22.09.2022 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 54 / Zusatzpunkt 4

Katrin ZschauSPD - Aktuelle Stunde - Gewährleistung der Energieversorgung

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Sehr geehrte Präsidentin! Liebe Kollegen und Kolleginnen! Sehr geehrter Herr Minister! Ich vertrete als Abgeordnete die Stadt und Teile des Landkreises Rostock, und ich bin Mitglied des Ausschusses für Klimaschutz und Energie. In dieser Doppelbetroffenheit begrüße ich die Entscheidung der Bundesregierung, die Rosneft Deutschland GmbH und die RN Refining & Marketing GmbH unter Treuhandverwaltung der Bundesnetzagentur zu stellen, ausdrücklich.

(Beifall bei der SPD – Zuruf von der AfD: Treuhand ist der Untergang!)

Das ist rechtlich möglich durch § 17 des Energiesicherungsgesetzes und damit auch begrenzt, Herr Kollege von der CDU/CSU.

(Beifall bei der SPD)

Dieser Schritt war nötig, um den Geschäftsbetrieb der Rosneft Deutschland aufrechtzuerhalten. Das Unternehmen spielt eine wesentliche Rolle für die Ölversorgung und damit für die Versorgungssicherheit, ist also Teil der kritischen Infrastruktur im Energiesektor. Das sehr engagierte Vorgehen des Ministers und des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz – auch von Herrn Kellner –, des Ostbeauftragten Carsten Schneider und der MPs der beteiligten Landesregierungen war zugleich erforderlich, um den Standort Schwedt und die dort beschäftigten Menschen abzusichern.

Die PCK Raffinerie Schwedt hing bislang an russischem Öl. Ab Dezember 2022 unterliegt russisches Öl einem EU-Importembargo, und das ist auch gut so. Die Marktakteure der Mineralölwirtschaft in ganz Deutschland und besonders die Raffinerien in Schwedt und Leuna arbeiten mit Hochdruck daran, ihre Lieferwege umzustellen und zum Jahresende von russischem Rohöl unabhängig zu sein.

(Karsten Hilse [AfD]: Sind die niemals! Das wissen Sie doch selber! Das funktioniert nicht!)

Dass in unserem Land der Mensch zuvorderst gesehen wird, ist nicht politischem Kalkül geschuldet, sondern einem zutiefst empfundenen Gemeinsinn. Es ist Ausdruck unserer sozialen Marktwirtschaft.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Das unterscheidet unser Gesellschaftssystem maßgeblich von Autokratien, ist historisch erstritten und gewachsen.

Der Rostocker Hafen wird als größter deutscher Ostseehafen eine wichtige Rolle bei der künftigen Versorgung Ostdeutschlands mit Rohöl einnehmen. Dafür wird die bestehende Hafeninfrastruktur hinsichtlich des Ausbaus des Liegeplatzes sowie der Errichtung von Tiefwasserliegeplätzen für Rohöl und Grüne Energieträger aus- und umgebaut. Dazu kommt die Vertiefung des Warnow-Seekanals, um größere und schwer beladene Schiffe im Rostocker Hafen anlaufen lassen zu können. Die Investitionskosten übernimmt der Bund. Genauso wichtig ist dabei auch die Ertüchtigung der Pipeline Rostock–Schwedt, die bislang lediglich für die Notfallversorgung vorgesehen war, jedoch nicht für den Dauerbetrieb. Das wird sich nun ändern, und das wird schnell gehen.

(Karsten Hilse [AfD]: Genau! Zwei Jahre!)

Im Mai und im Juni haben Andreas Rimkus, der Wasserstoffbeauftragte der SPD- Bundestagsfraktion, und Carsten Schneider den Rostocker Hafen und das Leibniz-Institut für Katalyse, LIKAT, in Rostock besucht. Hier trafen sie auf die Akteure in der Region, die bereits vor dem Krieg an der Perspektive des Rostocker Überseehafens als Nukleus und Startpunkt für ein ostdeutsches Wasserstoffpipelinenetz sowie zum europäischen Energiedrehkreuz für Wasserstoff im deutschen Ostseeraum gearbeitet haben. Darin eingeschlossen war und ist auch das Vorhaben des LIKAT zur Produktion klimaneutraler Treibstoffe wie E-Kerosin und E-Schiffsdiesel für den Flug- und Wasserverkehr im Zusammenspiel mit der Raffinerie Schwedt. Meine Ampelkollegen Claudia Müller und Hagen Reinhold sowie mein Kollege Frank Junge haben hierzu bereits in der letzten Wahlperiode an Weichenstellungen mitgearbeitet.

Dieser Blick in die Zukunft und die bereits getätigten Vorarbeiten und bestehenden Netzwerke erhalten nun mit dem langfristig angelegten und breit abgestützten Zukunftspaket „Sicherung der PCK und Transformation in den ostdeutschen Raffineriestandorten und Häfen beschleunigen“ einen deutlichen Schub. Das, was mir am Herzen liegt, nämlich dass wir im Osten beim Thema Wasserstoff und Investitionen in den Ausbau einer Wasserstoffnetzinfrastruktur neben anderen Standorten gleichberechtigt mitspielen, wird durch die Finanzmittel aus dem Sonderprogramm im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ und durch zusätzliche Bundesfördermittel dahin gehend maßgeblich unterstützt.

Die Länder Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt übernehmen hier die Hälfte der Finanzierung und investieren so gemeinsam mit dem Bund in neue regionale Wertschöpfungsketten.

(Beifall bei der SPD)

Dabei kann auf die Expertisen vor Ort, die Forschungsaktivitäten, die bestehenden Infrastrukturen und vor allem auf die Verfügbarkeit erneuerbarer Energien, insbesondere offshore, aufgebaut werden. Das Signal der Bundesregierung, hier zu investieren, wird von den Stakeholdern aus der Wirtschaft direkt aufgenommen. Bereits morgen geht es in Rostock unter der Fragestellung „Energiehafen Rostock“ um Import- und Produktionsprojekte. Heute findet in MV der Baltic Sea Business Day mit Partnerländern im Ostseeraum – Polen, Dänemark, Norwegen, Schweden, Lettland und Litauen – statt.

Am Schluss meiner Rede ist es mir ein Anliegen, etwas zu den aktuellen Protesten zu sagen. Wir alle wissen um die Sorgen und Ängste der Menschen zu Hause, in unseren Wahlkreisen, von Privatleuten, von Unternehmen, Kultur- und Sportvereinen, Bildungsinstitutionen und Kommunen bezogen auf die für viele unbezahlbaren Energiepreise. Zu Recht verlangen sie zügig Antworten, Entlastung und Planbarkeit. Jeder und jede kann dafür auf die Straße gehen und für seine sozialen Rechte demonstrieren.

(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Christian Dürr [FDP])

Demonstrationen, auf denen jedoch zu Gewalt aufgerufen wird – so geschehen in meiner Heimatstadt Rostock –, lehne ich komplett ab. Ich unterstütze dagegen den Demonstrationsaufruf des Deutschen Gewerkschaftsbunds in meiner Region. Demonstriert wird hier für einen Energiepreisdeckel, für eine Übergewinnsteuer und das Aussetzen der Schuldenbremse.

(Beifall bei der SPD)

Warum? Zum einen, weil ich selbst Gewerkschafterin bin.

Kommen Sie bitte zum Schluss.

Zum anderen, weil hier Menschen unterwegs sind, die mich als Politikerin Dinge erklären und einordnen lassen.

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Als Nächstes erhält das Wort der Kollege Michael Grosse-Brömer für die CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7545992
Wahlperiode 20
Sitzung 54
Tagesordnungspunkt Aktuelle Stunde - Gewährleistung der Energieversorgung
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