23.09.2022 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 55 / Zusatzpunkt 8

Simona KoßSPD - Aktuelle Stunde - Lehren aus dem ARD-Skandal

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! „ Lehren aus ARD-Skandal ziehen: öffentlich-rechtlichen Rundfunk jetzt grundsätzlich reformieren“: So lautet der einigermaßen konstruktive Titel der heutigen Aktuellen Stunde – einigermaßen deswegen, weil sich die Vorfälle, über die wir reden, nicht bei der gesamten ARD ereignet haben,

(Tino Chrupalla [AfD]: Einzelfälle?)

sondern allein bei zwei Sendeanstalten, und zwar bei dem Rundfunk Berlin-Brandenburg und dem Norddeutschen Rundfunk. Auf die anderen sieben ARD-Anstalten – von Radio Bremen über den Hessischen Rundfunk bis hin zum Südwestrundfunk – beziehen sich diese Vorwürfe nicht.

Und schaut man genauer hin, dann sieht man, dass wir es in beiden Fällen mit Führungsproblemen zu tun haben. Beim RBB stehen erhebliche Compliance-Verstöße im Raum, beim NDR geht es darum, dass eine Redaktionsleitung eine ihr unbequeme Berichterstattung unterbunden hat.

(Zuruf von der AfD: So was!)

Ich will sehr, sehr vorsichtig sein; denn noch laufen die zum Teil staatsanwaltlichen und zum Teil senderinternen Untersuchungen. Aber das, was im Raume steht, hat mit dem Kopf der Anstalten, nicht aber mit dem Körper zu tun. Es ist – ich wiederhole mich – ein Führungsproblem.

Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter – sowohl beim RBB als auch beim NDR – fühlen sich bei ihrer Ehre gepackt und rollen seit Beginn der Vorwürfe die Fakten auf. Ich bin sehr beeindruckt, in welcher Tiefe und mit welchem Nachdruck die Journalistinnen und Journalisten jetzt die Missstände recherchieren, ansprechen und aufarbeiten. Diese Aufarbeitung schmerzt ganz sicher an vielen Stellen, vor allem, weil sie unter den Augen der Öffentlichkeit stattfindet,

(Dr. Götz Frömming [AfD]: Das tut mir aber leid!)

aber sie ist notwendig. Nur so kann es gelingen, verlorengegangenes Vertrauen wiederherzustellen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)

Meine Damen und Herren, es streitet niemand ab, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk Reformen braucht. Vor allem brauchen die Anstalten eine deutliche Stärkung der Kontrollgremien. In Zeiten, in denen sich private wie öffentliche Unternehmen strenge Compliance-Regeln auferlegt haben, müssen selbstverständlich auch Führungspersönlichkeiten in Rundfunkanstalten ihr Handeln transparent darlegen. Die Zeit patriarchalisch handelnder Intendanten und Intendantinnen ist vorbei.

(Dr. Götz Frömming [AfD]: Das waren lauter Frauen! Vollkommen unpassend, jetzt von Patriarchat zu reden! Nur Frauen stehen unter Anklage!)

Schlimm genug, dass man das erwähnen muss.

Was allerdings wirklich nicht auf den Prüfstand gehört, ist der öffentlich-rechtliche Rundfunk an sich. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk hat bei uns seine Rolle darin, politisch und wirtschaftlich, unabhängig und natürlich ausgewogen demokratische Prozesse transparent und sichtbar zu machen. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk soll die freie Meinungsbildung fördern, die kulturelle Vielfalt darstellen und einen umfassenden Überblick über das regionale, nationale und internationale Geschehen gewährleisten.

(Dr. Götz Frömming [AfD]: Merkt nur keiner!)

Selbstverständlich beziehen sich diese Anforderungen auf das Gesamtprogramm und nicht nur auf einzelne Sendungen bzw. Sendungsformate, und schon gar nicht geht es dabei um einen Verzicht auf Unterhaltungssendungen.

Auch in Zeiten der dringend notwendigen Reformen stärken wir den öffentlich-rechtlichen Rundfunk und damit die Pressefreiheit und die Pressevielfalt in Deutschland.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der Abg. Dr. Petra Sitte [DIE LINKE]: – Dr. Götz Frömming [AfD]: Eben gerade nicht! Dadurch geht sie kaputt!)

Am Rande bemerkt: Beides, Pressefreiheit und Pressevielfalt, nützt auch denen, die gerne über den öffentlich-rechtlichen Rundfunk herziehen und ihn am liebsten abschaffen würden. Wir als Koalition stehen an der Seite des öffentlich-rechtlichen Rundfunks.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Der fraktionslose Matthias Helferich hat jetzt das Wort.


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7546278
Wahlperiode 20
Sitzung 55
Tagesordnungspunkt Aktuelle Stunde - Lehren aus dem ARD-Skandal
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