Artur AuernhammerCDU/CSU - Nachhaltige Verwendung von Pflanzenschutzmitteln
Verehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Wenn wir uns den Titel unseres jetzigen Tagesordnungspunktes, den die Präsidentin gerade verlesen hat, anschauen, stellen wir fest: Er klingt zunächst einmal sehr verschachtelt, sehr kompliziert und ziemlich unverständlich. Von daher: Worum geht es heute Abend? Ganz einfach gesagt: Es geht darum, dass wir dafür sorgen müssen, dass unsere Bäuerinnen und Bauern in Deutschland und in ganz Europa auch künftig ihrer Arbeit nachgehen können. Es geht darum, dass wir in Deutschland und in Europa auch in Zukunft ausreichend Nahrungsmittel für unsere Bevölkerung produzieren können.
Seit Sommer liegt nun ein Verordnungsvorschlag der EU-Kommission auf dem Tisch, der genau das infrage stellt. Deshalb sind wir als Parlament und ist unsere Bundesregierung gezwungen, zu handeln. Worum geht es bei diesem Vorschlag? Die EU‑Kommission möchte den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln drastisch reduzieren. Das ist nichts grundsätzlich Neues; das 50‑Prozent-Reduktionsziel im Rahmen des Green Deals ist bekannt. Mit dem neuen Verordnungsvorschlag wird das allerdings noch einmal konkretisiert und verschärft. Man muss sich das einmal vorstellen: In einer Zeit, in der wir wegen des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine eine deutliche Verknappung der weltweit zur Verfügung stehenden Lebensmittel beobachten können, werden Vorschläge gemacht, welche die Ertragssicherheit unserer Ernten massiv gefährden.
Nach einer Prognose der Welternährungsorganisation der Vereinten Nationen wird der Krieg gegen die Ukraine zu einem deutlichen Anstieg der Zahl der hungernden Menschen weltweit führen; die Zahl der Hungernden wird um circa 13 Millionen Menschen ansteigen. Besonders betroffen sind die Regionen Afrika und Asien. Fast auf den Tag genau seit sieben Monaten wird ein erbitterter Krieg in der Kornkammer Europas geführt und Hunger als Waffe eingesetzt.
Wir haben das in den vergangenen Monaten bereits öfter an dieser Stelle debattiert. Ich erinnere an die Debatte um die Aussetzung der 4‑prozentigen Flächenstilllegung.
(Albert Stegemann [CDU/CSU]: Richtig!)
Es war ein monatelanges Gezerre, bis auch unser Bundeslandwirtschaftsminister über seinen ideologischen Schatten gesprungen ist und den Weg für zusätzliche Anbauflächen in Deutschland frei gemacht hat. Während die Landwirte in anderen EU-Mitgliedstaaten bereits die Herbstaussaat planten und Saatgut einkauften, ließ unser Bundeslandwirtschaftsminister wichtige Zeit verstreichen.
(Beifall bei der CDU/CSU – Albert Stegemann [CDU/CSU]: So ist es! Richtig! – Patrick Schnieder [CDU/CSU]: Pfui!)
Ein Armutszeugnis, dass in einer Zeit, in der jedes Weizenkorn zählt, dem deutschen Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft die eigene Ideologie wichtiger war, als einen Beitrag Deutschlands zur Welternährung zu leisten!
(Beifall bei der CDU/CSU)
Wir von der CDU/CSU wollten Anfang August eine Sondersitzung unseres Ausschusses für Ernährung und Landwirtschaft einberufen, um bei Minister Özdemir nochmals auf die Dringlichkeit hinzuweisen. Der Antrag auf die Sondersitzung wurde abgelehnt. Das sagt auch vieles aus.
(Beifall bei der CDU/CSU – Albert Stegemann [CDU/CSU]: So ist es! Richtig!)
Das Gleiche erleben wir im Übrigen gerade in der Energiekrise. Wir haben die befristete Laufzeitverlängerung heute Morgen schon in diesem Haus debattiert. „ Jede Kilowattstunde zählt.“ Wenn ich das richtig im Kopf habe, zitiere ich damit unseren grünen Bundeswirtschaftsminister. So wie jedes Watt zählt,
(Thomas Lutze [DIE LINKE]: Kilowatt!)
zählt auch jedes Weizenkorn. Aber auch hier: ein Zögern, ein Zaudern des zuständigen Ministers mit einer vermeintlichen Scheinlösung, die niemandem etwas bringt, weil sie schlicht nicht umsetzbar ist.
An diesen zwei Beispielen kann man wunderbar sehen: Es geht der Ampel nicht darum, Politik für die Menschen in diesem Land zu machen. Es geht dieser Koalition nur darum, rot-grüne Ideologien umzusetzen, koste es, was es wolle.
(Stephan Brandner [AfD]: Das sagen wir sonst immer! Das ist unser Spruch!)
Und die FDP hilft fleißig mit.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Aber zurück zum Pflanzenschutz. Was bedeutet dieser Vorschlag? Brüssel, allen voran Klimaschutzkommissar Timmermans, strebt unter anderem ein Komplettverbot von Pflanzenschutzmitteln in Schutzgebieten, in Natura-2000-Gebieten und in Landschaftsschutzgebieten an. Ob das tatsächlich das Ende der Fahnenstange ist, lässt der Vorschlag noch offen.
Hier einmal ein paar Schätzungen: Allein 3,5 Millionen Hektar Ackerfläche in Deutschland sind betroffen; das wären circa 7 Millionen Tonnen Weizen, die wir weniger produzieren würden. Uns Landwirten wurde bei der Gebietsausweisung nachdrücklich versichert, dass die Festschreibung der FFH-Gebiete keine negativen Auswirkungen auf die dort ansässigen landwirtschaftlichen Betriebe hat. Auch der deutsche Weinbau wäre vom jetzigen Vorschlag aus Brüssel extrem negativ betroffen; für viele Regionen hätte das katastrophale Auswirkungen. Mit einem Komplettverbot würde beispielsweise die Weinerzeugung an der Mosel um circa 90 Prozent zurückgehen; das schätzt der Deutsche Weinbauverband. Ähnlich dramatisch sehe es beim deutschen Obstbau aus. In Zukunft heißt es dann: Wein und Obst aus Deutschland: Fehlanzeige!
Die Unterstützer des Timmermans-Vorschlags frage ich: Wollen Sie in Zukunft alles importieren? Möchten Sie nicht lieber Lebensmittel aus heimischer Produktion essen und trinken? Glauben Sie ernsthaft, dass Drittstaaten keine Pflanzenschutzmittel einsetzen? Das bringt mich zu einer Frage, die ich mir in der Diskussion rund um den vorgelegten Entwurf aus Brüssel mehrfach gestellt habe: Wissen die Unterstützer dieses Vorschlages eigentlich, was Pflanzenschutz ist? Glaubt die EU-Kommission überhaupt, dass die Zulassungsverfahren, die wir zurzeit haben, noch rechtskräftig sind, wenn sie mit solch einem Vorschlag vorangeht?
Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Die Kollegin Dr. Franziska Kersten hat jetzt das Wort für die SPD-Fraktion.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7546091 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 54 |
Tagesordnungspunkt | Nachhaltige Verwendung von Pflanzenschutzmitteln |