Jens TeutrineFDP - Maßnahmenpaket zur Bekämpfung von Energiekrise und Inflation
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meistens ist es gar nicht so interessant, was Politiker sagen. Viel häufiger ist es interessant, worüber Politiker auch mal schweigen, wozu sie nichts sagen.
(Stephan Brandner [AfD]: Gutes Wortspiel!)
Der AfD-Redner hat nichts zu dem russischen Angriffskrieg gesagt. Er hat nichts über die Kriegsverbrechen gesagt und die Folter an Soldatinnen und Soldaten.
(Stephan Brandner [AfD]: Das ist nicht das Thema in der Debatte!)
Er hat nichts über die Vergewaltigungen gesagt. Er hat nichts über die Verschleppungen von Kindern gesagt. Stattdessen unterstellt er dieser Bundesregierung, einen Wirtschaftskrieg zu führen. In Wahrheit müssen Sie den Täter beim Namen nennen: Wladimir Putin führt einen Angriffsangriff.
(Norbert Kleinwächter [AfD]: Aserbaidschan!)
Das haben Sie verschwiegen, und das verschweigen Sie immer wieder ganz bewusst.
(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Dr. Götz Frömming [AfD]: Das haben wir schon 50 000‑mal gesagt!)
Es gibt etwas – das wird jetzt vielleicht einige Zuschauer überraschen –, das viele Abgeordnete in diesem Haus gemeinsam haben, sogar Abgeordnete der AfD: An diesem Wochenende werden sie nämlich wieder in ihre Wahlkreise fahren. Sie werden wieder mit den Menschen sprechen. Der Unterschied ist nur, dass die meisten Abgeordneten der demokratischen Parteien in ihre Wahlkreise nach Deutschland fahren und Ihre Abgeordneten lieber nach Russland fahren, wie die vier Landtagsabgeordneten.
(Zurufe von der AfD)
Frau Weidel sagt dann, sie würden eine Privatreise unternehmen und man wusste von allem nichts. Andere AfD-Abgeordnete sagen: Wir wussten davon, dass die in die Kriegsgebiete reisen wollen und dass das vom Landtag in Sachsen-Anhalt finanziert wird.
(Hannes Gnauck [AfD]: Reden Sie noch zum Antrag?)
Sie machen Wahlkreisarbeit in Russland und tun so, als würden Sie die Interessen der Menschen in Deutschland vertreten.
(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Wenn Sie sagen: „Deutschlands Interessen zuerst“, meinen Sie: Putins Interessen zuerst.
(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Herr Kollege Teutrine, erlauben Sie eine Zwischenfrage?
Nein, ich erlaube keine Zwischenfrage.
(Stephan Brandner [AfD]: Feigling! – Weiterer Zuruf von der AfD: Feigling! – Stephan Brandner [AfD]: Lügner und Feigling!)
Kleinen Moment, bitte. – Herr Kollege Brandner, ich erteile Ihnen für den Zwischenruf „Lügner“ einen Ordnungsruf.
(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der FDP und der LINKEN)
Und ich warne Sie noch mal: Die nächste Maßnahme von mir wird ein Ordnungsgeld sein. Ich kündige das bereits jetzt an. Das muss ich tun, weil diese ständigen Zwischenrufe Ihrerseits den Ablauf massiv stören.
Herr Teutrine, Sie haben das Wort.
(Sebastian Münzenmaier [AfD]: Ich dachte, Zurufe gehören zum parlamentarischen Ton!)
Aber es ist richtig, dass die Bundesregierung weiter um Entlastungen ringt. Es sind schon einige auf den Weg gebracht worden. In dieser Woche haben wir beispielsweise das Inflationsausgleichsgesetz eingebracht, um die Mehrbelastungen für die Mitte der Gesellschaft abzufedern, für diejenigen, die arbeiten gehen.
Die Grünen haben in der Debatte transparent gemacht – der Kollege Audretsch –, dass sie dieses Vorhaben nicht unterstützt hätten, dass es ein Kompromiss ist und eine Entscheidung gegen andere Entlastungen. Umso wichtiger ist es, dass es den Bundesfinanzminister Christian Lindner gibt, damit sich auch jemand für Entlastungen der Mitte der Gesellschaft starkmacht; denn die hat es auch verdient und ist ebenfalls von der Inflation betroffen.
(Beifall bei der FDP)
In den letzten Tagen wurde ja auch viel über das Bürgergeld gesprochen, über den Inflationsausgleich für Menschen in der Grundsicherung. Im Hartz‑IV-System wären es 20 Euro mehr gewesen, beim Bürgergeld sind es jetzt 50 Euro pro Monat mehr.
Die Kollegin der CDU/CSU hat eben dazwischengerufen, welche Katastrophe es sei, dass man das Bürgergeld erhöht.
(Maximilian Mörseburg [CDU/CSU]: Der Regelsatz! So ein Quatsch! Haben Sie das mal durchgelesen, was Sie da beschließen?)
Ich finde, die Union hat eine wichtige staatspolitische Verantwortung, nämlich die Regierung zu treiben. Es ist wichtig, dass Sie die Regierung treiben und sie kritisieren und das nicht den Rändern überlassen. Es ist wichtig, dass Sie eigene Vorschläge machen, von denen wir sogar einige unterstützen, beispielsweise was den Weiterbetrieb der Kernkraftwerke angeht. Aber es gehört auch zu einer konstruktiven Oppositionsarbeit, dass man nicht sechs Monate im Ausschuss fordert, dass der Regelsatz erhöht wird, und sich jetzt beschwert, dass der Regelsatz erhöht wird. Kritisieren Sie uns hinsichtlich der Sanktionen oder einer nachhaltigen Integration in den Arbeitsmarkt! Aber es ist unehrlich, dass Sie in der Öffentlichkeit die Erhöhung des Bürgergeldes kritisieren, wenn Sie selbst das in den letzten Monaten immer und immer wieder gefordert haben.
(Zuruf des Abg. Kai Whittaker [CDU/CSU])
Seien Sie wenigstens so ehrlich und sagen Sie heute, dass Sie gegen eine Erhöhung der Gelder für Menschen am Existenzminimum sind!
(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Es ist richtig, Menschen zu unterstützen, die von Sozialleistungen abhängig sind. Es ist aber auch richtig, die Mitte der Gesellschaft in den Blick zu nehmen. Genauso richtig ist es, bei den Ursachen der Inflation anzusetzen und das Angebot zu erweitern. Als Fraktion stehen wir weiterhin dazu, dass es richtig ist, die klimaneutralen Kernkraftwerke weiter zu betreiben.
(Zurufe von der CDU/CSU)
Das ist eine Frage der Vernunft. Es kostet uns ebenfalls Geld, sie im Reservebetrieb zu halten. Aber es ist notwendig, um angesichts der aktuell steigenden Strompreise eine dämpfende Wirkung zu erzielen.
Es geht um den Dreiklang: Ja, wir müssen die Menschen am Existenzminimum absichern. Aber die Inflation reicht bis in die Mitte der Gesellschaft, und diese Menschen müssen ebenfalls entlastet werden. Auch Unternehmen und Selbstständige müssen entlastet werden.
(Ates Gürpinar [DIE LINKE]: Werden sie aber nicht!)
Neben LNG-Terminals und der Anwendung von Biogasmasse müssen wir aber auch über den Weiterbetrieb von klimaneutralen Kernkraftwerken diskutieren. Wir werden uns dafür starkmachen. Wir freuen uns auf eine Opposition, die auch da die Regierung treibt.
Ich freue mich auf die weitere Debatte im Ausschuss.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Für die SPD-Fraktion hat nun der Kollege Takis Mehmet Ali das Wort.
(Beifall bei der SPD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7546222 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 55 |
Tagesordnungspunkt | Maßnahmenpaket zur Bekämpfung von Energiekrise und Inflation |