Philipp AmthorCDU/CSU - Änderung des Art. 82 GG
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist ja für sich genommen schon bemerkenswert, dass wir nach 23 Uhr über eine Grundgesetzänderung beraten. Noch bemerkenswerter ist, dass diese Grundgesetzänderung von der Regierung vorgeschlagen wird, die Opposition aber aufgrund von Arbeitsvermeidung und zu Protokoll gegebener Reden in diese Debatte einführen soll; das ist schon bemerkenswert.
(Carsten Träger [SPD]: Hast du eine Ahnung, warum? – Judith Skudelny [FDP]: Kannst mal rübergucken! Da hockt der Minister! Als ihr regiert habt, waren die nicht da!)
Ich will Ihnen sagen: In der Sache ist die Änderung, die hier vorgeschlagen wird, nicht wirklich revolutionär oder bahnbrechend. In der Sache ist dagegen auch keine riesige Kritik vorzubringen. Gegen eine vollständige Digitalisierung des Bundesgesetzblattes spricht nichts Gravierendes, und es ist auch gut, das Veröffentlichungs- und Verkündungswesen von Gesetzen zu beschleunigen. Wir kennen das aus einigen Bundesländern, wir kennen das aus der Europäischen Union, aus vielen anderen europäischen Staaten.
Aber auch wenn es 23 Uhr ist und es sich um eine vermeintliche Kleinigkeit handelt, müssen wir sagen: Liebe Kolleginnen und Kollegen, Verfassungsrecht ist nie eine Petitesse, Verfassungsrecht ist nie nur technisch, und Verfassungsrecht verdient auch in den vermeintlichen Kleinigkeiten Respekt.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Deswegen habe ich zum Verfahren zwei Anmerkungen: Zum einen sollten wir auch bei vermeintlich kleinen Verfassungsänderungen – das will ich in Richtung der Ampel klar sagen – über Fragen der Mathematik nachdenken; denn die Mathematik zeigt deutlich, liebe Kolleginnen und Kollegen: Die Ampel hat hier eine Mehrheit; sie hat aber eine einfache Mehrheit und keine Zweidrittelmehrheit.
(Helge Limburg [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir haben eine Kanzlermehrheit!)
Und es gibt – das will ich für meine Fraktion ausdrücklich sagen – keinen Automatismus, dass wir den von Ihnen vorgeschlagenen Verfassungsänderungen einfach zustimmen. Dafür gibt es Voraussetzungen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Eine dieser Voraussetzungen ist ein vernünftiger Umgang mit der Opposition, und den erleben wir im Moment nicht.
(Stephan Brandner [AfD]: Aha! Hört! Hört!)
Der Bundeskanzler beantwortet Schreiben des Oppositionsführers mit der Aufforderung zur Abgabe von Regierungserklärungen nicht, mit Ihrer Verfahrensmehrheit zwingen Sie uns zu Hauruckanhörungen usw.
(Zuruf der Abg. Judith Skudelny [FDP])
Ich sage Ihnen: Seien Sie nicht so kühn, einen Automatismus anzunehmen, dass wir den von Ihnen vorgeschlagenen Änderungen einfach zustimmen.
(Beifall bei der CDU/CSU – Stephan Brandner [AfD]: Das ist fast Erpressung, Herr Amthor! Wie sind Sie denn drauf?)
Zum anderen kann ich nur davor warnen, dass man hier verfassungsrechtliche Rosinenpickerei betreibt und sagt: Na gut, das ist eine Kleinigkeit; darüber stimmen wir jetzt mal ab. – Es gibt noch viele andere Themen. Sie wollen doch eine moderne Fortschrittskoalition sein.
(Zuruf des Abg. Sebastian Hartmann [SPD])
Dann machen Sie uns doch mal einen zusammenhängenden Vorschlag: Zentralstellenfunktion des BSI im Grundgesetz, aktive Cyberabwehr, Kinderrechte ins Grundgesetz, Kultur als Staatsziel und was Sie noch so alles wollen. Nicht diese Rosinenpickerei, sondern zusammenhängende Vorschläge – das würden wir erwarten.
Ich sage Ihnen: Wir sind offen für die Beratung. Aber es geht nicht, dass man einfach von der Zustimmung der größten Oppositionsfraktion
(Judith Skudelny [FDP]: Mimimi!)
hier im Parlament ausgeht. Da erwarte ich einen anderen Stil, und das ist auch Ihre Verpflichtung in den Beratungen, Herr Justizminister.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Das Wort hat der Bundesminister der Justiz, Dr. Marco Buschmann.
(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7546133 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 54 |
Tagesordnungspunkt | Änderung des Art. 82 GG |