und was im Kontext der Modernisierung unserer Industrie viel zu kurz kommt: Für das Internet of Things benötigen wir sichere digitale Identitäten von Menschen, aber in der Zukunft eben auch von Maschinen. Kurz gesagt: Hierin steckt ein ungeheures Potenzial und eine enorme Chance für die Entbürokratisierung – zu unser aller Nutzen.

(Beifall der Abg. Nadine Schön [CDU/CSU])

Herr Minister Wissing, Sie haben bei der Vorstellung der Digitalstrategie versprochen: Wir verlieren uns nicht in Zukunftsvisionen; wir gehen die Digitalisierung jetzt ganz konkret an. – Ich muss sagen, ich finde es hervorragend, dass Sie in der Digitalstrategie die sicheren digitalen Identitäten als eines der Projekte mit Hebelwirkung ganz, ganz oben auf die Agenda setzen. Nach Ihrer Ansage hatte ich natürlich auch gehofft, dass wir viele ganz konkrete Dinge dazu lesen werden. Ich muss allerdings sagen: Bereits bei den Zielstellungen Fehlanzeige!

Erstes Ziel, das Sie nennen: In mindestens fünf Wirtschaftssektoren soll bis 2025 eine staatlich bereitgestellte digitale ID zur Identifizierung genutzt werden. Da frage ich: Warum denn gerade fünf? Warum nicht zehn? Welche Sektoren sind gemeint? Welche Anwendungsfälle?

Ein zweites Ziel, das Sie angeben: Der Personalausweis und der Führerschein sollen bis 2025 in digitaler Form zur Nutzung mit mobilen Endgeräten verfügbar sein. Dazu sage ich: Ich finde es toll, dass Sie gute Projekte der CDU-geführten Bundesregierung fortführen. Aber es kann doch nicht sein, dass Sie sich darauf beschränken, jetzt, 2022, nur die Projekte der Vorgängerregierung als Ziel zu erklären und zu Ende zu bringen. Da muss es doch mehr geben. So viel zu Ihren Zielen.

(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Jens Zimmermann [SPD]: Jetzt müssen Sie aber auch was in das Phrasenschwein werfen!)

Bei der Umsetzungsplanung sieht es, ehrlich gesagt, auch nicht viel besser aus. Da fehlen ganz maßgebliche, ganz konkrete Punkte:

Sie lassen offen, wie Sie vorgehen wollen, um sichere digitale Identitäten besser im Markt zu verbreiten.

(Tabea Rößner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber das haben Sie in den letzten Jahren doch auch versäumt!)

Konkret denke ich daran, dass wir mal dafür sorgen, dass der Chip auf diesem Personalausweis, den ich hier hochhalte und der im Übrigen im schönen Dresden produziert wird, mal freigeschaltet wird und dass es dazu auch eine entsprechende Marketingkampagne gibt.

Sie lassen offen, was mit den Schaufensterprojekten des BMWK eigentlich passieren soll. Sie stecken hier eine ganze Menge Geld in tolle Projekte. Aber nutzen Sie das auch? Sie lassen offen, wie die Bundesregierung eine digitale Identität in Europa etablieren möchte. Suchen Sie hier interoperable nationale Lösungen oder eine neue für alle?

Und schließlich: Sie lassen offen, wie die Bundesregierung überhaupt zu einer europäischen ID-Wallet steht. Das Thema wird überhaupt nicht angesprochen. Ihr Papier tätigt keine Aussage zu den europäischen Pilotprojekten, an denen die Bundesregierung mitarbeitet.

Mein Fazit. Digitale Identität ist eines Ihrer Hebelprojekte; sehr gut. Trotzdem ist es erstaunlich unkonkret; das ist nicht gut. Sie gehen hier kaum nennenswert über die Pläne der alten Bundesregierung hinaus. Die Chancen des europäischen eIDAS-Novellierungsprozesses nutzen Sie leider gar nicht. Unter „Digital first“ verstehen wir etwas anderes.

Herr Wissing, Sie haben versprochen, es ganz konkret zu machen. Wir warten darauf.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Nächste Rednerin: für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Tabea Rößner.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7545910
Wahlperiode 20
Sitzung 54
Tagesordnungspunkt Digital- und Gigabitstrategie der Bundesregierung
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