23.09.2022 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 55 / Zusatzpunkt 8

Marco WanderwitzCDU/CSU - Aktuelle Stunde - Lehren aus dem ARD-Skandal

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir stehen hier im Deutschen Bundestag an einem Freitagnachmittag und sprechen über ein Thema, für das wir kaum verfassungsrechtliche Zuständigkeit und Kompetenz haben. Ich denke mir bei mancher Debatte, die man aus den deutschen Landtagen sieht: Warum wird dort so viel über Themen diskutiert, für die die Landtage keine verfassungsrechtliche Kompetenz haben? Die Antwort, warum wir über ein Thema diskutieren, über das 16 Landtage berechtigterweise diskutieren, ist: weil die AfD der Meinung ist, hier diesen Antrag stellen zu müssen.

( Beatrix von Storch [AfD]: Das ist zutreffend! – Marc Bernhard [AfD]: Haben wir wieder gut hingekriegt!)

Die AfD ist es auch, die sich einreiht in den illustren Geleitzug von Diktaturen, die Fake News verbreiten, von Querdenkern, die Fake News verbreiten. Das tun eben auch Rechtsradikale so wie Sie regelmäßig. Wir haben heute hier wieder Beispiele gehört. Deswegen hat Frau Kollegin Sitte natürlich recht, auch wenn der Spruch nicht von Ihnen ist und auch nicht von mir, gleichwohl will ich ihn gern zitieren: Wenn es den öffentlich-rechtlichen Rundfunk noch nicht gäbe, müssten wir ihn erfinden. – Dass Sie hier in diesem Haus sitzen, ist allein schon Grund dafür.

Wir haben eine gutfunktionierende duale deutsche Medienordnung, die weit besser funktioniert als in den allermeisten Ländern dieser Erde, mit hoher Qualität, mit Pluralität und Vielfalt, und zwar von Öffentlich-Rechtlichen und Privaten. Ich glaube, die hohe Qualität der Privaten hat auch ein wenig damit zu tun, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk bei uns so eine hohe Qualität hat. Er ist staatsfern organisiert; er hat einen klaren Auftrag. Wir haben dazu eine gefestigte Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts,

(Beatrix von Storch [AfD]: Alles tutti!)

Informationsauftrag, Bildungsauftrag, Kulturauftrag, auch ein wenig Unterhaltungsauftrag, vor allen Dingen aber redaktionelle Unabhängigkeit und Gremienkontrolle.

(Tino Chrupalla [AfD]: Das haben wir ja gesehen!)

Deshalb ist völlig klar: Wenn es Verfehlungen gibt – und die gibt es –, muss man diese auch benennen. Ich gehöre aber auch zu denen, die, wenn man es sich einmal ganz genau anschaut, natürlich gar nicht anders können, als zu sagen: Es sind Einzelfälle. Es ist nicht ein systemisches Versagen, sondern es sind Menschen, die sich wie in vielen Fällen in der Gesellschaft leider falsch verhalten haben. Deswegen gilt es, vor allen Dingen die Gremien zu stärken.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Genau das macht der neu ausgehandelte Medienstaatsvertrag. Er stärkt die Kontrollrechte der Gremien, und er fokussiert ein weiteres Mal den Auftrag der Öffentlich-Rechtlichen.

Ob Ihnen das passt oder nicht: Die Mehrheitsgesellschaft in diesem Land beantwortete die jeden Monat gestellte Frage der Forschungsgruppe Wahlen – ich zitiere –: „Wenn es um die Berichterstattung in öffentlich-rechtlichen Fernsehsendern wie ARD und ZDF geht, ist dort Ihr Vertrauen, dass dort wahrheitsgemäß berichtet wird, sehr groß, groß, nicht so groß oder haben Sie gar kein Vertrauen?“, zwischen April 2020 und April 2022 stets mit 68 bis 74 Prozent mit „sehr groß“ oder „groß“. Das sind Mehrheiten von zwei Drittel bis drei Viertel.

(Gerold Otten [AfD]: Die Umfragen können Sie in China oder Russland auch machen! Da kriegen Sie die gleichen Ergebnisse! – Tino Chrupalla [AfD]: Das ist ja besser als Ihr Wahlergebnis! – Gegenruf der Abg. Dr. Petra Sitte [DIE LINKE]: Sie können sich ja jetzt auch noch die Umfragen selber schustern!)

– Ich lasse all diese Unverschämtheiten, Dummheiten und Dreistigkeiten einfach mal so stehen.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU und der Abg. Dr. Petra Sitte [DIE LINKE])

Sie, die uns zuschauen, können sie leider nicht hören, sondern maximal im Protokoll nachlesen. Das lohnt dann allerdings manches Mal.

Mein nächster Satz: Von solchen Zustimmungswerten können wir alle als politische Parteien und viele Akteure der Zivilgesellschaft leider oft nur träumen. Deswegen will ich an dieser Stelle vor allen Dingen den Journalistinnen und Journalisten, den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und den in den Gremien Engagierten – das sind nämlich alles Ehrenamtler – auch einmal herzlich Dank dafür sagen, dass sie gemeinsam diesen öffentlich-rechtlichen Rundfunk seit über 70 Jahren in der Bundesrepublik Deutschland zu dem entwickelt haben, wie wir ihn haben.

(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN sowie bei Abgeordneten der FDP)

Deswegen noch ein ganz kleines Fazit.

Erstens. Wir brauchen den öffentlich-rechtlichen Rundfunk dringend. Er ist konstitutiv für das Gelingen der Demokratie.

Zweitens. Natürlich gibt es allzeit Reformbedarf. Die Themen Internet, neue Medien, Crossmedialität sind bereits angesprochen worden. Aber diese Reformen hat es in den letzten Jahren auch gegeben. Wir dürfen natürlich sprichwörtlich das Kind nicht mit dem Bade ausschütten, sondern müssen mit Augenmaß an diese Reform herangehen.

Als letzter Punkt – da, glaube ich, sind wir uns hier im Hause alle einig; Kollegin Wagenknecht ist ja heute nicht da –: Wir werden uns von Ihnen, von den Rechtsradikalen in diesem Haus, den öffentlich-rechtlichen Rundfunk sicher nicht kaputtmachen lassen.

(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP – Dr. Götz Frömming [AfD]: Wenn wir rechtsradikal sind, dann sind Sie Marxist!)

Matthias Mieves spricht für die SPD-Fraktion.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7546283
Wahlperiode 20
Sitzung 55
Tagesordnungspunkt Aktuelle Stunde - Lehren aus dem ARD-Skandal
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