28.09.2022 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 56 / Tagesordnungspunkt 3

Thomas GebhartCDU/CSU - Änderung des Brennstoffemissionshandelsgesetzes

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Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Worüber reden wir heute Nachmittag? Die Bundesregierung hat ein Gesetz vorgelegt. Dieses Gesetz sieht vor, dass ab dem 1. Januar 2023 für die Müllverbrennung in Deutschland eine CO2-Abgabe eingeführt wird. Die Folge wird sein: Die Müllgebühren in Deutschland werden im nächsten Jahr steigen. Das Geld, das die Menschen und die Unternehmen zusätzlich zahlen müssen, soll an den Bund gehen. Der Bund plant im ersten Jahr 900 Millionen Euro Mehreinnahmen ein, und dies in den Folgejahren steigend.

Fünf Punkte dazu:

Erstens. Deutschland ist im Moment in einer Krise. Wir haben ein massives Problem mit steigenden Preisen, mit der Inflation. Diese Inflation setzt den Menschen und den Unternehmen im Moment zu. Es wäre in dieser Situation die Aufgabe des Staates, die Menschen und die Unternehmen zu unterstützen, zu entlasten, die Inflation zu bekämpfen. Und was schlagen Sie mit diesem Gesetz vor? Sie schlagen das Gegenteil vor, nämlich die Menschen zusätzlich zu belasten. Mit diesem Gesetz wird die Inflation nicht bekämpft, sondern sie wird weiter angeheizt. Deswegen beim besten Willen: Dieses Gesetz passt schlicht und ergreifend nicht in diese Zeit.

Ein zweiter Punkt. Es ist ja überhaupt keine Frage, dass es notwendig ist, beim Klimaschutz voranzukommen. Und es ist überhaupt keine Frage, dass es grundsätzlich richtig ist, dass CO2 einen Preis bekommt.

(Lisa Badum [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, aber wenn es konkret wird, wollen Sie es nicht! – Julian Pahlke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber nicht diesen, oder?)

Aber so wie es in diesem Gesetz vorgeschlagen ist, wird die CO2-Bepreisung gar keine Lenkungswirkung entfalten, und es ist mehr als fraglich, ob über diesen Mechanismus überhaupt Abfälle eingespart werden. Wenn man dies erreichen will, dann wäre es vielmehr wichtig, dass man am Anfang der Kette ansetzt, bei den Herstellern,

(Lisa Badum [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, das widerspricht sich doch nicht! Setzen Sie doch an beiden Enden an! Sie haben gar nichts gemacht!)

dass man dort Anreize setzt, dass Produkte von vornherein so gestaltet werden, dass am Ende möglichst wenig Abfälle entstehen und, wenn sie entstehen, davon möglichst viel und umfassend recycelt werden kann.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Ein dritter Punkt. Wenn ein CO2-Preis eingeführt wird – darauf hat der Sachverständigenrat vor Kurzem noch einmal deutlich hingewiesen –, dann braucht es gleichzeitig einen Rückerstattungsmechanismus.

(Lisa Badum [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir haben die EEG-Umlage abgeschafft, falls Sie es nicht gemerkt haben! Das war schon die erste Rückerstattung! Einfach mal aufpassen, was alles gemacht wird!)

Denn es ist klar: Die CO2-Bepreisung muss einhergehen mit einer gleichzeitigen Entlastung. Die CO2-Bepreisung darf eben nicht zu einem reinen Einnahmeinstrument des Staates werden, sondern sie soll ein Lenkungsinstrument sein. In diesem Gesetz fehlt dieser Rückerstattungsmechanismus. So wie es hier vorgesehen ist, wird die CO2-Abgabe für die Müllverbrennung ein reines Einnahmeinstrument des Staates.

Ein vierter Punkt, der die Sache, finde ich, noch kritischer macht. Durch dieses Gesetz entsteht eine soziale Schieflage. Es ist doch völlig klar: Steigende Müllgebühren belasten Bezieher kleiner Einkommen verhältnismäßig viel stärker als die höherer Einkommen. Auch darüber müssen Sie sich im Klaren sein.

(Lisa Badum [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dafür haben Sie keinerlei Belege! Spekulationen werden auch durch Wiederholung nicht wahrer! Sie machen Lobbypolitik für Müllverbrenner!)

Fünfter und letzter Punkt. Es ist zu befürchten – das sagen ja viele Fachleute, die sich mit dieser Thematik beschäftigen –, dass, wenn Deutschland an dieser Stelle jetzt einen nationalen Alleingang macht – und das wäre ein nationaler Sonderweg –, Abfälle in andere Länder exportiert werden; Länder, die teilweise laxere Umweltstandards als wir in Deutschland haben,

(Lisa Badum [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die Kapazitäten unserer Nachbarländer sind ausgelastet! Lesen Sie doch mal die Studie! Haben Sie irgendeinen Beleg? – Gegenruf von der CDU/CSU: Jetzt halten Sie doch mal die Klappe!)

Länder, die niedrigere Verbrennungspreise als wir in Deutschland haben. Mitunter wird in anderen Ländern Abfall sogar noch deponiert. Wenn dieser Effekt einträte, wenn also das Gesetz dazu führte, dass Abfälle teilweise exportiert werden, dann könnte es unterm Strich nicht nur keine Lenkungswirkung entfalten, sondern sogar zu einem Rückschritt im Klimaschutz führen, das heißt zu mehr Emissionen als heute. Und das kann einfach nicht gewünscht sein.

Meine Damen und Herren, es ist zu befürchten, dass dieses Gesetz, so wie es jetzt vorgelegt wird, zu einem reinen Einnahmeinstrument des Staates wird. Das passt nicht in die Zeit. Die Lenkungswirkung ist mehr als fraglich. Wenn es schlecht läuft, könnte es mit Blick auf den Klimaschutz sogar kontraproduktiv sein.

(Lisa Badum [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, Sie wollen doch so viel Staatsgeld ausgeben!)

Deswegen ist meine eindringliche Bitte: Nehmen Sie diese Argumente ernst, und überprüfen Sie dieses Gesetzesvorhaben.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU – Lisa Badum [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist die Politik, die uns in die Krise geführt hat – eins zu eins!)

Vielen Dank. – Als Nächstes erhält das Wort für die SPD-Fraktion Dr. Nina Scheer.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7546339
Wahlperiode 20
Sitzung 56
Tagesordnungspunkt Änderung des Brennstoffemissionshandelsgesetzes
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