30.09.2022 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 58 / Zusatzpunkt 9

Karsten KleinFDP - Fiskalpolitische Disziplin in Europa

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich denke, es ist wichtig, dass wir vielleicht noch einmal darauf hinweisen, dass die Bundesregierung einen Vorschlag zur Reform des Stabilitätspaktes gemacht hat und darin feststellt, dass an den Zielen von maximal 60 Prozent Staatsverschuldung und 3 Prozent Defizit nicht gerüttelt wird. Das ist die zentrale Botschaft in diesem Vorschlag.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und der Abg. Dr. Silke Launert [CDU/CSU] – Johannes Schraps [SPD]: Das ist aber gerade in Abrede gestellt worden vom Kollegen Oßner!)

Und ich möchte in die Richtung der Union sagen: Das ist vielleicht für uns als Freie Demokraten eine Selbstverständlichkeit, aber für Sie sicher nicht. Wenn man sich die Verhandlungsstrategien der von Ihnen geführten Bundesregierungen auf europäischer Ebene in den letzten Jahren angeschaut hat, konnte man mitverfolgen, dass Sie von Mal zu Mal unsere Kriterien für solide Staatsfinanzierung auf europäischer Ebene gebrochen haben. Denen sind Sie eben nicht nachgekommen.

(Beifall bei der FDP – Florian Oßner [CDU/CSU]: Aber Deutschland hat die Kriterien doch eingehalten! – Weiterer Zuruf von der CDU/CSU: Das Gegenteil ist richtig!)

Deshalb ist es wahrscheinlich für die einen oder anderen europäischen Partner fast schon eine Überraschung gewesen – für uns nicht, aber für die europäischen Partner und wahrscheinlich auch für die Kolleginnen und Kollegen der Union –, dass die Bundesregierung überhaupt einen Vorschlag unterbreitet hat.

(Zuruf des Abg. Ingo Gädechens [CDU/CSU])

Deutschland ist doch als Reformmotor in Europa in den letzten Jahren unter Führung von Angela Merkel ausgefallen. Bei jeder Debatte zu Reformen in Europa, wenn zum Beispiel Vorschläge aus Frankreich gekommen sind, herrschte doch Stille vonseiten des Kanzleramts. Deshalb, finde ich, sollten Sie das in Ihrem Antrag mal lobend erwähnen, bevor Sie hier den Schulmeister spielen.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Dann möchte ich darauf hinweisen, dass es nicht nur wichtig ist, das Richtige zu sagen, liebe Kolleginnen und Kollegen der Union, sondern dass man es auch zum richtigen Zeitpunkt tun muss. Der richtige Zeitpunkt wäre gewesen, als „Next Generation EU“ verhandelt worden ist. Damals hätte man gleichzeitig auch Eckpunkte für die Reform des Stabilitätspaktes verhandeln können. Damals, als die Bundesrepublik etwas in die Waagschale gelegt hat, als wir Garantien für den Wiederaufbaufonds in Europa gegeben haben, hätten wir über diese Eckpunkte verhandeln müssen. Fehlanzeige bei der Union! Da haben Sie geschlafen, statt sich für die Interessen des Steuerzahlers einzusetzen, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Florian Oßner [CDU/CSU]: Na ja, das war jetzt weniger überzeugend!)

Nun zu den von Ihnen so oft zitierten Vertretern der Union: Theo Waigel hätte auch in dieser Situation eingefordert, dass der Stabilitäts- und Wachstumspakt eingehalten wird. Wo war denn die deutsche Bundesregierung in den Jahren zwischen Finanzkrise und Coronakrise, als zwar in Deutschland die Schulden im prozentualen Verhältnis zum BIP reduziert worden sind, aber eben nicht in Europa? Wo waren denn die deutsche Bundesregierung und die Kanzlerin? Da herrschte Stillschweigen im Kanzleramt. Deshalb brauchen wir jetzt keine schlaumeierischen Empfehlungen vonseiten der Unionsfraktion, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Nadine Heselhaus [SPD] – Florian Oßner [CDU/CSU]: War die FDP da nicht an der Regierung beteiligt?)

Ich will noch einmal festhalten: Der Blick nach Großbritannien, der Blick in die Vereinigten Staaten zeigt, was expansive Fiskalpolitik auslösen kann: enorm hohe Inflationsraten, steigende Renditen und damit steigende Zinskosten für den Staat. Das alles zeigt doch, dass wir eben gut beraten sind, nicht nur in Deutschland die Schuldenbremse einzuhalten, wie diese Bundesregierung es sich vorgenommen hat, sondern auch an den Kriterien des Stabilitätspakts – 3 Prozent und 60 Prozent – festzuhalten. Das ist die Basis, das ist das Fundament für eine handlungsfähige Europäische Union.

(Beifall bei der FDP)

Deshalb, liebe Kollegin Lötzsch, auch an Ihre Adresse noch einmal deutlich formuliert: Für uns sind Freiheit, Verantwortung und Solidarität Grundpfeiler der Europäischen Union und unseres Gemeinwesens.

(Dr. Gesine Lötzsch [DIE LINKE]: Gut!)

Aber wer solidarisch sein will, der braucht einen handlungsfähigen Staat. Einen handlungsfähigen Staat gibt es aber nur, wenn man stabile und solide Staatsfinanzen hat, wenn man die Schuldenbremse und den Stabilitätspakt einhält.

(Christian Haase [CDU/CSU]: In Richtung der Grünen!)

Deshalb ist die Grundvoraussetzung für Solidarität,

(Zuruf des Abg. Matthias W. Birkwald [DIE LINKE])

eine solide Finanzpolitik zu machen und nicht zuzulassen, dass diese Ziele auseinanderdriften.

(Beifall bei der FDP – Zuruf der Abg. Kathrin Vogler [DIE LINKE])

Deshalb will ich am Ende meiner Rede Folgendes in den Mittelpunkt stellen: Wer die Daueraufgaben eines Staates finanzieren will – soziale Sicherung, äußere Sicherheit, Bildungschancen, Klimaschutz und Digitalisierung –, der muss sich an soliden Staatsfinanzen, der Einhaltung der Schuldenbremse und am Stabilitätspakt orientieren.

(Stephan Brandner [AfD]: Vor allem wählt der nicht FDP! Der wählt auch nicht CDU oder SPD!)

Dazu hat die Bundesregierung auf europäischer Ebene gute Vorschläge gemacht; die finden auch unsere Unterstützung.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort hat Dr. Michael Meister für die CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7546662
Wahlperiode 20
Sitzung 58
Tagesordnungspunkt Fiskalpolitische Disziplin in Europa
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