Tim KlüssendorfSPD - Änderung von Verbrauchsteuergesetzen
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Brehm, Sie sprachen eben von „Chaos“, von „drunter und drüber“.
(Sebastian Brehm [CDU/CSU]: Stimmt!)
Wenn ich mir das Verhalten der CDU/CSU-Fraktion nur aus den letzten beiden Tagen anschaue – ich rede gar nicht über die letzten Sitzungswochen –,
(Sebastian Brehm [CDU/CSU]: Sie ertragen keine Kritik!)
stelle ich fest, dass das – getreu dem Motto „Wenn Sie mit dem Finger auf andere zeigen, zeigen vier Finger auf Sie zurück“ – wohl in erster Linie auf Sie zutrifft.
(Sebastian Brehm [CDU/CSU]: Kritiklos!)
Denn ganz ehrlich: Sie schaffen es bei jedem Tagesordnungspunkt – egal ob es um Digitalisierung, um Bildung, jetzt um die Biersteuermengenstaffel, um die Gastrosteuer geht –, uns die Diskussion über die Gasumlage aufzudrücken.
(Sebastian Brehm [CDU/CSU]: Es ist ja auch ein Chaos!)
Gestern bestellen Sie in einem riesigen Theater den Bundeswirtschaftsminister her, obwohl Ihre eigenen Haushälter ihn gerade im Haushaltsausschuss befragen.
(Sebastian Brehm [CDU/CSU]: Aber er hat doch das Theater gemacht!)
Heute bekommen wir tagsüber noch diesen Entschließungsantrag zur Abschaffung der Gasumlage auf unseren Tisch gelegt, obwohl wir ganz andere Themen haben.
(Thorsten Frei [CDU/CSU]: Quatsch! Sonst wäre es doch nicht erlaubt! Werfen Sie mal einen Blick in die Geschäftsordnung!)
Das Einzige, was Sie damit verfolgen, ist parteipolitische Taktik. Es geht Ihnen null um die Inhalte. Das muss einmal gesagt werden.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)
Das finde ich besonders schade, weil wir heute schließlich auch über die Verlängerung der Gültigkeit des ermäßigten Mehrwertsteuersatzes für Speisen in der Gastronomie sprechen. Frau Karliczek, wir hatten uns dazu vor der Sommerpause schon einmal ausgetauscht. Ich habe Ihnen damals gesagt, dass wir uns um das Thema kümmern werden. Diese Koalition hat Wort gehalten und ihr Versprechen eingelöst; wir haben uns um dieses Thema gekümmert: Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf verlängern wir den ermäßigten Steuersatz um ein Jahr. Das ist eine richtige Entscheidung, und der müssen Sie gefälligst auch zustimmen.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Anja Karliczek [CDU/CSU]: Ein Jahr! Das ist der Fehler!)
Warum die Verlängerung? Die Branche leidet wirklich enorm und hat trotz eines besseren Jahres 2022 immer noch nicht wieder ihre Umsätze aus dem Jahr 2019 erreichen können. Die Jahre 2020 und 2021 sind demnach noch nicht gegessen, und die Situation ist immer noch extrem angespannt. Der immense Kostenanstieg bei Energie und Lebensmitteln, aber auch der große Fachkräftemangel sorgen für große Unsicherheit, vor allen Dingen weil wir noch nicht wissen, wie die Pandemie weitergeht, und auch nicht, welche Maßnahmen eventuell noch getroffen werden müssen.
Wir müssen hier also weiterhin unterstützen und dürfen die gastronomische Nachfrageentwicklung nicht zusätzlich gefährden. Das tun wir mit dieser Maßnahme, aber das tun wir auch mit weiteren Maßnahmen, wie zum Beispiel mit dem Kurzarbeitergeld. Die Regierung handelt hier seriös und entschlossen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Doch warum erst mal nur ein Jahr Verlängerung? Ich bin mir sicher, dass Sie darauf gleich eingehen werden. Es geht natürlich um Planungssicherheit – jetzt erst mal für ein Jahr –, und wir garantieren damit Planungssicherheit. Aber es geht auch um Mindereinnahmen. Die Mindereinnahmen betragen jetzt schon über 3 Milliarden Euro jährlich. Das sind die aktuellen Zahlen; das sind nicht die Zahlen bei vollen Umsätzen, sondern die aktuellen Zahlen. Angesichts der unglaublich angespannten Haushaltssituation besteht seriöse Politik darin, Maßnahmen immer wieder zu evaluieren und nach einem Jahr zu schauen, wie die Situation aussieht, statt einfach unbefristet die öffentlichen Haushalte in Milliardenhöhe zu belasten.
Und noch etwas: Wir reden nicht nur über die Einnahmen des Bundes, sondern gleichermaßen über die Einnahmen der Länder. Gerade die Ministerpräsidenten der Unionsparteien waren es doch in den letzten Tagen, die aus finanzpolitischen Gründen versucht haben, unsere Entlastungspakete und wichtige Entlastungsmaßnahmen der Bundesregierung zu blockieren und infrage zu stellen. Eventuell sollten Sie sich hier mal besser abstimmen; denn Ihre Handlungen sind in der Frage nicht konsistent.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Ein zweites großes Thema wird mit der Änderung der Verbrauchsteuergesetze adressiert. Das ist der Umsatzsteuerbetrug – ganz grundsätzlich. Wir führen aktuell intensive Diskussionen über die Refinanzierung staatlicher Ausgaben in Zeiten enger Haushalte. Doch es gibt einen Hebel, der im Vergleich zur Aussetzung der Schuldenbremse, zu Steuererhöhungen, zu allen anderen Maßnahmen unstrittig ist, nämlich die konsequente Bekämpfung von Steuerbetrug, vor allen Dingen von Umsatzsteuerbetrug. Bei dem Punkt gehen wir nämlich in dem vorliegenden Gesetz zumindest einen kleinen Schritt in die richtige Richtung, und zwar beim Handel von Brennstoffemissionszertifikaten. Denn der Handel mit diesen Zertifikaten ist hochgradig betrugsanfällig, und das kostet den Staat Jahr für Jahr hohe Summen, die uns bei der Bewältigung der Krise zurzeit fehlen.
Wichtig ist aber vor allem, dass es nicht bei diesem einen Schritt bleibt, sondern dass wir hier weiter dranbleiben und auch in den kommenden Wochen und Monaten nennenswerte Fortschritte verzeichnen. Wir werden den Finanzminister in die Pflicht nehmen, nicht nur weil es ein zentrales Thema aus dem gemeinsamen Koalitionsvertrag ist, sondern weil wir den großen Wurf brauchen. Wir brauchen ein elektronisches Meldesystem für Rechnungen. Das muss gelingen, und das wird auch gelingen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Hier geht es am Ende nämlich nicht um Millionen, auch nicht um Hunderte Millionen, noch nicht mal um Milliarden, sondern es geht um einen zweistelligen Milliardenbetrag pro Jahr, der alleine dem deutschen Staat vorenthalten wird. Dieser unglaublichen Ungerechtigkeit müssen wir endlich ein Ende bereiten.
Insgesamt ist das ein gutes Gesetzespaket mit wichtigen Änderungen und Maßnahmen. Ich bitte um Zustimmung zu unserer seriösen Regierungspolitik und um die Ablehnung solcher politischen Manöver wie von Ihnen heute gezeigt.
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)
Vielen Dank, Herr Kollege Klüssendorf. – Als Nächstes erhält das Wort die Kollegin Anja Karliczek, CDU/CSU-Fraktion.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7546036 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 54 |
Tagesordnungspunkt | Änderung von Verbrauchsteuergesetzen |