Jens SpahnCDU/CSU - Änderung des Atomgesetzes (Gesetzentwurf CDU/CSU)
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Bundesminister Habeck, Sie haben ja gestern lautstark die Unterstützung der Opposition auch in dieser Krise eingefordert. Das passt gut zu dieser Debatte. Fangen wir noch mal beim Problem an: Wir haben ein massives Stromproblem, seit Monaten. Wir haben Rekordpreise für Unternehmen, für die Bürgerinnen und Bürger beim Strom und beim Gas, die sich das schon lange nicht mehr leisten können. Und – das darf übrigens nicht vergessen werden – jeden Tag wird in Deutschland noch immer Gas verstromt – Gas, das wir eigentlich so dringend einsparen müssten.
Eine offenkundige Lösung ist eine massive Ausweitung des Angebots. Es geht darum, jede, aber auch wirklich jede Form der Energieerzeugung, die hier in Deutschland möglich ist, zu nutzen.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Beatrix von Storch [AfD])
Das sind Problem und Lösung. Da geht es dann um die Frage: Wie? Und gerade da, Herr Minister, bieten wir Ihnen seit Kriegsbeginn konkrete Zusammenarbeit und Unterstützung an. Allerdings haben Sie viele unserer Vorschläge bis heute nicht aufgegriffen und tun es immer noch nicht.
Nehmen wir die Kohle. Wir haben hier schon im März gesagt: Kohlekraftwerke hochfahren, um Gasverstromung runterzufahren. – Irgendwann im Juli haben Sie die Gesetze geändert, haben damals gesagt: Jetzt jedes Kohlekraft ans Netz. – Schauen wir heute, Ende September, auf die Situation: Zwei Kohlekraftwerke sind bisher erst am Netz, weil Sie so hohe Auflagen und Hürden gemacht haben, dass sie nicht ans Netz kommen. Schaffen Sie diese Auflagen weg, bringen Sie die Kohlekraftwerke ans Netz! Da haben Sie unsere Unterstützung, sofort und unmittelbar.
(Beifall bei der CDU/CSU und der AfD)
Zu Biogas, Windenergie, Photovoltaik machen wir seit März Vorschläge zu den Potenzialen, die es gibt. Es geht um steuerrechtliche Vorschriften, es geht um den Biogasdeckel, um viele regulatorische Maßnahmen bis hin zur Frage, ob die Windräder nachts trotz der Geräusche laufen können. Dazu machen wir seit März Vorschläge. Die greifen Sie jetzt auf, im September. Das ist gut, aber das alleine reicht eben nicht.
(Dr. Julia Verlinden [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Morgen ist die Anhörung zu diesem Gesetzentwurf!)
Das bringt uns zur Kernkraft. Es gibt drei Kernkraftwerke, die in Deutschland noch laufen. Sie haben etwa 4 Gigawatt Leistung, versorgen etwa 10 Millionen Haushalte mit Strom. Jetzt ist es so, Herr Blankenburg, dass der Minister die Sicherheitsüberprüfung ja vorschlägt. Sie müssen übrigens die Frage beantworten: Was ist jetzt mit Isar 2? Wenn Isar 2 in die Reserve soll, wie Sie vorgeschlagen haben, muss jetzt dort das Ventil ausgetauscht werden. Wird das jetzt mit Ihrer Unterstützung passieren oder nicht? Der Betreiber muss das wissen.
Sie müssen die Sicherheitsanforderungen natürlich einhalten. Sie haben uns wochenlang erzählt: Es geht nicht. Sie müssen das Recht ändern. Dazu haben Sie uns wochenlang erzählt: Das geht nicht. Natürlich müssen Sie für die Reserve das Recht ändern. Sie müssen das Personal vorhalten, weil Sie ja im Fall der Fälle die Kernkraftwerke betreiben können müssen. Dazu haben Sie uns auch erzählt, das ginge alles nicht. Dann wollen Sie auch noch Geld an die Betreiber zahlen – jeden Tag, jede Woche, jeden Monat –, dafür, dass sie in Reserve bleiben.
Wir haben Personal, wir zahlen das Geld, Sicherheitsanforderungen werden überprüft, aber Strom soll nicht produziert werden. Das kann man keinem Menschen erklären, liebe Kolleginnen und Kollegen. Deswegen sollten diese Kernkraftwerke durchlaufen.
(Beifall bei der CDU/CSU und der AfD)
„Da muss der Pragmatismus jede politische Festlegung schlagen“, Zitat Robert Habeck aus dem März. Das stimmt. Bei diesem Ansatz haben Sie unsere Unterstützung. Dann aber tun Sie auch endlich pragmatisch, was offenkundig nötig ist, und erhalten uns für Deutschland und Europa die Energie, die aus diesen drei Kernkraftwerken kommt.
Übrigens: Wer soll diese Energie eigentlich ersetzen? Wodurch, Frau Verlinden, soll sie ersetzt werden? Sollen dann Gaskraftwerke die wegfallende Energie ersetzen oder wer oder was?
(Zuruf der Abg. Dr. Julia Verlinden [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Die Kohlekraftwerke sind nicht am Netz. Wenn diese Energie wegfällt, werden noch mehr Gaskraftwerke laufen müssen. Wir würden noch mehr Gas verstromen, mitten in der Gaskrise. Das kann nicht die Lösung sein in dieser Krise, in der aktuellen Lage.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der AfD)
Ein Letztes. Sie erbitten lautstark die Unterstützung für Ihre Regierungspolitik. Die spannende Frage, Herr Minister, ist aber: Welchen Teil der Regierung sollen wir denn unterstützen?
(Friedrich Merz [CDU/CSU]: Tja! – Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU und der AfD)
Den Finanzminister, der jeden Tag mit seiner Fraktion längere Laufzeiten fordert? Die Grünen und deren Wirtschaftsminister, die gefangen sind zwischen Parteilogik, Jürgen Trittins Lebenswerk
(Beifall bei der CDU/CSU und der AfD – Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ach, Leute!)
und dem, was notwendig ist für das Wohl unseres Landes? Die SPD, die, wie wir Herrn Blankenburg angemerkt haben, unentschlossen ist? Also, welchen Teil der Regierung sollen wir denn unterstützen?
Übrigens: Bei der Gasumlage ist es, wenn ich das einmal sagen darf, das Gleiche. Letzter Fan der Gasumlage ist die FDP. Herr Miersch, Frau Mast, Herr Janecek, Frau Dröge, sogar der Minister selbst stellen die Gasumlage infrage. Der Minister hat Zweifel an ihr, beschimpft dann aber lautstark die Opposition, wenn sie seine Zweifel aufgreift. Das ist auch ein Kunststück politischer Rhetorik; das muss man sagen und anerkennen. Aber es hilft eben nicht.
(Beifall bei der CDU/CSU und der AfD – Andrea Lindholz [CDU/CSU]: Genau!)
Deswegen – zusammenfassend, Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen –: Wir sind weiterhin und jederzeit bereit zur Zusammenarbeit. Wir sind es immer gewesen; unser Fraktionsvorsitzender hat es letzte Sitzungswoche auch noch einmal sehr deutlich gesagt.
(Friedrich Merz [CDU/CSU]: Mehrfach!)
Wir sind vor allem dann bereit, wenn Sie tun, was nötig ist für Deutschland in dieser Krise. Wir sind bereit für mehr Stromangebot, für bezahlbare Preise, für weniger Gasverstromung. Wir sind vor allem dann zur Zusammenarbeit bereit, wenn Sie selbst erst einmal wissen, was Sie tun wollen in dieser Krise,
(Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir wissen, was wir tun!)
wenn Sie endlich konkrete Vorschläge machen.
Wenn wir die Zusammenarbeit starten wollen: Unser Gesetzentwurf ist ein konkretes Angebot. Stimmen Sie zu!
(Beifall bei der CDU/CSU)
Vielen Dank, Herr Kollege Spahn. – Ich weiß ja, dass die Union schon gendert, aber ich bin immer noch männlich, Herr Spahn.
(Jens Spahn [CDU/CSU]: Ich habe den Wechsel nicht mitbekommen!)
Bei der Unionsfraktion kann sich schon jemand Gedanken machen, wer die Minute Überziehungszeit abgezogen bekommen soll.
(Jens Spahn [CDU/CSU]: Das waren 30 Sekunden!)
Nächster Redner ist der Kollege Carsten Träger, SPD-Fraktion.
(Beifall bei der SPD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7545923 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 54 |
Tagesordnungspunkt | Änderung des Atomgesetzes (Gesetzentwurf CDU/CSU) |