23.09.2022 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 55 / Tagesordnungspunkt 28

Heike BaehrensSPD - Finanzielle Stabilisierung der gesetzlichen Krankenversicherung

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die gesetzliche Krankenversicherung hat sich in Pandemiezeiten als stabiler Faktor erwiesen, und trotzdem hat diese größte Gesundheitskrise der Nachkriegszeit Spuren hinterlassen: Überfällige Reformen wurden hintangestellt, finanzielle Polster aufgebraucht. Entschiedene Maßnahmen sind jetzt notwendig, um die gute und solidarische Gesundheitsversorgung in unserem Land für alle zu sichern.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

In Krisenzeiten gilt es, die Reihen zu schließen und zusammenzustehen. Da ist es mehr als befremdlich, wenn die Fraktion, die in den letzten zehn Jahren das Gesundheitsministerium geführt, die Gesundheitsminister gestellt und ganz wesentlich zu der aktuellen Kostendynamik beigetragen hat, jetzt mit dem Finger auf die Ampelregierung zeigt.

Sie als CDU/CSU waren es – nur mal ein Beispiel –, die trotz offensichtlicher jahrelanger Ausgabenzuwächse bei patentierten Arzneimitteln die Reformen im AMNOG-Verfahren auf die lange Bank geschoben haben, und das, obwohl allen Kennern der Reformbedarf längst klar war. Das gehen wir jetzt an.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP – Zuruf von der CDU/CSU: Wo war denn da die SPD?)

Der vorliegende Gesetzentwurf bietet eine gute Grundlage, um die dringend notwendige zeitnahe Stabilisierung der Kassenfinanzen zu gewährleisten. Aber uns allen ist klar, dass damit noch keine nachhaltige Konsolidierung erreicht wird. Um unser Gesundheitssystem auf einem guten Qualitätsniveau funktions- und leistungsfähig zu erhalten, ist es notwendig, Effizienzreserven zu heben und die überfälligen Strukturreformen auf den Weg zu bringen. Das haben wir uns als Ampelkoalition nicht nur vorgenommen, sondern das packen wir an,

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

im ersten Schritt mit den nun zu diskutierenden Maßnahmen zur kurzfristigen Kostendämpfung, aber im zweiten Schritt eben mit den langfristig wirksamen Strukturmaßnahmen, die bis Ende Mai nächsten Jahres vorliegen werden. Selbstverständlich werden wir dafür sorgen, dass Krankenhäuser, Gesundheits- und Pflegeeinrichtungen nicht von den aktuellen Preissteigerungen überfordert werden. Auch daran arbeitet die Regierung gerade mit Hochdruck, und Minister Karl Lauterbach hat zugesagt, in Kürze dazu einen konkreten Vorschlag vorzulegen.

Ja, ich habe es vorhin bereits gesagt: In Krisenzeiten heißt es, zusammenzustehen: Jede und jeder muss einen Beitrag dazu leisten, damit die Krise nicht zum Kollaps wird. Dass die Kritik an diesem Gesetzentwurf nun aus allen unterschiedlichen Richtungen kommt, kann ich verstehen. Es zeigt aber auch, dass hier alle ein Stück weit in die Verantwortung genommen werden.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP – Ates Gürpinar [DIE LINKE]: Nur die Gutverdienenden nicht!)

Da muss ich doch noch mal auf das eingehen, was der Gesundheitsminister aus Bayern vorhin hier gesagt hat.

(Tino Sorge [CDU/CSU]: Guter Mann!)

Denn es reicht nicht, wenn die CDU- und CSU-Ministerpräsidenten oder -Gesundheitsminister hier immer nur mit dem Finger auf den Bund zeigen und das Geld vom Bund einfordern.

Janosch Dahmen hat es vorhin beim Thema Krankenhäuser auf den Punkt gebracht: Jahrelang haben hier die Bundesländer keine ausreichende Investitionsfinanzierung gemacht und damit Mittel aus dem Solidarsystem herausgesaugt.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Wir haben heute die Situation, dass in vielen Bereichen die Krankenhäuser tatsächlich marode und dringend auf Hilfe angewiesen sind, und das ist im Wesentlichen die Verantwortung, die auf Länderseite wahrgenommen werden muss.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Ich sage Ihnen auch: Wir werden Sie im nächsten Jahr stellen. Denn wenn es um die notwendigen Strukturreformen geht, werden wir auch darüber reden müssen, ob nicht die Arzneimittel bei der Mehrwertsteuer entlastet werden müssen. Es ist doch nicht nachvollziehbar, dass Tierarzneimittel mit einem niedrigen Mehrwertsteuersatz belastet werden, aber die Humanarzneimittel mit dem vollen Mehrwertsteuersatz. Und dann diskutieren wir mal, ob die Länder bereit sind, ihre Verantwortung wahrzunehmen.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ob es in diesem Gesetzentwurf ausreichend gerecht zugeht oder ob das eine oder andere vielleicht noch geändert werden muss, werden wir sehr sorgfältig im Rahmen des nun beginnenden parlamentarischen Verfahrens prüfen und diskutieren. Für meine Fraktion jedenfalls kann ich schon jetzt sagen, dass wir durchaus noch Redebedarf haben, wie wir auch das auf den Weg bringen können, was wir ganz konkret im Koalitionsvertrag miteinander vereinbart haben. Lassen Sie uns heute und im weiteren parlamentarischen Verfahren intensiv und respektvoll diskutieren.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Nächster Redner: für die CDU/CSU-Fraktion Dr. Georg Kippels

(Beifall bei der CDU/CSU)

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Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7546178
Wahlperiode 20
Sitzung 55
Tagesordnungspunkt Finanzielle Stabilisierung der gesetzlichen Krankenversicherung
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