23.09.2022 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 55 / Tagesordnungspunkt 30

Katja AdlerFDP - 16. Kinder- und Jugendbericht

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Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Als der Bericht am 11. November 2020 veröffentlicht wurde, hieß die Bundesfamilienministerin noch Franziska Giffey und die Bundeskanzlerin Angela Merkel und Deutschland befand sich zwischen dem ersten und dem zweiten Lockdown inmitten einer nahezu alles auf den Kopf stellenden Coronapandemie – eine Zeit, in der Schul- und Kitaschließung, Distanzunterricht, Fernstudium oder die Ein-Freund-Vorgabe das Leben von Kindern und Jugendlichen bestimmte. Wenig überraschend wird im 16. Kinder- und Jugendbericht diese prägende Coronakrise für die 13,5 Millionen Kinder und Jugendlichen in unserem Land als „Stresstest für die offene demokratische Gesellschaft“ bezeichnet.

Nun, knapp zwei Jahre später, finden sich diese Kinder und Jugendlichen in einer gesellschaftlichen und politischen Situation wieder, die wir als multiple Krisensituation bezeichnen können. Mit der nicht enden wollenden Coronapandemie, dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine, der Energiekrise, der Inflation und der drohenden Rezession befindet sich nicht nur Deutschland in einer umfassenden Zeitenwende – und mittendrin: unsere Kinder und Jugendlichen. Im Kontext dieser Megakrisen wird einmal mehr deutlich, dass Demokratie und demokratisches Verhalten nicht automatisch passieren. Dies muss von jeder neuen Generation neu gelernt und eingeübt werden.

(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Kritisch sein, Prozesse, Entscheidungen und Gegebenheiten hinterfragen, Verbündete finden, Mehrheiten bilden, für etwas einstehen, sich beteiligen – das alles ist Demokratie. Dafür braucht es Kenntnis, Kenntnis über unser demokratisches, freiheitliches politisches System, über Beteiligungsmöglichkeiten, Kenntnis aber auch über die Gefahren für unsere Demokratie. Es braucht politische Bildung. Dies zu vermitteln, ist unsere gesamtgesellschaftliche Aufgabe.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Wie oft hört man: „Was die da oben in ihrem Elfenbeinturm in Berlin entscheiden, kann ich doch eh nicht beeinflussen“? Es ist unsere Aufgabe, diese Annahme zu widerlegen und gleichzeitig über Beteiligungsmöglichkeiten zu informieren. Politische Bildung findet in ganz vielen und ganz unterschiedlichen Lebensräumen statt. 94 Prozent der Drei- bis Fünfjährigen und jedes dritte Kind unter drei Jahren wird in einer Kindertageseinrichtung betreut. Positiv ist, dass 12 von 16 Bundesländern in ihren Bildungsplänen Demokratiebildung als wichtigen Aspekt pädagogischer Bildungsarbeit in Kitas verankert haben.

Politische Bildung findet natürlich auch in Schulen statt, und natürlich liegt ihre Ausgestaltung dann auch in der Zuständigkeit der Länder. Diese Länderkompetenz führt – das zeigt der Bericht auch auf – auch auf der politischen Bildungsebene zu Unterschieden in der Qualität und Quantität unter den Ländern und leider auch unter den einzelnen Schulformen.

Wie großartig ist es, zu sehen, dass nun endlich auch wieder Schulklassen hier auf den Besuchertribünen Platz nehmen. Jeder Jugendliche sollte bis zu seinem Schulabschluss oder seinem 18. Geburtstag die Möglichkeit bekommen, wenigstens einmal in Berlin gewesen zu sein und den Deutschen Bundestag als das Herz unserer demokratischen Entscheidungen besucht zu haben.

(Beifall bei der FDP, der SPD, der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Politische Bildung passiert aber auch außerhalb der institutionellen Bildungseinrichtungen. Dies müssen wir verstehen und lenken. Soziale Netzwerke werden heute von nahezu allen Kindern und Jugendlichen auch als ein Instrument ihrer Information genutzt. 80 Prozent der Kinder und Jugendlichen zwischen 12 und 18 Jahren nutzen Youtube mehrmals am Tag. 50 Prozent nutzen TikTok oder Instagram. Und auch hier werden politische Inhalte vermittelt, mittlerweile selbst von Influencerinnen und Influencern. Sie und auch Erklärvideos, Infokacheln, Reels machen heute Meinung. Umso wichtiger ist es, dass wir eine unabhängige Medienstruktur haben, dass wir sie stärken. Denn Medien müssen neutral und weltoffen sein, um eine eigene Meinungsbildung zu ermöglichen.

Kinder und Jugendliche politisch zu bilden, bedeutet auch, sie für die Gefahren für unsere freiheitliche Demokratie zu sensibilisieren. Denn neben dem Thema „sexualisierte Gewalt“ folgt auf Platz zwei der Gefahren für Kinder und Jugendliche schon der politische Extremismus. Hier müssen wir sowohl auf den Rechts-, aber auch auf den Linksextremismus achten.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Paul Lehrieder [CDU/CSU])

Die angesprochenen Risiken haben wir in der Fortschrittskoalition erkannt und auch als konkrete Handlungsaufgabe angenommen. Die von der Koalition erarbeitete Jugendstrategie wird alle Ressorts mit einbinden und über 160 Maßnahmen in neuen Handlungsfeldern bündeln. Ein guter Auftakt, auch als Dialog mit den Ländern, mit den Kommunen, der Zivilgesellschaft und den jungen Menschen, war die Bundesjugendkonferenz Anfang September. Ich lade alle Jugendlichen ein, diese Möglichkeit zu nutzen –

Frau Kollegin Adler, kommen Sie zum Schluss, bitte.

– und sich zu beteiligen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Kollegin Adler. – Nun spricht Heidi Reichinnek, Fraktion Die Linke, zu uns.

(Beifall bei der LINKEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7546207
Wahlperiode 20
Sitzung 55
Tagesordnungspunkt 16. Kinder- und Jugendbericht
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