Sebastian HartmannSPD - Schutz vor sexuellem Missbrauch, IP-Adr.-speicherung
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen der demokratischen Fraktionen! Mehr Sicherheit im digitalen Raum, das ist unser Ziel. Wir müssen und wir werden in unserem demokratischen Rechtsstaat alles dafür tun, um schwere und schwerste Straftaten zu ahnden.
Es ist etwas widersprüchlich, dass gerade die Union dies in Zweifel zieht, auch wenn sie selbst immer wieder bei dem Versuch gescheitert ist und versucht, ihre Verantwortung für diesen Bereich in den vergangenen 16 Jahren nun auf andere – Koalitionspartner, die Dritten, irgendwelche Gerichte usw. ‑abzuwälzen. Meine Damen und Herren, Sie werden damit keinen Erfolg haben.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Manuel Höferlin [FDP])
Rechtsfreie Räume oder blinde Flecken, das werden wir in unserem demokratischen Rechtsstaat nicht zulassen; machen Sie sich da keine Sorgen. Deswegen, liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger, die Sie diese Debatte verfolgen und möglicherweise in Zweifel ziehen, an welcher Seite wir kämpfen und streiten: Genau dieser Versuch, diesen Anschein in der Debatte zu erwecken, ist eine Unverschämtheit. Ich weise dies mit aller Entschiedenheit zurück, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Das Gegenteil ist der Fall. In der vergangenen Woche hat der Europäische Gerichtshof tatsächlich – darauf haben wir schon im Koalitionsvertrag Bezug genommen – sein Urteil gesprochen. Wir haben in unserem Koalitionsvertrag auch ausdrücklich festgestellt, dass dieses Urteil unser Anlass sein wird – wenn wir beim anlasslosen Speichern von Daten sind –, tatsächlich eine rechtssichere Regelung zu finden.
(Nina Warken [CDU/CSU]: Ich bin gespannt!)
Der Justizminister Marco Buschmann hat innerhalb von kürzester Zeit schon getwittert: Es ist ein historisches Urteil. – Herr Justizminister, in aller Offenheit: Es ist natürlich in einer langen Folge von Entscheidungen ein weiterer Punkt und gibt uns deutliche Leitplanken vor, wie wir denn tatsächlich zu einer rechtssicheren Lösung kommen können. Darum auch die klare Ansage, die deutliche Erklärung: All das, was das EuGH-Urteil uns ermöglicht, um IP‑Adressen rechtssicher zu speichern, werden wir zur Verfolgung schwerer und schwerster Straftaten auch tun. Es wird keinen Zweifel geben, meine Damen und Herren.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)
Aber – und das ist die Grenze – wir werden nicht wieder etwas konstruieren, mit dem wir nur darauf setzen, dass es am Ende vor Gericht scheitert. Das ist der feine und klare Trennstrich, meine Damen und Herren. Diesen Schritt werden wir bei der Verfolgung der schweren und schwersten Straftaten eben nicht gehen. Es ist im EuGH-Urteil eindeutig erklärt worden, warum eine allgemeine Speicherung von IP‑Adressen für zulässig erklärt wird, aber ein feiner Unterschied zwischen Verkehrs- und Standortdaten gemacht wird.
(Zustimmung des Abg. Alexander Throm [CDU/CSU])
Man muss es schon genau lesen; die Randnummer 100 gibt uns hier den Hinweis. Verschiedene technische Verfahren haben wir sogar vorab – ob es die Log-in-Falle ist, ob es ein aktuell diskutiertes Quick-Freeze-Verfahren ist, das wir noch nachträglich definiert haben – aufgenommen.
Ich kann Ihnen versichern – und deswegen ist der Zungenschlag in dieser Debatte wirklich schräg –: Wenn das Ziel so einend ist und Sie einen so dünnen Antrag stellen, dann geht es Ihnen nicht darum, tatsächlich eine rechtssichere Lösung zu finden, sondern Sie versuchen, diese Debatte zu missbrauchen, um von Ihrem eigenen Versagen in 16 Jahren abzulenken.
(Alexander Throm [CDU/CSU]: Wir unterstützen Sie, Herr Hartmann!)
Sie versuchen, von Ihrem eigenen Versagen abzulenken und eine tatsächlich nicht gangbare Lösung hier zu finden. Da liegt der Unterschied zwischen sozialdemokratischer und christdemokratischer Innenpolitik, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Es widerstrebt mir ausdrücklich – das muss hier wirklich noch mal in aller Klarheit, in aller Öffentlichkeit dargelegt werden –, dass der Anschein erweckt wird, wir versuchten hier, Regelungen und Möglichkeiten nicht zu nutzen, um die Begehung schwerer und schwerster Straftaten – gerade bei den widerlichen Fällen des Kindesmissbrauches – zu ermöglichen oder zu begünstigen. Wenn das allen Ernstes Ihr Vorwurf ist, dann ist das keine Grundlage, um auch nur in die Nähe einer gemeinsamen Arbeit oder Zustimmung zu kommen. Korrigieren Sie sich, meine Damen und Herren von der CDU/CSU,
(Alexander Throm [CDU/CSU]: Nein! Liefern Sie, was Sie gerade gesagt haben!)
oder wir haben keine Basis, um hier einen Meter voranzukommen. Das sage ich in aller Klarheit.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Uns ist bewusst, dass eine Speicherung – ob kürzer oder länger – auch ein nicht zu vernachlässigender Eingriff in unsere Grundrechte ist. Genau das werden wir an dieser Stelle anders regulieren. Wir können uns auch nicht davon abhängig machen, dass private Dritte diese Daten möglicherweise speichern oder nicht. Was in der Debatte auch nicht geht, ist, dass wir zulassen, dass dritte Staaten auf anderer Rechtsgrundlage uns möglicherweise Daten liefern. Das, meine Damen und Herren, kann nicht der Anspruch der Strafverfolgung sein.
Ich bin der festen Auffassung: Wir werden eine grundrechtsschonende Lösung finden, die auf der einen Seite die Grundrechte der Mitbürgerinnen und Mitbürger schützt, die von diesen schweren und schwersten Straftaten betroffen sind – das sind unsere Kinder, die in der körperlichen Unversehrtheit oder ihrem Leben bedroht sind –, und auf der anderen Seite die Grundrechte der anderen betroffenen Bürgerinnen und Bürger schont. Das ist unsere Linie in dieser Debatte.
Meine Damen und Herren, wir werden diese Frage in Einklang bringen. Wir werden das relativ zügig tun – ich gucke in Richtung des Justizministers, der im Übrigen eine Verabredung mit der Innenministerin hat – und nun eine entsprechende Regelung auf den Weg bringen. Ich bin mir sehr sicher, dass wir in den Beratungen des Innenausschusses und der weiteren beteiligten Ausschüsse dies an der einen oder anderen Stelle noch diskutieren und nachschärfen werden. Aber es wird keinen rechtsfreien Raum geben. Es wird keine Lösung geben, wo es nachher nicht möglich ist, die Straftäter, diejenigen, die diese widerlichen Straftaten begehen, zu verfolgen. Es ist ein Unding, dass uns die Union das mittelbar oder öffentlich unterstellt hat. Das weise ich in aller Klarheit für die Ampelfraktionen zurück! So geht es nicht!
(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP – Alexander Throm [CDU/CSU]: Das Protokoll hänge ich mir über den Schreibtisch! Daran werde ich Sie messen!)
Misbah Khan ist die nächste Rednerin für Bündnis 90/Die Grünen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7546462 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 57 |
Tagesordnungspunkt | Schutz vor sexuellem Missbrauch, IP-Adr.-speicherung |