23.09.2022 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 55 / Tagesordnungspunkt 28

Diana StöckerCDU/CSU - Finanzielle Stabilisierung der gesetzlichen Krankenversicherung

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Eines ist klar: Die Finanzen der gesetzlichen Krankenkassen werden im kommenden Jahr ein enormes Defizit aufweisen. Nicht klar ist aber, wie hoch der Fehlbetrag nun tatsächlich sein wird. Die 17 Milliarden Euro – das zeichnet sich jetzt schon ab – werden nicht ausreichen, und die Folgejahre sehen nicht besser aus.

Daher ist es umso wichtiger, strukturelle und vor allem nachhaltige Reformschritte zu gehen, und zwar jetzt. Ankündigungen haben wir genug gehabt.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Herr Minister, was Sie bei diesem Gesetzentwurf machen, ist kreativlos, mit heißer Nadel gestrickt und rein auf kurzfristigen Ertrag angelegt. Sie drehen allein an den Stellschrauben Rücklagen, Einnahmen und Ausgaben aller beteiligten Akteure. Der hessische Ministerpräsident Boris Rhein formulierte kürzlich zu Recht: Schnelles Geld durch schnelle Schnitte – sämtliche Bereiche unseres Gesundheitswesens werden bis zur Schmerzgrenze belastet.

Herr Minister, mit dem vorliegenden Entwurf schaffen Sie ein Destabilisierungsgesetz – das haben verschiedene Kollegen hier auch schon so genannt – und gefährden sowohl das Gesundheitssystem als auch die Versorgung der Versicherten und Patienten in Deutschland. Von wegen, die kriegen nichts mit, keine Leistungskürzungen. Und nicht nur das: Sie gefährden zudem Deutschland als Standort für Innovation und Investition.

(Beifall bei der CDU/CSU – Heike Baehrens [SPD]: Ach nee! Größer geht’s nicht, was?)

Flickschusterei tritt an die Stelle von sogar in Ihrem Koalitionsvertrag festgeschriebenen strukturellen Maßnahmen. Warum setzen Sie den höheren Zuschuss an die gesetzlichen Krankenkassen für Arbeitslosengeld-II-Bezieher nicht um? Damit würden die gesetzlichen Krankenversicherungen auf einen Schlag und jedes Jahr um rund 10 Milliarden Euro mindestens entlastet werden, und zwar nachhaltig und langfristig.

(Beifall bei der CDU/CSU – Maria Klein-Schmeink [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es wäre schön gewesen, wenn Sie das in der letzten Wahlperiode schon beschlossen hätten! Sehr schön wäre das gewesen!)

In jedem Wirtschaftsbetrieb gilt Kostentransparenz: Dort, wo und wie die Kosten entstehen, müssen sie auch abgebildet und gedeckt werden. Für die Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung gilt dies bisher nicht.

Eines der größten Löcher in der gesetzlichen Krankenversicherung entsteht genau dadurch, dass die Gesundheitsversorgung der Menschen, die Arbeitslosengeld II beziehen, einfach nicht kostendeckend durch den Bund finanziert wird.

(Heike Baehrens [SPD]: Neue Erkenntnis der Union!)

Es geht dabei nicht um Kleingeld, liebe Frau Baehrens, sondern um 10 Milliarden Euro pro Jahr, ein Leck, das aktuell durch Ihre Regierung, Herr Minister, repariert werden könnte.

(Christine Aschenberg-Dugnus [FDP]: Was haben Sie denn dagegen gemacht?)

Die Gesundheitsversorgung von Menschen, die Arbeitslosengeld II beziehen, wird in der jetzigen Struktur von den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, die in die gesetzliche Krankenversicherung einzahlen, mitgetragen, und diese werden nun mit einer Beitragserhöhung zusätzlich zu den sonstigen gestiegenen Lebenshaltungskosten zur Kasse gebeten. Zudem werden die Beiträge, die die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in den vergangenen Jahren bereits in ihre Krankenkassen geleistet haben, stark abgeschmolzen, obwohl sie eine wichtige Rücklage für die Krankenkassen und die Liquiditätsreserve für den Gesundheitsfonds sind. Die Sorge treibt unsere Bürgerinnen und Bürger zu Recht um, dass die abgebauten Reserven der Kassen absehbar zu weiteren Beitragssteigerungen führen werden.

Warum dynamisieren Sie dahin gehend den Bundeszuschuss nicht – der Ausgleich aus Steuermitteln steht doch in Ihrem Koalitionsvertrag –, und zwar jetzt und nicht wieder als Ankündigung?

(Beifall bei der CDU/CSU – Maria Klein-Schmeink [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das habt ihr vor Jahren auch schon angekündigt, und zwar unter guten finanziellen Voraussetzungen!)

Ein einmaliger zusätzlicher Bundeszuschuss, wie Sie ihn vorschlagen, verknüpft mit einem Bundesdarlehen, stellt sicher keinen nachhaltigen Finanzierungsbeitrag zur Sicherung der GKV-Finanzierung dar.

Diese Ampel hat offensichtlich nicht mal die Kraft, die eigenen Vorhaben umzusetzen. Wir fordern Sie daher auf, den vorliegenden Gesetzentwurf zu überarbeiten und unser Gesundheitswesen nicht weiter zu belasten. Der vorgelegte Entwurf löst nicht die Probleme der Krankenversicherung, er schafft neue und ist daher der falsche Weg.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Nächste Rednerin: für die SPD-Fraktion Heike Baehrens.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

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Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7546177
Wahlperiode 20
Sitzung 55
Tagesordnungspunkt Finanzielle Stabilisierung der gesetzlichen Krankenversicherung
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