22.09.2022 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 54 / Tagesordnungspunkt 9

Kay GottschalkAfD - Inflationsausgleichsgesetz

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Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Schrodi, ich glaube, Sie waren gestern in einer anderen Expertenanhörung.

(Zuruf von der SPD: Ne, ne, ne!)

Sie haben die vielen kritischen Anmerkungen, glaube ich, nicht gehört. Aber darauf will ich gar nicht eingehen, das ist es nicht wert.

Meine Damen und Herren von der Schuldenkoalition, das von Ihnen vorgelegte Inflationsausgleichsgesetz soll laut Bundesfinanzminister – entschuldigen Sie, dass ich da lache, es ist traurig genug – 48 Millionen Bürger entlasten. Das Gesetz soll weiterhin – ich zitiere mit Erlaubnis des Präsidenten – „inflationsbedingte Mehrbelastungen ausgleichen“ – Sie wissen schon, was „ausgleichen“ heißt, hoffe ich –, „indem die Steuerlast an die Inflation angepasst wird“. Schon hier beginnt das Gesetz mit einer glatten Lüge, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der AfD)

Im Übrigen, Herr Schrodi, gute Politik und ein guter Portfolio-Mix in der Energie hätten dieses Inflationsausgleichsgesetz komplett unnötig gemacht. Es geht vor allem – das sei hier adressiert – um die kalte Progression.

Schon jetzt, Herr Lindner, weiß die Bundesregierung, dass der Ausgleich aus Ihrem Gesetz aller Voraussicht nach nicht im Entferntesten die Inflation vollständig ausgleichen wird. Welch ein Wunder! Die Bundesbank muss innerhalb von zwölf Monaten zum dritten Mal ihre Inflationsprognose korrigieren. Wir sind mittlerweile bei einer zweistelligen Prognose. Wie ich im „Deutschland-Kurier“ bereits im Januar prognostizierte, werden wir eine Inflation zwischen 5 und 7 Prozent erhalten, meine Damen und Herren.

Aus unserer Sicht also ist dieses vorgelegte Gesetz wieder einmal nur ein bewusstes Aufschieben, Herr Kollege Schrodi; denn schon jetzt ist klar, dass die Änderungen bei den Tarifeckwerten – hören Sie gut zu, das ist Mathematik; ich hoffe, dem können Sie folgen –, die ja Grundlage der Vermeidung der kalten Progression sind, erst ab 2023 gelten sollen. Herr Lindner, ab 2023! In welcher Welt leben Sie denn? Wir haben seit Januar 2022 eine galoppierende Inflation. Die Überschrift dieses Gesetzes müsste eigentlich lauten: „Der Fleißige ist der Dumme“, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der AfD)

Dass Sie nicht auf den Progressionsbericht hätten warten müssen, das haben Sie, Herr Schrodi, eben gut dokumentiert. Sie haben nämlich betont – und das ist richtig –, dass der Grundfreibetrag ja erhöht worden ist – yippie-ya-yay! Schon damals haben Sie wahrscheinlich nicht zugehört: Alle Experten, sogar Ihre eigenen vom Gewerkschaftsbund, haben gesagt: Die Erhöhung des Grundfreibetrages ist jetzt schon unzureichend und gleicht nicht im Entferntesten die Inflation aus. – Hören Sie also auf, sich hier als Vertreter der kleinen Leute zu gerieren! Das sind Sie schon lange nicht mehr, Herr Schrodi.

(Beifall bei der AfD – Widerspruch des Abg. Michael Schrodi [SPD])

Es ist in keinster Weise nachvollziehbar, dass Sie die Bürger bei dieser galoppierenden Inflation nicht zureichend und nachhaltig, um dieses schöne Wort hier mal zu strapazieren, entlasten.

Aber nähern wir uns des Pudels Kern, meine Damen und Herren von der Schuldenkoalition. Der größte Profiteur der kalten Progression ist eben – das sagen auch alle wissenschaftlichen Abhandlungen dazu – der Staat. Sie können, ohne dass Sie das dem Bürger durch Diskussionen über Steuererhöhungen hier im Hohen Hause klarmachen müssen, Mehreinnahmen generieren. Das haben der Kollege Wiener und andere Kollegen vor mir wunderbar dargelegt. Der Fehler liegt im System. Meine Damen und Herren, die AfD-Fraktion fordert mittlerweile seit vielen Jahren: Nehmen Sie sich doch endlich der Idee des Bundes der Steuerzahler an! Entlasten Sie automatisch, wie es andere Länder, etwa die Schweiz, tun. Den „Tarif auf Rädern“ fordern wir seit drei Jahren. Sie folgen nicht, und die FDP hat es immer noch im Wahlprogramm stehen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der AfD)

Im Übrigen: Die Tarifeckwerte sind doch nur eine Seite der Wahrheit. Sie müssten genauso die Höchstgrenzen, die Freibeträge, die Pauschalen, beispielsweise die Pendlerpauschale – seit 2004 nur unzureichend, ab dem 21. Kilometer einmal erhöht –, erhöhen. Auch da gibt es eine Preisentwicklung. Das haben Sie gestern nicht gehört, glaube ich, Herr Schrodi, als einige Sachverständige das zur Sprache brachten. Auch hier tun Sie nichts. Aber in Wirklichkeit – machen Sie sich doch endlich ehrlich! – wollen Sie dieses Perpetuum mobile der heimlichen Steuerabzocke beibehalten. Genau das ist Ihr Problem, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der AfD – Zuruf von der SPD: Sie sind das Problem!)

Herr Lindner, sagen Sie den Menschen doch offen und ehrlich, dass Sie auch hier mittlerweile leider den Predigern Ihrer Koalition auf den Leim gegangen sind. In Wirklichkeit ist doch das, was Sie beibehalten, nämlich die kalte Progression, die neue Reichensteuer. Und den Mittelstand und die Mittelschicht haben Sie als neue Opfer dieser Politik ausgemacht.

Herr Kollege, kommen Sie bitte zum Schluss.

Das ist schändlich. Eine FDP, die so was mitmacht, gehört in den nächsten Bundestag nicht mehr hinein, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der AfD – Katharina Beck [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So ein Quatsch!)

Herr Gottschalk, Sie haben jetzt noch einen Satz.

Wir werden uns konstruktiv an den Diskussionen beteiligen und freuen uns auf die Beratungen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD – Zuruf des Abg. Markus Herbrand [FDP])

Nächster Redner ist der Kollege Andreas Audretsch, Bündnis 90/Die Grünen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7545941
Wahlperiode 20
Sitzung 54
Tagesordnungspunkt Inflationsausgleichsgesetz
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