Henning OtteCDU/CSU - Wolfsbestandsmanagement
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Vielen Dank für die Begrüßung. – Ich meine es sehr ernst. Die Lage in unserer Region ist todernst, wird aber von einigen hier nicht angemessen wahrgenommen.
Herr Hocker, was haben Sie damals für einen Wahlkampf gemacht?
(Dr. Anja Weisgerber [CDU/CSU]: Ja!)
Ich wünsche Ihnen, dass Sie diesen Elan, den Sie damals vor der Wahl hatten, auch gegenüber Ihrem Koalitionspartner zum Ausdruck bringen.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Stephan Protschka [AfD])
Ich will Ihnen eins sagen: Versetzen Sie sich mal bitte in die Lage der Schafhalter vor Ort: Bei 13 Angriffen 79 tote Tiere und dazu noch viele, die bei lebendigem Leibe verletzt dahinvegetieren!
Herr Ebner, ich hätte mir bei Ihrer Rede – – Herr Ebner? – Dann spreche ich halt nicht zu Ihnen, sondern zum ganzen Hause.
(Harald Ebner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich bin da!)
Ich hatte angenommen, dass Herr Ebner hier konstruktive Vorschläge macht.
Was ich überhaupt nicht verstehe, ist, dass die zuständigen Minister für Landwirtschaft und für Umwelt heute nicht da sind.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der AfD)
Was ist denn das für ein Umgehen mit der Situation vor Ort!
(Harald Ebner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Der Staatssekretär ist doch da!)
Dieses Bild, das ich Ihnen schildere, ist bei mir im Wahlkreis, bei uns in der Lüneburger Heide, dem wolfsverdichtetsten Gebiet der Welt,
(Harald Ebner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist Wahlkampfklamauk, sonst gar nichts!)
tagtäglich zu sehen. Hier werden die letzten Weidetiere verschwinden. Das letzte Rotwild kommt unter Druck.
(Harald Ebner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: „Das letzte Rotwild“ – als ob das gefährdet wäre! Was malen Sie denn hier für ein komisches Bild an die Wand?)
Aber vor allem die Schafhalter werden aufgeben. Und da ist es eben nicht mit Erstattungen getan. Diese werden dem täglichen Stress, der vielen Arbeit, den Sorgen, der Fürsorge um die Tiere – die Schafhalter leben von und mit den Tieren – nicht gerecht. Wir müssen diesen Zustand ändern, meine Damen und Herren, und Sie haben nun einmal die Regierungsverantwortung.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der AfD)
Tiere im Wald, Tiere auf der Heide, Schäfer auf der Heide, das alles ist weg, wenn wir so weitermachen. Jetzt muss gehandelt werden. Es ist genug evaluiert worden. Die Zahlen sind da.
(Dr. Anja Weisgerber [CDU/CSU]: Genau!)
Der günstige Erhaltungszustand ist längst gegeben. Das müssen Sie nach Brüssel melden, damit die Tiere in den Anhang V der FFH-Richtlinie kommen, sodass man hier in Berlin Möglichkeiten hat, die Gesetze anzupassen, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Erlauben Sie eine Zwischenfrage von Bündnis 90/Die Grünen?
Ja, gerne.
Geschätzter Kollege Otte, Sie sprachen gerade in Ihrer Rede davon, das Rotwild sei durch den Wolf bereits in Bedrängnis geraten.
(Dr. Hendrik Hoppenstedt [CDU/CSU]: Ja! Das ist so!)
Wie Sie vielleicht wissen, sind unsere Anstrengungen groß, in Zeiten des Klimawandels die Natur zu verjüngen und die nächste Waldgeneration hochzuziehen. Die hohen Wilddichten in Deutschland tragen ihren Teil dazu bei, dass ein Erfolg dieser harten Arbeit vieler Försterinnen und Förster nur schwer gelingt.
Deswegen möchte ich Sie fragen, ob Sie von diesem Problem der hohen Wilddichten wissen
(Zuruf von der CDU/CSU: Was ist denn das für eine Zwischenfrage?)
und ob Sie davon wissen, dass der Wolf hier natürlich einen Beitrag leisten könnte, wieder in ein natürliches Gleichgewicht zu kommen, das heute so nicht vorhanden ist und das erfolgreichen Waldumbau – fit für die Zukunft – heute nur sehr schwer möglich macht.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU – Albert Stegemann [CDU/CSU]: Das ist unglaublich!)
Sehr geschätzter Herr Kollege, da fragen Sie genau den Richtigen. Ich habe viele Pflanzen selbst gesetzt im Wald. Ich bin selbst Jäger.
(Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Der Mann ist Förster! Vorsicht, Herr Otte!)
Ich komme aus der Lüneburger Heide, und ich lade Sie ganz, ganz herzlich ein, nicht nur unsere Truppenübungsplätze zu besuchen, sondern auch die Gebiete, wo die Förster sind,
(Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Der Mann ist selbst Förster!)
wo aber auch die privaten Waldbauern sind. Das Rotwild gerät dermaßen unter Druck und wird auch bei lebendigem Leibe aufgefressen. Sie haben Verantwortung für Flora und Fauna, meine Damen und Herren. Deswegen sage ich: Wenn das letzte Weidetier verschwunden ist, dann brauchen Sie keinen günstigen Erhaltungszustand mehr zu melden. Jetzt haben Sie die Verantwortung, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der CDU/CSU und der AfD – Carsten Träger [SPD]: Rotwild unter Druck? Wo haben Sie das her?)
Wir haben eine völlige Überkonzentration von Wölfen. Das Rudelverhalten des Rotwildes ist so, dass sie sich zusammenführen wie Wagenburgen. Ich lade auch Sie ein, zu kommen. Öffnen Sie endlich mal die Augen! Haben Sie Verständnis für die Schafhalterfamilien, wenn die ansehen müssen, wie ihre Tiere zugrunde gehen, meine Damen und Herren! Es liegt daran, dass wir eine Überkonzentration haben. Der günstige Erhaltungszustand ist längst gegeben. Das muss nach Brüssel gemeldet werden,
(Harald Ebner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das haben Sie schon mal gesagt! Jetzt wiederholen Sie sich doch nicht dauernd! – Gegenruf der Abg. Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Na, damit er es versteht!)
damit wir hier in Deutschland Maßnahmen ergreifen können.
Ich lade die Bundesumweltministerin, Herr Staatssekretär, sehr herzlich ein, mal zu kommen, mit den Schafhaltern zu sprechen und uns hier nicht Populismus vorzuwerfen. Keiner Ihrer Rednerinnen und Redner hat gesagt, was sie machen würden, wenn sie Schafhalter wären. Sie haben uns nur Populismus vorgeworfen. Wir setzen uns ein für die Menschen, für die Tiere.
(Harald Ebner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist Wahlkampf für Niedersachsen! Das verstehen wir schon!)
Wir fordern Sie auf: Machen Sie endlich von ihrer Verantwortung Gebrauch! Melden Sie endlich die Zahlen, die da sind, nach Brüssel! Der günstige Erhaltungszustand, Herr Ebner, ist längst erreicht beim Wolf.
(Harald Ebner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Schon zum dritten Mal!)
Es muss jetzt gehandelt werden. Wir bitten Sie herzlich darum.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der AfD – Harald Ebner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es wird durch Wiederholung nicht richtiger!)
Ich möchte nur bemerken: Zwischenfragen lasse ich in der Regel schon zu; aber ich unterbreche ungern den Redefluss. Es wäre schön, wenn die Redner mir also ab und zu eine Chance geben würden. Wenn sie es gar nicht wollen, ist es natürlich etwas anderes.
Es erhält das Wort Dr. Franziska Kersten für die SPD-Fraktion.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7546525 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 57 |
Tagesordnungspunkt | Wolfsbestandsmanagement |