Peter HeidtFDP - Lehrermangel in Deutschland
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die AfD hat den Lehrermangel entdeckt. Heureka!
(Zurufe von der AfD: Oah!)
Die kriegen dafür den Preis für die Spätzünder der Nation. Wir Freie Demokraten haben diese Problematik bereits in der letzten Wahlperiode thematisiert, und selbst die Linken haben vor einem guten halben Jahr einen entsprechenden Antrag gestellt.
(Dr. Götz Frömming [AfD]: Und was ist passiert? – Nicole Höchst [AfD]: Haben Sie es gelöst?)
Wer glaubt, die AfD hätte aus den verschiedenen Gesichtspunkten das Beste zusammengeschrieben und einen qualitativ hochwertigen und innovativen Antrag gemacht, der sieht sich getäuscht. Das ist ein völliges Sammelsurium unzusammenhängender Forderungen, und auch verschiedene Kompetenzbereiche sind betroffen; das passt überhaupt nicht. Wiedereinführung des Weihnachtsgeldes, Planstellen an Schulen, Anzahl der Referendariatsplätze – alles Aufgaben der Länder –, Ausstattung der Schulen, Schulbau – allein kommunale Aufgabe.
In Ihrer Forderung an die Bundesregierung, gemeinsam mit den Ländern einen Qualitätspakt Schule zu bilden, wird die Zuständigkeit der Länder für Aus-, Fort- und Weiterbildung von Lehrkräften und die Einrichtung ausreichender Ausbildungskapazitäten für die Einstellung von Lehrkräften in den aktiven Schuldienst völlig negiert. Darüber hinaus wird die Forderung nach einer Reduzierung des Einsatzes von Lehrkräften in der Radikalinklusion oder im Ganztag gestellt; keine Bundesangelegenheiten. Wer das fordert, der zeigt nur, wes Geistes Kind er ist.
(Beifall bei Abgeordneten der FDP, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Der Antrag übersieht auch die aktuellen Bemühungen, die Qualität des Lehramtsstudiums zu verbessern. Wir Freie Demokraten wollen mehr junge Menschen für ein Lehramtsstudium begeistern, wollen Quer- und Seiteneinsteiger besser qualifizieren. Die Tatsache, dass Bund und Länder gemeinsam die Qualitätsoffensive Lehrerbildung tragen, für die der Bund 500 Millionen Euro zur Verfügung stellt, wird nicht erwähnt.
Mit den jetzt gestarteten Kompetenzzentren für digitales und digital gestütztes Unterrichten in Schule und Weiterbildung knüpfen wir an die Ergebnisse der Qualitätsoffensive Lehrerbildung an und legen den Fokus auf die Fortbildung von Lehrern. Mit diesen Maßnahmen unterstützt der Bund die für die Lehrkräfteausbildung zuständigen Länder. Ich versichere Ihnen: Der Bund wird sich auch weiterhin für die Qualitätsverbesserung der Lehrkräfteausbildung engagieren.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Dr. Götz Frömming [AfD]: Es geht aber um Quantität, Herr Kollege!)
Gelöst wird das Problem aber nicht vom Bund, sondern von den Ländern. Der Lehrermangel verschärft sich nämlich weiter. Das neue Schuljahr startet mit Tausenden unbesetzten Stellen. Für die Länder wird es angesichts des Lehrermangels immer schwieriger, die Unterrichtsversorgung abzusichern. Die Prognose der Kultusministerkonferenz ist da sehr negativ. Bundesweit ist die Zahl der Studienplätze zwar um 17 Prozent gestiegen, aber die Zahl der Lehrer, die später bei den Schulen ankommen, sinkt.
Wir reden also auf allen Ebenen vom Lehrermangel. Aber warum haben wir keinen Respekt vor dem Lehrerberuf? Das geht im Studium los und setzt sich beim Referendariat fort. Ich bin ja Hesse. In Hessen gibt es zum Beispiel zu wenige Referendariatsplätze, auch zu wenige Plätze im Studienseminar. Das bedeutet, die Lehramtsstudenten kommen nach ihrem Studium nicht sofort auf einen Referendariatsplatz, sie kommen in eine Warteschleife. Allgemein wird das Referendariat als die „Hölle“ bezeichnet. Ich als Jurist war ja auch Referendar. Bei Juristen ist das anders. Ich frage mich wirklich: Was ist die Rolle der Ausbilder in diesem Bereich?
Wenn man das Referendariat abgeschlossen hat, gibt es in Hessen komischerweise oft keine Stelle. Die jungen Lehrer werden auch nicht richtig eingestellt. Sie bekommen einen TV‑H-Vertrag; sie werden abgespeist. Das bedeutet, Sie werden in Hessen – wie in vielen anderen CDU-geführten Ländern – im Sommer entlassen, müssen sich arbeitslos melden. Was ist das für eine Wertschätzung der CDU gegenüber Lehrern?
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN – Thomas Jarzombek [CDU/CSU]: Was? Was?)
Dann gibt es diese „Lehrer light“. Diese „Lehrer light“ haben keinen Anspruch auf ein Dienstgerät. Wie sollen sie dann ohne Laptop digitalen Unterricht gestalten? Die CDU hat in Hessen und in vielen anderen Bundesländern ihre Hausaufgaben nicht gemacht. Ich erwarte von der Bundes-CDU, endlich mal Druck auf die von ihr geführten Landesregierungen zu machen. Machen Sie denen klar, was Lehrerausbildung bedeutet, wo ihre Aufgaben sind!
(Beifall bei der FDP sowie der Abg. Nina Stahr [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] – Thomas Jarzombek [CDU/CSU]: Das ist ein Landesthema! Junge, Junge!)
Wir Freie Demokraten sind für die Stärkung des Lehrerberufs. Wir wollen erfolgreiches Lernen ermöglichen. Dafür sind Lehrer und Umfeld entscheidend. Hochqualifizierte, engagierte Lehrerinnen und Lehrer sind der wichtigste Chancenmotor für die Zukunft unserer Kinder. Der Bund kann das Problem alleine eben nicht lösen. Und wenn es der Bund hätte lösen können, liebe CDU/CSU, hättet ihr es doch in den letzten 16 Jahren als CDU-geführte Bundesregierung längst gelöst, nicht wahr?
(Thomas Jarzombek [CDU/CSU]: 5 Euro fürs Phrasenschwein!)
Also: Bund und Länder müssen sich vernetzen, in Teilbereichen wirklich zusammenarbeiten. Das ist unser Angebot an Sie. Diese Ampelregierung ist bereit dazu. Wir haben schon viele Angebote gemacht, im Interesse und für die Chancen unserer Kinder und im Interesse unseres Landes jetzt zusammenzuarbeiten. Ich erwarte aber von den Ländern eine echte Bereitschaft zur Zusammenarbeit, nicht nur das Fordern von Geld, sondern auch, wirklich mal in das Thema hineinzugehen, Kompetenzen auszugestalten, wirklich bereit zu sein, auf uns zuzugehen. Ihre Weigerung in vielen Bereichen, zusammenzuarbeiten, zeigt doch, dass Sie die Zeichen der Zeit nicht erkannt haben.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, den Antrag der AfD lehnen wir als substanzlos ab.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Thomas Jarzombek [CDU/CSU])
Daniela Ludwig hat das Wort für die CDU/CSU-Fraktion.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7546467 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 57 |
Tagesordnungspunkt | Lehrermangel in Deutschland |