Daniela LudwigCDU/CSU - Lehrermangel in Deutschland
Verehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das war jetzt in sich ein bisschen widersprüchlich, Herr Kollege. Erst haben Sie lang und breit ausgeführt, dafür seien die Länder zuständig, um uns dann die Schuld dafür zu geben, dass es die letzten 16 Jahre nicht geklappt habe.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Peter Heidt [FDP]: Sie haben nicht zugehört!)
Sie müssen sich entscheiden, welchen Kalauer Sie in der Bildungsdebatte wählen: entweder den Föderalismuskalauer oder den mit den 16 Jahren. Tipp von mir: Der mit den 16 Jahren ist irgendwann durch.
(Beifall bei der CDU/CSU – Zurufe vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Zum Thema Lehrermangel. Ich denke, das Thema ist wirklich wichtig. Es ist vermutlich auch zu wichtig, als dass ich es mir so leicht machen könnte, auf den Bildungsföderalismus, an dem wir alle, glaube ich, hängen, zu verweisen und damit festzustellen: Meine Rede ist an dieser Stelle beendet. Am Bildungsföderalismus wollen wir als Union jedenfalls nicht rütteln. Wir wollen aber auch die Augen nicht vor einem offenkundigen Problem vor Ort verschließen, das sich nicht auf ein Bundesland begrenzen lässt, sondern tatsächlich bundesweit virulent ist. Das hat unterschiedliche Ursachen – ich komme gleich darauf –, und vielleicht gibt es auch die eine oder andere Lösungsmöglichkeit. Aber in der Tat sind zunächst einmal die Länder am Zug.
Nichtsdestotrotz machen die Bürgerinnen und Bürger draußen vor Ort kaum einen Unterschied, wer jetzt genau zuständig ist. Ich bin selber Mutter von zwei elfjährigen schulpflichtigen Kindern. Man fragt sich: Mensch, was könnte man denn sinnvollerweise noch tun? Und darum, denke ich, ist es bei allem Kuddelmuddel – mit Verlaub –, das dieser Antrag enthält, jedenfalls nicht falsch, dass auch wir im Bundestag zumindest mal die Chance nutzen, um darüber zu reden: Wo gibt es Chancen für uns? Und wo sind wir schlicht und ergreifend nicht die richtigen Ansprechpartner?
Ich glaube tatsächlich – Herr Kollege, das haben Sie gerade nur am Rande angesprochen; aber es zieht sich durch viele Berufe, bei denen wir derzeit einen Mangel beklagen –, auch beim Lehrerberuf hakt es ein bisschen an der Wertschätzung. Wir alle kennen ein Stück weit dieses dümmliche Gerede, wenn ich das so sagen darf: Na, Lehrer gehen um 13 Uhr nach Hause, und dann haben sie nichts mehr zu tun.
Ich glaube, all das kann man auch mal politisch proaktiv widerlegen und deutlich machen – jenseits der Frage, dass vielleicht etwas korrigiert werden muss, dass Unterricht vorbereitet werden muss –: Gerade unsere Lehrerinnen und Lehrer haben in den beiden Coronajahren, die hinter uns liegen, Überobligatorisches geleistet, und zwar ohne dass man sie gezwungen hat, sondern freiwillig, weil ihnen die Schülerinnen und Schüler am Herzen liegen. Dabei denke ich nicht nur daran, dass man natürlich digital unterrichtet hat, weil es nicht anders möglich war, sondern dabei denke ich auch daran, dass man Abiturklassen Zusatzstunden am Wochenende angeboten hat, versucht hat, Nachholstunden digital anzubieten, für seine Schüler ansprechbar war. Das ist alles hinter den Kulissen gelaufen, ohne großes Aufhebens darum zu machen. Darum, glaube ich, ist hier eine gute Gelegenheit, das mal zu sagen und Danke dafür zu sagen, dass sehr viele Lehrer gerade in dieser schwierigen Zeit alles dafür getan haben, dass die Schülerinnen und Schüler trotz aller Widrigkeiten gut durch die Schulschließungszeit gekommen sind.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Und ja, das eine oder andere Bundesland – Bayern gehört dazu, NRW auch – geht nun an das Thema der unterschiedlichen Bezahlung zwischen Grund- und Mittelschule einerseits und Gymnasium andererseits ran, mit künftig A 13 in Bayern und NRW auch für die Grund- und Mittelschulen. Das ist sicherlich ein richtiger Weg – absolut; wir stehen dahinter –, aber das hilft uns kurzfristig natürlich nur mittelmäßig. Kurzfristig können wir tatsächlich nur daran arbeiten – und ich bin gern bereit, das auch von Bundesseite mitzutun –, dass wir die Wertschätzung und die Attraktivität des Lehrerberufs steigern.
Wer draußen an den Schulen unterwegs ist, der hört relativ deutlich Aussagen wie: Ja, wenn ich denn unterrichten dürfte, wäre das schön; aber stattdessen werde ich mit Verwaltungsaufgaben betraut, mit Bürokratie. – All diese Dinge gibt es nicht nur im Handwerk und in der Industrie, sondern bedauerlicherweise auch an den Schulen. Da wird sozusagen kostbare Unterrichtsstundenzeit von Lehrern dafür verwendet, dass die PCs gewartet oder Klassenlisten geführt werden müssen.
All das sind natürlich Dinge, die sich ändern müssen. Wenn wir das hier gemeinsam anschieben können, wäre das sicherlich gut. Dafür brauchen wir natürlich zusätzliches Personal, nicht nur in der Verwaltung, sondern – jetzt kommt mein persönlicher Kalauer – das Startchancen-Programm böte eine Chance, um durch zusätzliches Personal an den Schulen Lehrer sozusagen jenseits der Unterrichtsaufgaben zu entlasten.
(Zuruf der Abg. Laura Kraft [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Da warten wir immer noch auf Ihre Vorschläge, liebe Ampel. Hoffentlich kommt da bald mal was. Es ist wieder angekündigt worden, Haushaltsmittel dafür haben wir aber immer noch keine gesehen. Ob es bei 2024 bleiben wird oder doch 2025 wird? Nehmen Sie es nicht auf die leichte Schulter! So schnell es geht, muss dieses Programm fliegen lernen. Das wäre uns wichtig.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Ein Letztes. Was wir nicht ausblenden dürfen, ist natürlich, dass die Schulen – kaum raus aus Corona, endlich wieder im Regelbetrieb – jetzt auch mit der Flüchtlingskrise – Stichwort „Ukraine“ – umzugehen haben und wir hier kurzfristig nicht sofort für Lösungen sorgen konnten. Da geht auch keinerlei Vorwurf an irgendwen. 180 000 ukrainische Schülerinnen und Schüler haben wir derzeit in Deutschland. Das ist verdammt viel. Da haben wir die Verantwortung, dass es auch denen selbstverständlich gut geht. Wenn man natürlich 2 700 Hilfskräfte aus der Ukraine beschäftigen kann, ist das gut; aber das ist in dem Fall auch nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Wir dürfen auch dieses Thema nach wie vor nicht aus den Augen verlieren. Ich glaube, hier können wir bundesseitig wirklich noch ein Stück mehr tun, um die Schulen und die Bundesländer zu unterstützen; denn ich glaube, wir können nicht erwarten, dass die Länder das ganz alleine lösen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
In diesem Sinne hoffe ich, dass wir bei diesem Thema zu einem guten Konsens kommen, Bildungsföderalismus hin oder her.
Vielen herzlichen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Katrin Zschau ist die nächste Rednerin für die SPD-Fraktion.
(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7546468 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 57 |
Tagesordnungspunkt | Lehrermangel in Deutschland |