29.09.2022 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 57 / Tagesordnungspunkt 8

Fabian JacobiAfD - Schutz vor sexuellem Missbrauch, IP-Adr.-speicherung

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Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Unser Strafgesetzbuch sieht vor, dass ein Straftäter, der zu einer erheblichen Haftstrafe verurteilt wurde, nach seiner Freilassung der Führungsaufsicht unterliegt. Im Rahmen der Führungsaufsicht kann das Gericht die Anwendung einer sogenannten elektronischen Fußfessel anordnen. Der Entlassene wird mit einem Peilsender ausgestattet, den er nicht ablegen darf und über den sein Aufenthaltsort ständig feststellbar ist.

Dass diese Maßnahme, konsequent angewandt, weitere Straftaten erschweren oder verhindern kann, liegt nahe. Jemand, der genau weiß, dass alle seine Bewegungen überwacht werden, wird sich sehr genau überlegen, ob er Regeln übertritt. Tut er es aber dennoch, dann ist die Aufklärung und Bestrafung seiner Taten um vieles leichter, als sie es sonst wären. Läge es da nicht ebenso nahe, diese unzweifelhaft effektive Methode zur Reduzierung von Straftaten einfach zu verallgemeinern und jedem Bürger, beispielsweise mit der Einschulung, einen solchen Sender zu verpassen? Wenn allgemein die Bewegungen und der jeweilige Aufenthaltsort aller Menschen aufgezeichnet würden und entsprechend nachvollzogen werden könnten, wenn es sich als nötig erweisen sollte? Natürlich würden die so gespeicherten Daten streng geschützt, der Zugriff darauf nur ausgesuchten staatlichen Stellen unter klar definierten Voraussetzungen erlaubt. Abwegig? Na, klar. Aber effektiv wäre es schon, nicht wahr? Wie viele Straftaten könnten auf diese Weise aufgeklärt oder von vornherein verhindert werden?

(Zuruf von der SPD: Was Sie sich alles wünschen!)

Wollen Sie sich mitschuldig an diesen Taten machen, indem Sie sich dieser kleinen Lästigkeit verweigern? Ihre Freiheit würde dadurch gar nicht eingeschränkt. Sie könnten ja weiterhin gehen, wohin Sie wollen. Es würde halt nur aufgezeichnet, wo Sie hingehen. Tut niemandem weh, nur den Tätern unter uns. Und Sie sind ja kein Täter. Oder doch?

Genug der Grotesken, ist man versucht zu sagen. Nur, so grotesk ist diese Vorstellung doch nicht. Es ist so, dass die Frage, wo wir uns körperlich aufhalten und bewegen, mittlerweile weniger über uns aussagt als die Frage, wo und wie wir uns in der Parallelwelt des Internets bewegen. Bezogen auf das Internet, haben die beiden ehemaligen Volksparteien Vorstellungen entwickelt, die leider in die Richtung gehen, dort alle Menschen vorsorglich unter staatliche Führungsaufsicht zu stellen wie verurteilte Straftäter.

(Beifall bei der AfD)

Speziell die christlich-sozialdemokratische Union, über deren Antrag wir hier beraten, hat zu dem Vorhaben einer allgemeinen und anlasslosen Überwachung im Internet ein fast schon fetischistisches Verhältnis entwickelt. Sie versuchen unablässig, wieder und wieder, entsprechende Ideen zur Realität zu machen. Sie laufen dabei immer wieder vor die Wand, lernen aber nichts daraus, sondern stehen auf und nehmen Anlauf für den nächsten Versuch. Schon 2010 hat das Bundesverfassungsgericht den damaligen Versuch gestoppt, und nun hat vor wenigen Tagen der EuGH befunden, dass auch die letzte Version Ihres Überwachungsgesetzes rechtswidrig gewesen ist. Prompt kommt der nächste Antrag, der uns auffordert, nun müssten wir aber wenigstens die Lücken nutzen, die der EuGH, nach Ihrer Lesart, dafür gelassen hat. Nein, müssen wir nicht. Dass der EuGH der Meinung ist, eine anlasslose Speicherung von IP‑Adressen sei unter bestimmten Bedingungen mit den Vorschriften der EU vereinbar, bedeutet doch nicht, dass wir jetzt automatisch das Maximum dessen ausreizen müssten, was danach vielleicht gerade noch geht. Nein, wir müssen vielmehr in eigener Verantwortung entscheiden, welcher grundsätzlichen Vorstellung von unserer Gesellschaft wir folgen wollen. Eine freiheitliche Gesellschaft behandelt nicht ihre Bürger vorsorglich wie Straftäter. Deshalb darf die allgemeine und anlasslose Überwachung keine Option sein, und zwar weder im realen Leben noch im Internet.

(Beifall bei Abgeordneten der AfD)

Wenn das Justizministerium, wie angekündigt, einen konkreten Vorschlag für eine anlassbezogene Datensicherung im Internet vorlegt, werden wir uns das genau ansehen, und dann werden wir dem möglicherweise auch zustimmen. So, wie die CDU/CSU das fordert, allerdings sicher nicht.

Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Für Bündnis 90/Die Grünen hat das Wort Denise Loop.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7546448
Wahlperiode 20
Sitzung 57
Tagesordnungspunkt Schutz vor sexuellem Missbrauch, IP-Adr.-speicherung
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