22.09.2022 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 54 / Tagesordnungspunkt 9

Tim KlüssendorfSPD - Inflationsausgleichsgesetz

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Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn man zum Ende einer Debatte spricht, hat man den Nachteil, dass vieles sich doppelt, und den Vorteil, dass man auf Redebeiträge der anderen Fraktionen eingehen kann.

Ich wollte mir wirklich Mühe geben, auch zu den Vorschlägen der Union Stellung zu nehmen; nur sind mir keine aufgefallen. Es ist ziemlich schwierig, dazu Stellung zu nehmen.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Alles, was Sie heute gesagt haben, ist: Das Gesetz ist eine Selbstverständlichkeit. Wir würden das auch so machen. Einiges ist gar nicht so schlimm. – Wir stehen hier vor der größten wirtschafts- und finanzpolitischen Herausforderung in der Geschichte dieser Bundesrepublik Deutschland, und das Einzige, was Sie hier tun, ist, festzustellen, dass die Regierung richtig handelt. Einen besseren Arbeitsnachweis für uns kann es eigentlich kaum geben.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)

Stellung nehmen möchte ich allerdings doch zum Kollegen Stöber. Herr Stöber, Sie haben eben gesagt: Diese Bundesregierung hat die schlimmste Krise seit 1928 zu verantworten. – Das ist wieder einmal Geschichtsverleumdung der ganz schlimmen Sorte.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Kathrin Vogler [DIE LINKE])

Wer den Zeitraum zwischen 1933 und 1945 so bewusst ausblendet und damit kokettiert, der gehört nicht nur hier in die rechte Ecke, der gehört raus aus diesem Parlament und vom Verfassungsschutz beobachtet, so wie es gerade auch passiert.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich habe schon davon gesprochen, vor welchen Herausforderungen wir momentan stehen. Die Bundesregierung handelt entschlossen. Wir haben drei Entlastungspakete auf den Weg gebracht, die insgesamt rund 100 Milliarden Euro umfassen. Deswegen noch mal zum Thema Selbstverständlichkeit: Ich hatte nicht den Eindruck, dass es selbstverständlich ist, in einem so hohen Ausmaß so schnell zu reagieren, vor allen Dingen in Anbetracht der Tatsache, dass wir noch nicht mal ein Jahr im Amt sind. Man muss noch mal ganz ehrlich sagen: Uns wird es nicht gelingen, alle Belastungen zu kompensieren; aber mit den Paketen, die wir bisher beschlossen haben, ist ein ganz wesentlicher Schritt gemacht worden. Darauf können wir stolz sein, und daran werden wir weiterarbeiten.

Wir entlasten natürlich nicht nur aktiv, sondern wollen auch nicht an höheren Preisen verdienen; das wurde angesprochen. Deswegen ist Bestandteil dieser beiden Gesetzesvorschläge der Abbau der kalten Progression. Herr Steiniger, das ist etwas, was wir richtig finden. Sie brauchen uns nicht einzureden, was wir wollen oder was wir nicht wollen. Das haben wir gemeinsam als Ampelkoalition verabredet, und wir stehen auch vollständig dahinter.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP – Johannes Steiniger [CDU/CSU]: Ich war in der letzten Legislaturperiode dabei und weiß, wofür ich gestimmt habe!)

Aber ich möchte die Gelegenheit nutzen, zum zweiten Punkt noch etwas zu sagen, nämlich zur temporären Senkung der Umsatzsteuer auf Gaslieferungen. Wir senken bereits zum kommenden Monat, das heißt zum Beginn der Heizperiode, die Mehrwertsteuer auf Gaslieferungen von 19 Prozent auf 7 Prozent. Sie tun das ab, als würde das nur die Gasumlage ausgleichen, wäre also nur eine Kompensationsmaßnahme. Ich meine, gerade vor dem Hintergrund der aktuellen Debatten über die Gasumlage und die Anpassungen, die es möglicherweise noch geben wird, ist das eine ganz wesentliche Entlastungsmaßnahme, die nicht vernachlässigt werden darf und die ihren ganz eigenen Wert hat.

(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Dr. Sebastian Schäfer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Schließlich umfasst allein diese Maßnahme insgesamt rund 11 Milliarden Euro und ist damit eine der größten Einzelmaßnahmen aus den drei Entlastungspaketen.

Rund die Hälfte aller Haushalte in Deutschland heizt mit Gas und ist oft mit Gaspreissteigerungen von mehreren 100 Prozent konfrontiert. Im Durchschnitt verdoppelt sich der Gaspreis für viele mindestens. Die Maßnahme, die Umsatzsteuer zu senken, wirkt also nicht nur entlastend, sondern senkt auch ganz effektiv die Inflationsrate in unserem Land und ist deshalb weiterhin richtig.

Selbstverständlich darf es hierbei nicht bleiben. Deswegen auch noch ein paar Worte zur Gaspreisentwicklung insgesamt – wir haben dazu schon einiges gehört; der Bundesfinanzminister ist darauf eingegangen –: Es wird natürlich weitere Maßnahmen brauchen, um die Menschen und natürlich auch die Unternehmen, ganz besonders die kleinen und mittleren Unternehmen, vor höheren Gaspreisen zu schützen und ihnen sozusagen zu ermöglichen, dass sie ihre Rechnungen bezahlen können. Aus meiner und unserer Sicht kann das eigentlich nur über eine Deckelung der Gaspreise gehen. Deshalb bin ich ganz gespannt, wie schnell und wie entschlossen die Kommission jetzt agieren wird. Da werden wir auch weiterhin ordentlich Druck machen; denn wir werden die Menschen nicht alleine lassen. Wir müssen dringend weiter an die Gaspreise ran. Das heute kann nur der Auftakt einer Entlastung sein.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Markus Herbrand [FDP])

Doch lassen Sie mich ganz zum Schluss noch etwas zur Finanzierung sagen. Das wird natürlich auch weiterhin mit enormen Anstrengungen und hohen Milliardensummen an Finanzierung verbunden sein. Dazu eine ganz persönliche Anmerkung: Ich verstehe es nicht. Unsere Gesellschaft hat genug Wohlstand, um die ganzen Herausforderungen zu finanzieren. Dieser Wohlstand ist zurzeit nur ungerecht verteilt. Wir haben mittlerweile von allen OECD-Staaten die zweithöchste Konzentration von Vermögen. Deshalb bin ich dafür, dass wir uns in den kommenden Wochen und Monaten, wenn wir über Gaspreisdeckel und Ähnliches sprechen, auch noch mal der Frage der Finanzierung widmen, wir alle gemeinsam, die ganze Gesellschaft in breitem Konsens; denn ohne eine höhere Beteiligung der besonders Vermögenden werden wir diese Krise nicht finanzieren können.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Klüssendorf. – Letzter Redner in der Debatte ist der Kollege Dr. Sebastian Schäfer, Bündnis 90/Die Grünen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7545950
Wahlperiode 20
Sitzung 54
Tagesordnungspunkt Inflationsausgleichsgesetz
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