29.09.2022 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 57 / Tagesordnungspunkt 15

Lina SeitzlSPD - Lehrermangel in Deutschland

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Höchst, Herr Frömming, ich muss schon sagen: Nach Ihren Aussagen hier heute bin ich fast schon froh, dass Sie im Plenarsaal sitzen und nicht mehr im Klassenzimmer.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP – Nicole Höchst [AfD]: Ich habe nicht im Klassenzimmer gesessen!)

Dass wir den Beruf der Lehrkraft dadurch attraktiv machen, dass – ich zitiere aus dem Antrag – „unnötige Konferenzen“ abgeschafft werden, das glaubt dann wohl auch nur die AfD. Dennoch ist es gut, dass wir heute das Thema des Lehrkräftemangels hier im Plenum beraten, weil dieses Problem natürlich unser Bildungssystem vor ernstzunehmende Herausforderungen stellt.

(Dr. Götz Frömming [AfD]: Ach!)

Was allerdings nicht gut ist, ist die Art und Weise, wie in Teilen dieses Hauses darüber gesprochen wird und wie das auch in diesem Antrag dargelegt wird. Aber natürlich bedarf es einer fundierten Problemanalyse, und wir brauchen auch zukunftsfähige Lösungen, um mehr Lehrpersonen an die Bildungseinrichtungen im Land zu bringen.

(Dr. Götz Frömming [AfD]: Es gibt zu wenig Lehrer!)

Ich glaube, da lohnt es sich, auch mal einen Blick auf das Studium zu werfen; denn jeder sechste Studierende bricht das Lehramtsstudium im Bachelor ab. Die Gründe dafür sind vielfältig.

Ich möchte gerne drei davon nennen: erstens die starren Rahmenbedingungen des Lehramtsstudiums, die weit in die privaten Planungen von jungen Menschen eingreifen, zweitens die mangelnde Vorbereitung auf den Praxisalltag – Praktika sind in vielen Fällen in zu geringem Umfang und zu spät vorgesehen – und drittens die starke Fokussierung auf fachspezifische Kompetenzen bei den Studieninhalten, die in weiten Teilen den Anforderungen des späteren Berufsalltags nicht entsprechen.

(Beifall der Abg. Katrin Zschau [SPD])

Nach den Studienbedingungen folgt dann der Berufseinstieg, und auch hier besteht einiges an Nachholbedarf. Vorhin ist das Wort „Wertschätzung“ gefallen. Das teilen wir sicher alle; aber dazu zählt sicherlich nicht, junge Lehrkräfte über die Sommerferien zu entlassen und die Klassen zu überfüllen. Das nimmt dann doch jeglichen Elan und Idealismus, den die Lehrpersonen ja gerne ins Klassenzimmer tragen würden.

Mein Heimatbundesland Baden-Württemberg führt die Statistik hier leider mit einem negativen Rekord von rund 4 000 Lehrkräften an.

(Zuruf der Abg. Nicole Höchst [AfD])

So viele Entlassungen vor den Sommerferien zählt kein anderes Land. Besonders betroffen sind junge Lehrkräfte, sind Referendarinnen und Referendare, also gerade diejenigen, die wir ganz dringend brauchen.

Jetzt möchte ich aber gerne zu den Lösungen kommen, die in der Fach-Community diskutiert und vorgeschlagen werden. Allem voran müssen Schulen, insbesondere in der Entwicklung der Ganztagsschule, als Lern- und Lehrorte begriffen werden, in denen in multiprofessionellen Teams gearbeitet wird, mit mehr Schulsozialarbeit und Integrationshelferinnen und Integrationshelfern.

Um eine Schule konzeptionell und personell weiterzuentwickeln, brauchen wir ausreichend zeitliche Ressourcen für die Schulleitung. Wir brauchen mehr Offenheit gegenüber Quer- und Seiteneinsteigerinnen und ‑einsteigern, die Kompetenzen aus der Berufspraxis gewinnbringend einbringen können; sie müssen natürlich auch pädagogisch und didaktisch geschult werden. Dazu gehört selbstverständlich auch eine moderne, zeitgemäße Ausstattung. Marode Gebäude ohne WLAN können nicht unserem Anspruch an Schule des 21. Jahrhunderts genügen.

(Zuruf des Abg. Dr. Götz Frömming [AfD])

Und nicht zuletzt braucht es kleinere Klassen für bessere Betreuungsrelationen, geringere Lärmpegel und somit ein geeigneteres Lern- und Arbeitsumfeld.

Natürlich ist Bildung primär Ländersache. Aber der Arbeitsmarkt für Lehrpersonen ist mittlerweile ein bundesweiter. Deswegen müssen wir, um den Fachkräftemangel an den Schulen zu bekämpfen, gemeinsam daran arbeiten. Verschiedene Bund-Länder-Programme adressieren diese Lösungsvorschläge bereits. Ich möchte aber gerne auch noch mal auf das Startchancen-Programm blicken, was eben genau jene Maßnahmen voranbringt, die die Schule von morgen braucht.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Probleme sind bekannt, die Lösung auch. Wir als Ampel arbeiten mit Hochdruck daran. Der vorliegende Antrag trägt nicht dazu bei, dass es Lehrkräften heute und morgen besser geht.

(Nicole Höchst [AfD]: Dafür haben Sie aber schön daraus zitiert!)

Danke.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Die Professorin Monika Grütters hat jetzt das Wort für die CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7546480
Wahlperiode 20
Sitzung 57
Tagesordnungspunkt Lehrermangel in Deutschland
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