Jana SchimkeCDU/CSU - Verordnungsermächtigungen beim Kurzarbeitergeld
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich glaube, wir alle hier sind uns einig, dass das Kurzarbeitergeld eines der wichtigsten arbeitsmarktpolitischen Instrumente ist, das wir in Krisenzeiten haben. Man muss aber dennoch festhalten – und das ist das Dramatische an der heutigen Debatte –, dass die Ampelregierung immer noch an einer Sozial- und Arbeitsmarktpolitik wie in Hochkonjunkturzeiten festhält.
Ich will Ihnen das erläutern: Die Inanspruchnahme von Kurzarbeitergeld ging dramatisch zurück. Wir hatten in Coronazeiten mit dem erleichterten Zugang zum KUG noch 4,6 Prozent aller sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in Kurzarbeit. Zum Juni dieses Jahres sank der Anteil auf nur noch 0,8 Prozent. Bei meiner Kritik, die ich hier heute äußere, geht es gar nicht um das KUG, vielleicht nicht einmal um den erleichterten Zugang. Meine Kritik zielt darauf ab, dass die Bundesregierung noch immer nicht erkannt hat, welche Maßnahmen wir jetzt eigentlich bräuchten, um Arbeitsplätze in diesem Land zu erhalten und die Existenz von Unternehmen zu sichern.
(Beifall bei der CDU/CSU – Zurufe von der SPD: Gasembargo!)
Es geht nämlich, liebe Kolleginnen und Kollegen, nicht mehr um die Frage, wie man eine Krise überbrückt; es geht um die blanke Existenz.
Und mit der Einführung der Gasumlage – ich muss das einmal fachfremd in dieser Sozialdebatte einbringen – etablieren Sie ein Instrument, das dazu führen wird, dass sich Unternehmen vom Markt in Deutschland verabschieden werden.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Norbert Kleinwächter [AfD])
Die Gasumlage führt dazu, dass die finanziellen Belastungen von Betrieben derart steigen, dass sie hier in Deutschland nicht mehr wettbewerbsfähig produzieren können. Was tun sie? Sie setzen sich ins Ausland ab oder machen ganz dicht. Da können Sie sich Ihr Kurzarbeitergeld auch sparen, so bedauerlich das ist.
(Dr. Götz Frömming [AfD]: Vielleicht ist das die Absicht!)
Das Kurzarbeitergeld hilft in dieser Krise nicht mehr, meine Damen und Herren. Und statt einer Gasumlage brauchen wir einen Gaspreisdeckel;
(Frank Bsirske [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist ja ganz was Neues! – Zuruf des Abg. Dr. Martin Rosemann [SPD])
den haben wir hier heute vorgeschlagen. Das wäre die einzig wirksame, gute Maßnahme, die unser Land, die unsere Wirtschaft in dieser Zeit braucht.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Die neue BA-Chefin Andrea Nahles – das will ich an der Stelle auch gesagt haben – wies kürzlich auf die dramatische Finanzlage der Bundesagentur für Arbeit hin. Wenn wir davon ausgehen, dass die Inanspruchnahme von KUG unter erleichterten Bedingungen künftig möglicherweise steigen wird, dann wird es natürlich auch teurer, liebe Kolleginnen und Kollegen. Nur: Die 26 Milliarden Euro Rücklage, die wir uns in wirtschaftlich guten Zeiten erarbeitet haben, sind weg. Die BA lebt von Steuergeld und braucht sogar noch mehr, nämlich 2 Milliarden Euro zusätzlich.
(Zurufe von der SPD)
Und was sagt die BA-Chefin, zu der Sie ja politisch eine besondere Nähe haben, noch, liebe Kolleginnen und Kollegen? Sie sagt, dass sie nicht auf eine weitere Krise vorbereitet ist. Wir sind nicht auf eine weitere Krise vorbereitet. Wir können uns solche Instrumente nicht mehr leisten.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Bernd Rützel [SPD]: Welche Instrumente können wir uns nicht mehr leisten? – Dr. Martin Rosemann [SPD]: Sie wollten doch die Beiträge zur Arbeitslosenversicherung senken! – Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was ist denn jetzt der Vorschlag? Die Gasumlage abzuschaffen, oder was? Ist das jetzt Ihr Vorschlag?)
Deshalb wird nicht einmal mehr ausgeschlossen, dass auch der Beitragssatz zur Arbeitslosenversicherung künftig steigen wird.
(Filiz Polat [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Frau Schimke, es ist Freitagnachmittag, aber es ist verwirrend! Was wollen Sie denn jetzt? Kurzarbeitergeld – ja oder nein?)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, das noch als Letztes. Die größte Sünde in diesem Vorschlag ist die weitere Anrechnungsfreiheit bei Minijobs. Diese Regelung haben wir in der Coronakrise eingeführt, weil wir wollten, dass Menschen, die nicht arbeiten gehen konnten, sich dennoch etwas in der Landwirtschaft oder im Handel dazuverdienen konnten. Dieses Ziel hatte das Instrument. Das wird jetzt fortgeführt. Man kriegt Kurzarbeitergeld und darf noch etwas obendrauf verdienen. Können wir uns das wirklich noch leisten? Ich glaube, nicht, meine Damen und Herren.
Machen Sie weniger Leistungsausweitungen! Machen Sie mehr angebotsorientierte Politik! Führen Sie ein Belastungsmoratorium für die deutsche Wirtschaft ein! Bauen Sie Bürokratie ab! Schaffen Sie mehr Flexibilisierung! So haben wir vielleicht noch eine Chance, durch diese Krise zu kommen.
Vielen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Klaus Stöber [AfD] – Dagmar Schmidt [Wetzlar] [SPD]: Gut, dass Sie nicht regieren! – Weitere Zurufe von der SPD und der Abg. Filiz Polat [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] – Gegenruf des Abg. Dr. Götz Frömming [AfD]: Das war zu viel Wahrheit auf einmal!)
Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat nun Beate Müller-Gemmeke das Wort.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7546232 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 55 |
Tagesordnungspunkt | Verordnungsermächtigungen beim Kurzarbeitergeld |