Marie-Agnes Strack-ZimmermannFDP - Unterstützung der Ukraine mit schweren Waffen
Herr Präsident! Sehr verehrte Damen und Herren! Als die CDU/CSU angekündigt hat, hier im Hause einen Antrag zum Thema „Waffenlieferungen an die Ukraine“ zu stellen, blieb die Welt des politischen Berlins schlagartig stehen.
(Heiterkeit bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Alle hielten den Atem an. Was würde uns erwarten? Wie würde die Ampel jetzt abstimmen? Eine Zeitung hat dann gewissermaßen – um im Bild zu bleiben – die Bombe platzen lassen und geschrieben:
Der Antrag legt die fehlende Einigkeit innerhalb der Ampel offen. Denn vor allem Liberale und Grüne fordern schon lange mehr deutsches Engagement.
Ich kann nur sagen: Messerscharf beobachtet und recherchiert! In der Tat diskutieren wir seit dem 24. Februar darüber, welches der richtige Weg ist, und zwar, wie es sich in einer Regierung gehört, in Verantwortung und übrigens nicht locker vom Hocker.
(Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)
Wir sind uns alle einig, dass wir an der Seite der Ukraine stehen, wirtschaftlich, humanitär und auch militärisch; denn an jedem Tag töten russische Soldaten unschuldige Menschen, jeden Tag zerstören, vergewaltigen, verschleppen sie und werden Menschenrechte mit Stiefeln getreten.
Ja, meine Damen und Herren, wir als Freie Demokraten sind der Meinung, dass wir in der jetzigen militärischen Lage, in der die ukrainische Armee Stück für Stück ihr Territorium zurückholt, mindestens den Transportpanzer Fuchs und den Schützenpanzer Marder liefern müssen
(Dr. Johann David Wadephul [CDU/CSU]: Sehr gut!)
und, wenn es die Lage erfordert, gegebenenfalls auch den Kampfpanzer Leopard, gerne übrigens auch im Verbund mit anderen europäischen Partnern, wie von Michael Roth vorgeschlagen.
(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Es spricht auch nichts dagegen, auch nicht bei den Verbündeten, weder in der EU noch in der NATO.
Und ja, wir sind der Überzeugung, dass wir in Deutschland unsere internationale Rolle neu definieren müssen. „ Zeitenwende“ heißt nicht nur, mehr für die Bundeswehr zu tun. Es heißt auch, Führung zu übernehmen und nicht zu warten, bis die Partner uns unbequeme Entscheidungen abnehmen. So wahr, so gut.
(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Lieber Herr Wadephul, glauben Sie im Ernst, dass, wenn es eine andere Koalition in diesem Hause gäbe, darüber nicht diskutiert würde? Sie haben doch 16 Jahre lang die Kanzlerin gestellt.
(Zurufe von der CDU/CSU)
– Ja, dumm gelaufen. – Sie haben 16 Jahre lang das Verteidigungsministerium geführt. Was ist übrig geblieben außer Ihrer Hybris? Dass Sie die eigentliche Soldatenpartei sind!
Bewaffnete Drohnen, Nachfolge von Tornado und schwerem Transporthubschrauber – alles nicht gekommen.
(Dr. Johann David Wadephul [CDU/CSU]: Das ist doch immer noch kein Argument, warum Sie nicht zustimmen! Folgen Sie doch Ihrer eigenen Meinung!)
Leere Waffendepots, kaputte Infrastruktur, und jede Bundeswehrreform wurde zu Tode diskutiert.
(Dr. Johann David Wadephul [CDU/CSU]: Darum geht es jetzt nicht!)
Was ist übrig geblieben? Der Traum eines deutschen Flugzeugträgers, eine satte Berateraffäre und eine völlig aus dem Ruder gelaufene „Gorch Fock“.
(Dr. Johann David Wadephul [CDU/CSU]: Das hat doch alles nichts mit dem Antrag zu tun!)
Sie haben ein Desaster hinterlassen.
(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Thorsten Frei [CDU/CSU]: Was hat das mit dem Thema zu tun?)
Lieber Herr Hahn, Ihre CSU-Verkehrsminister haben Straßen und Brücken so vergammeln lassen,
(Dr. Johann David Wadephul [CDU/CSU]: Machen Sie doch Gesundheitspolitik, Frau Strack-Zimmermann!)
dass die NATO, wenn sie hier in Deutschland übt, das kaum machen kann, weil die Brücken in die Knie gehen, wenn die Panzer drüberfahren.
(Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Dr. Johann David Wadephul [CDU/CSU]: Das ist doch schizophren, was Sie hier machen!)
Und wenn wir uns jetzt den Kopf darüber zerbrechen, woher wir die Waffen nehmen sollen, dann ist das Ihre Schuld. Sie haben zu verantworten, dass der Bestand der Bundeswehr so miserabel ist, dass lange nicht so viel vorhanden ist, wie wir heute bräuchten.
(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Thorsten Frei [CDU/CSU]: Was hat das mit dem Thema zu tun? Es geht darum, dass man Ausfuhrgenehmigungen macht! Das wissen Sie doch ganz genau!)
Meine Damen und Herren, wir haben am 28. April gemeinsam einen Antrag auf den Weg gebracht und unsere Regierung unter anderem aufgefordert, auch schwere Waffen bereitzustellen. Da haben Sie Verantwortung mitgetragen. Und ich sage Ihnen: Die Bundesbürger erwarten, dass Sie in dieser historischen Situation nicht kleinkariert opponieren, sondern dass wir hier zusammen – außer rechts und links – dieses Problem lösen.
(Dr. Johann David Wadephul [CDU/CSU]: Nein! Die Bürger erwarten, dass Sie zustimmen! Nicht nur Interviews geben!)
Und wenn heute Sie sagen, wir hätten nichts geliefert – Sie haben gerade die Kollegin Heinrich gehört –, dann erwidere ich: Sie wissen genau, was wir alles geliefert haben. Sie wissen auch, dass die Ukrainer weiter ausgebildet werden und dass die 100 Milliarden Euro auch dafür da sind, die Ressourcen weiter aufzufüllen.
Meine Damen und Herren, was 1 800 Kilometer von hier geschieht, ist unfassbar. Die berühmte rote Linie ist die Linie, um die es geht: Freiheit, Demokratie, in Menschenwürde leben. Diese Linie ist überschritten worden, und deswegen, meine Damen und Herren, stehen wir in der Tat auf der Seite der Ukraine. Wir müssen alles Mögliche tun, um die ukrainische Armee zu unterstützen, damit sie gewinnt und Wladimir Putin keine Chance hat.
Wir werden, wie Sie es 16 Jahre lang getan haben, wenn wir Anträge gestellt haben, Ihren Antrag in unseren Ausschuss überweisen, und dann werden wir im Detail darüber diskutieren. Dann können Sie – mit Verlaub – Ihre soldatische Hose herunterlassen und sagen, was Sie für Ideen haben, statt diese kleinkarierten Anträge einzubringen.
(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Kerstin Vieregge [CDU/CSU]: Dann ist wieder ein Monat vergangen! – Thorsten Frei [CDU/CSU]: Peinlicher Auftritt! – Peter Beyer [CDU/CSU]: Bis dahin sind wieder Tausende Menschen gestorben!)
Vielen Dank, Frau Kollegin Strack-Zimmermann. – Ich habe gerade Kopfkino.
Als nächster Redner hat das Wort der Kollege Florian Hahn, CDU/CSU-Fraktion.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7546018 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 54 |
Tagesordnungspunkt | Unterstützung der Ukraine mit schweren Waffen |