Verena HubertzSPD - Aktuelle Stunde - Gewährleistung der Energieversorgung
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Wirtschaftsminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Als ich vor anderthalb Jahren aus der Wirtschaft in die Politik gewechselt bin, hätte ich niemals gedacht, dass ich Verstaatlichung und Zwangsverwaltung als Mittel einer guten Wirtschaftspolitik erachten würde. Heute kann ich aber sagen: Wir machen genau das Richtige für diesen Industriestandort und auch die Menschen in Schwedt.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Frau Lötzsch, lassen Sie mich etwas kurz ausführen. Sie sagen: Ja, wir müssen dafür sorgen, dass die starken Schultern hier mehr schultern. – Das tun wir doch jetzt genau, indem wir Übergewinne abschöpfen wollen. Wir sorgen uns nicht nur um die Menschen in Schwedt, sondern wir arbeiten mit Hochdruck an dem Wärmeproblem, an einer Strompreisbremse, und die kommt dann unabhängig von KUEBLL-Listen und dem ganzen anderen Kram allen in diesem Land zugute. Das ist genau das, was diese Regierung macht.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Heute sollten wir uns aber mal mit Rosneft und den Standorten in Schwedt und Leuna beschäftigen; denn dafür haben wir auch die Aktuelle Stunde beantragt. Da ist es noch mal ganz wichtig, zu sagen, warum dieser Schritt nötig ist. Um dem Angriffskrieg Putins etwas entgegenzusetzen, haben wir Sanktionen beschlossen, und eine Sanktion ist eben ein Ölembargo. Bald fließt kein Öl mehr aus Russland an einen Raffineriestandort wie Schwedt. Aber wir brauchen doch das, was dort passiert: acht von neun Autos in Berlin und in Brandenburg fahren noch mit Kraftstoff aus Schwedt, und auch jeder vierte Haushalt in Deutschland heizt mit Öl. Eine Menge davon kam über die Pipelines aus Russland nach Schwedt und nach Leuna.
Jetzt muss man kein Betriebswirt sein, um zu verstehen, was es bedeutet, wenn ein großer Lieferant wegfällt. Wir haben darauf reagiert mit neuen Quellen, mit neuen Pipelines, zum Beispiel über den Hafen in Rostock, wie eben Carsten Schneider ausgeführt hat.
Mit diesem Schritt, den wir jetzt gehen, werden wir zwar nicht unabhängig von Öl, aber wir werden unabhängiger von russischem Öl, und wir nehmen als Staat die Zukunft eines wichtigen Industriestandortes aktiv in die Hand. Dafür brauchen wir auch neue Konstrukte, und ja, die Treuhand ist ein Weg, und aus Treuhand soll Zukunft werden.
Warum ist es wichtig? Wenn man ein Unternehmen, das so eng mit Russland verbunden ist wie Rosneft, weiter wirtschaftlich betreiben will, da aber Sanktionen bestehen, bedeutet das ganz konkret, dass ein Softwareunternehmen aus den USA keine Lust mehr hat, mit einem Geschäfte zu machen, und dass ein Wirtschaftsprüfer auch nicht mehr so ganz einfach in der Lage ist, zu sagen: Den Jahresabschluss, den testiere ich noch.
Deswegen ist die Treuhandverwaltung ein wichtiger Schritt, der dafür sorgt, dass alte Geschäftsbeziehungen erhalten bleiben können, aber auch neue geknüpft werden. Das bedeutet dann auch konkret: 2 000 Arbeitsplätze in Schwedt können durch die Pipeline, aber auch durch die Treuhandverwaltung gesichert werden. Darum geht es doch heute, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Es geht aber auch um Zukunft. Deswegen nehmen wir über 1 Milliarde Euro in einem Transformationspaket in die Hand, um eine neue Pipeline zu bauen, aber auch dafür zu sorgen, dass in Zukunft dort mehr passiert. Ein Standort einer Hochschule soll dort entstehen, nämlich als Zweigstelle von der Hochschule Eberswalde, damit man sich dort um die Zukunft und die nachhaltige Entwicklung kümmert. Wir wollen mit dem bewährten EXIST-Programm Neugründungen fördern. Wir suchen auch noch weitere Großinvestoren, die in diese Region und die weiteren Regionen rund um Leuna investieren wollen. Wenn es nötig ist, passen wir auch das Beihilferecht an und setzen uns dafür auf EU-Ebene ein.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, eine Zukunft nach dem fossilen Brennstoff ist absehbar. Mit der Investition in zukünftige Wasserstofferzeugung geben wir der Region eine ganz neue Perspektive: Statt russischem Öl entsteht hier bald das grüne Gas der Zukunft, vielseitig einsetzbar, ob zum Heizen, im Großverkehr oder auch für industrielle Prozesse. Wir als SPD-Bundestagsfraktion haben uns immer dafür eingesetzt und starkgemacht, gemeinsam mit den Gewerkschaften, mit den Arbeitgebern und mit den Menschen in der Region.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, seit Beginn des Angriffskrieges haben wir so einige Pakete geschnürt: drei Entlastungspakete, eins extra für Unternehmen, aber auch sieben Sanktionspakete. Eigentlich kommen wir auch aus ganz unterschiedlichen Richtungen in diese Ampelregierung. Wovon ich aber überzeugt bin, das ist der Weg, den wir gemeinsam gehen, nicht nur als Ampel, sondern auch gemeinsam mit dem Land Brandenburg. Hier sei auch ganz explizit Ministerpräsident Dietmar Woidke gedankt.
(Beifall bei der SPD)
Denn das Paket schnüren wir gemeinsam mit dem Kanzleramt, mit dem Bundeswirtschaftsministerium, und wir zeigen: Wir lassen uns nicht unterkriegen. Wir zeigen: Wir finden Wege, und wir sorgen auch für die Umsetzung.
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)
Als Nächstes erhält das Wort in dieser Debatte Sepp Müller für die CDU/CSU- Fraktion.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7545988 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 54 |
Tagesordnungspunkt | Aktuelle Stunde - Gewährleistung der Energieversorgung |