Hermann-Josef TebrokeCDU/CSU - Kostenheranziehung in der Kinder- und Jugendhilfe
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Natürlich habe auch ich viel Sympathie für den vorliegenden Gesetzentwurf, und ich darf das auch für unsere Fraktion insgesamt sagen. Wer verkündet nicht gern Erleichterungen und Entlastungen! Aber so leicht, meine Damen und Herren, können und dürfen wir uns die Entscheidung auch nicht machen. Der Kollege Lehrieder und die Kollegin Janssen haben bereits auf die gültigen Regelungen verwiesen und darauf, dass vor einem Jahr das Kinder- und Jugendstärkungsgesetz nach einem intensiven Beratungs- und Beteiligungsprozess so verabschiedet wurde, an dem im Übrigen auch die kommunalen Spitzenverbände beteiligt waren.
Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf soll noch einmal nachgelegt werden, nachgebessert werden und eine generelle Kostenbefreiung erreicht werden. Aber, meine Damen und Herren, gibt es neue Argumente? Die Fragen sind unverändert, zum Beispiel: Ist es ein richtiges Signal, wenn der Staat, wenn die Allgemeinheit die Kosten der Unterkunft eines jungen Menschen übernimmt und den Empfänger von jeglichen Beiträgen freistellt?
(Sönke Rix [SPD]: Ja!)
Bedeutet Teilhabe, die Erfahrung von Selbstwirksamkeit möglicherweise nicht auch, mit eigenen Mitteln zum gemeinsamen Haushalt beitragen zu können?
(Sönke Rix [SPD]: Tun sie ja!)
Wie wirkt dieser Nachlass, der in Rede steht, eigentlich auf andere junge Menschen, die vielleicht in einem finanziell schwächer aufgestellten Haushalt leben und vom selbstverdienten Geld selbstverständlich etwas zur Deckung der Haushaltskosten ihrer Eltern beisteuern?
(Martin Gassner-Herz [FDP]: Diese Kinder wissen doch, wie hart das Leben sein kann!)
Ist die in Rede stehende Kostenbeteiligung für junge Menschen mit eigenem Einkommen unzumutbar?
Die Kollegin hat bereits darauf hingewiesen, dass es ihr natürlich darum geht, auf den Einzelfall abzustellen. Darum eröffnet die aktuelle Regelung den Jugendämtern bereits die Möglichkeit, in Härtefällen von den Kostenerhebungen abzusehen.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Damit komme ich zur Perspektive der Kommunen, meine Damen und Herren. Warum, liebe Ampelfraktion, überlassen Sie es den Jugendämtern vor Ort nicht, im Einzelfall zu entscheiden?
(Denise Loop [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Als Sozialarbeiterin kann ich Ihnen sagen, dass alle Fachkräfte das abgeschafft sehen wollen! Konsens unter den Kolleginnen!)
Mit immer konkreteren Vorgaben und erhöhten Standards schränkt der Bund die Möglichkeiten vor Ort ein. Und dann macht er auch noch Geschenke zulasten der Kommunen. Sie werden einwenden – das kam gerade schon von der Kollegin –, es handele sich doch nur um 18 Millionen Euro. Aber es geht eben auch ums Prinzip, und darauf möchte ich an dieser Stelle hinweisen.
(Martin Gassner-Herz [FDP]: Die Kommunen sind doch auf das Geld der Ärmsten nicht angewiesen!)
Das typische Muster ist doch: Erst kommt die Kostenbefreiung, dann kommt die Erhöhung des Standards, und dann wird es für alle Kommunen richtig teuer; so war es auch in anderen Fällen. Meine Damen und Herren, die Bundesregierung agiert nicht nach dem Konnexitätsprinzip in dem Sinne, dass derjenige, der eine Leistung bestellt, auch bezahlt, sondern nach dem Verwaltungskonnexitätsprinzip: Derjenige, der eine Leistung ausführt, ausführen muss, hier die Kommunen, trägt die Kosten und bezahlt dann auch, wenn sich die Standards ändern und Ausgaben dadurch steigen, auch wenn von Dritten veranlasst.
Meine Damen und Herren, bitte erlauben Sie, dass ich an dieser Stelle darauf hinweise, dass ich mir durchaus Sorgen mache um die Situation der Kommunen, die im Moment alles andere als rosig ist.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Zuruf der Abg. Leni Breymaier [SPD])
Ich möchte Sie anlässlich dieses Gesetzentwurfs daran erinnern, dass wir, wenn wir jetzt in den Beratungsprozess einsteigen – auf den ich mich freue –, bitte auch Rücksicht nehmen, wer die Umsetzung des Gesetzes, das wir möglicherweise beschließen, verantwortet, und dann auch die entsprechende Unterstützung mit auf den Weg geben.
Ich freue mich auf die Beratung. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7546378 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 56 |
Tagesordnungspunkt | Kostenheranziehung in der Kinder- und Jugendhilfe |