29.09.2022 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 57 / Tagesordnungspunkt 7

Astrid DamerowCDU/CSU - Vereinbarte Debatte zur Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie

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Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ja, es ist gut, dass wir die Nachhaltigkeit bei politischen Entscheidungen in den vergangenen Jahrzehnten deutlich mehr berücksichtigt haben. Aber gerade in der Umwelt-, Landwirtschafts- und Ernährungspolitik wird dabei auch deutlich, wie sehr diese Ziele teilweise in einem Konflikt zueinander stehen. Beispielsweise fordern das Ziel 6, Wasser für alle verfügbar zu machen, und das Ziel 15 den Schutz der Landökosysteme. Der Schutz des Wassers und der Schutz der Landökosysteme sind Nachhaltigkeitsziele, denen wir uns verpflichtet haben. Seit Jahren unternehmen wir sehr viel, um unsere Gewässer zu schützen und unsere ökologische Vielfalt zu erhalten und zu verbessern.

Alle Programme dazu fordern aber auch beispielsweise unserer Landwirtschaft eine Menge ab. Damit sind wir beim Nachhaltigkeitsziel 2, der Ernährungssicherheit. Deutschland ist ein Gunststandort für die Nahrungsmittelproduktion. Soll heißen: Wir haben auch die Pflicht, Nahrungsmittel für Menschen in weniger begünstigten Regionen der Erde zu produzieren. Heißt also: Zwischen den Nachhaltigkeitszielen „Schutz des Wassers“ und „Schutz der Landökosysteme“ sowie dem Ziel 2, der Ernährungssicherheit, bestehen nicht unerhebliche Konflikte, die wir erstens, finde ich, in den Debatten um unsere Schutzprogramme deutlich klarer benennen müssen,

(Beifall bei der CDU/CSU)

bei denen wir aber zweitens auch alles an Innovationen nutzen müssen, um diese Ziele zu erreichen. Ich spreche hier beispielsweise die Debatte an, die wir vor einiger Zeit zur Nutzung neuer genomischer Techniken zur Züchtung von landwirtschaftlichen Nutzpflanzen hatten.

Ein anderes Beispiel sind das SDG 9 – hier bekennen wir uns zu einer widerstandsfähigen Infrastruktur – und das Ziel 11 bezüglich sicherer und widerstandsfähiger Städte und Siedlungen.

(Dr. Rainer Kraft [AfD]: Wie sicher und widerstandsfähig sind denn die Städte?)

Verschiedene Hochwasserkatastrophen in den vergangenen Jahren führten uns aber vor Augen, dass wir massive staatliche Investitionen in den Hochwasserschutz vornehmen müssen. Ein widerstandsfähiger Hochwasserschutz wird aber auch Flächen in Anspruch nehmen. Dies sind dann Flächen, die wir nur noch eingeschränkt für Siedlungen, für Landwirtschaft, aber auch für den Ausbau der erneuerbaren Energien nutzen können. Haben wir auf diese Konflikte wirklich schon Antworten?

Im Nachhaltigkeitsziel 14 fordern wir die nachhaltige Nutzung und Bewahrung unserer Ozeane und Meere. Natürlich: Sie sind Lebensraum für Fische, Vögel, Pflanzen, und sie sind unverzichtbar für das Überleben der Menschheit. Auch deshalb hat Deutschland 45 Prozent seiner Meeresgewässer unter Schutz gestellt. Unsere Meere sind aber auch Wirtschaftsräume: für Fischerei, für Tourismus. Sie sind Handelswege, und die Häfen sind notwendig für den Transport von Waren und Gütern.

Zusätzlich werden wir nun mit der Offshorewindenergie auch noch mehr erneuerbare Energien in unseren Meeren produzieren müssen. Denn die Produktion von erneuerbaren Energien ist ein Beitrag zum Nachhaltigkeitsziel 7, nachhaltige und moderne Energie für alle zur Verfügung zu stellen. Zugleich ist der Bau von Offshorewindanlagen aber ein massiver Eingriff in das Ökosystem unserer Meere. Auch auf diese Konfliktsituationen brauchen wir Antworten, die wir ehrlicherweise noch nicht haben.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, diese Beispiele belegen, dass alle Nachhaltigkeitsziele sich aufeinander beziehen; es ist heute schon angesprochen worden. Soll heißen, dass das vollständige Erreichen eines Nachhaltigkeitszieles sofort massive Konflikte mit dem Erreichen anderer Ziele nach sich zieht. Um das in Einklang zu bringen, wird uns viel abverlangt werden. Wir werden uns wesentlich offener – das hat die Kollegin der FDP vorhin angesprochen – mit Innovationen in allen Bereichen beschäftigen müssen. Es darf dann auch keine Denkverbote geben, die wir alle zugegebenermaßen, mitunter auch reflexhaft, haben; ich hatte vorhin schon das Thema der genomischen Techniken angesprochen.

(Carina Konrad [FDP]: Ohne wird es nicht gehen!)

Ich denke, die Debatte um die Nachhaltigkeit wird immer wieder auch zu politischen Auseinandersetzungen führen, und zwar hier in unserem Parlament. Das ist richtig, und das ist auch wichtig. Ich will mich hier meinem Kollegen Ralph Brinkhaus anschließen: Ich hätte mir sehr gewünscht, dass die Ampelkoalition sich wie in der Vergangenheit dafür wirklich einen ganzen Tag Zeit genommen hätte

(Dr. Anja Weisgerber [CDU/CSU]: Mindestens!)

und jeder Fachbereich das Thema Nachhaltigkeit hätte ausgiebig diskutieren können.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Denn an den wenigen Beispielen, die ich gerade aufgezählt habe, wird ja deutlich, dass es ein wirklich sehr, sehr komplexes Thema in allen Fachbereichen ist. Wir werden mit einer Debatte von drei Stunden der Komplexität dieses Themas eigentlich in keiner Weise gerecht.

Möglicherweise ist die Ampelkoalition in der Lage, sich vielleicht für nächstes Jahr ein anderes Vorgehen zu überlegen. Das würde meine Fraktion und mich sehr freuen

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Anja Weisgerber [CDU/CSU]: Ja, das wäre sehr begrüßenswert! Und Anträge! Wir haben einen gemacht! Die Ampel hat keinen gemacht!)

Der nächste Redner in der Debatte ist für Bündnis 90/Die Grünen Stefan Gelbhaar.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7546423
Wahlperiode 20
Sitzung 57
Tagesordnungspunkt Vereinbarte Debatte zur Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie
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