Michael MeisterCDU/CSU - Fiskalpolitische Disziplin in Europa
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben seit 1999 eine gemeinsame Währung, den Euro. Wir haben seit 1999 eine gemeinsame Geldpolitik, aber wir haben keine gemeinsame Finanz- und Wirtschaftspolitik. Deshalb ist es bei 27 verschiedenen Finanz- und Wirtschaftspolitiken dringend notwendig, dass es dafür einen Rahmen gibt, um sie zusammenzuhalten, und dafür brauchen wir den Stabilitäts- und Wachstumspakt in Europa.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Ein solches Experiment mit einer Währung ohne gemeinsame Finanz- und Wirtschaftspolitik gibt es sonst nirgendwo auf der Welt,
(Stephan Brandner [AfD]: Weil es nicht klappt!)
und das zeigt die zentrale Bedeutung des Themas, das wir hier diskutieren. Deshalb, liebe Frau Hagedorn, ist das, was wir heute hier machen, nicht aus der Zeit gefallen.
(Bettina Hagedorn [SPD]: Doch, genau!)
Die Bundesregierung hat einen Vorschlag gemacht; die EU‑Kommission kündigt für nächsten Monat einen Vorschlag an. Wer muss denn über diese Frage diskutieren? Dieser Deutsche Bundestag!
(Beifall bei der CDU/CSU)
Und wir haben die Debatte hierher geholt, und das ist nicht aus der Zeit gefallen, sondern es ist dringend notwendig.
Wir haben 10 Prozent Inflation in diesem Land, wie wir seit gestern wissen; seit 70 Jahren lag sie nicht mehr in dieser Dimension. Der Stabilitäts- und Wachstumspakt soll dafür sorgen, dass die Finanzpolitik nicht zu expansiv ausfällt. Und was machen wir aktuell? Wir machen eine expansive Finanzpolitik in Europa, wie wir sie auf der Welt noch nicht hatten.
(Bettina Hagedorn [SPD]: Ach! Und was ist Ihr Vorschlag?)
500 Milliarden Euro hat diese Koalition in einem Jahr an neuen Schulden ausgewiesen.
(Andreas Audretsch [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was hätten Sie gemacht? Alles laufen lassen?)
500 Milliarden Euro!
(Beifall bei der CDU/CSU)
Die Finanzminister der Bundesrepublik Deutschland vor Herrn Lindner haben es auf rund 1 200 Milliarden gebracht. Machen Sie sich mal klar, was das bedeutet: 500 Milliarden Euro.
(Kaweh Mansoori [SPD]: Sie haben doch die Abhängigkeit von fossilen Energieträgern aufgebaut!)
Wir sind ein schlechtes Vorbild für Europa; deshalb brauchen wir in dieser Debatte – –
(Zuruf des Abg. Kaweh Mansoori [SPD])
– Jetzt hören Sie doch mal auf zu schreien und hören zu. Ich habe die ganze Zeit auch intensiv zugehört.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Deshalb brauchen wir in dieser Debatte dringend Orientierung, und Sie als Bundesregierung und als Koalitionsfraktionen haben bisher diese Orientierung vermissen lassen.
Wir sehen Reformbedarf an diesem Stabilitäts- und Wachstumspakt. Aus unserer Sicht ist er zu komplex, und deshalb muss Komplexität herausgenommen werden. Die Bindungswirkung der Regeln ist offensichtlich nicht stark genug. Wir geben uns Regeln und halten uns nicht daran;
(Stephan Brandner [AfD]: Das haben Sie genauso gemacht!)
also muss die Bindungswirkung gestärkt werden.
Und ein weiterer Punkt ist: Es muss einen Schiedsrichter auf dem Platz geben,
(Zuruf des Abg. Stephan Brandner [AfD])
der für die Durchsetzung der Regeln sorgt, und das ist nicht geschehen; da haben Sie aber auch eine massive Verantwortung. Der Erste, der dafür gesorgt hat, dass das nicht geschieht, war der Bundeskanzler Gerhard Schröder, der damals diese Linie übertreten und diesen Pakt nicht eingehalten hat.
(Beifall bei der CDU/CSU – Zuruf des Abg. Stephan Brandner [AfD])
Damals fing es mit dem schlechten Vorbild an, und darunter leiden wir noch heute, meine Damen und Herren.
Was wir als Union nicht mitmachen werden, ist das Herausrechnen einzelner Positionen aus der Ausgabenseite. Das kann nicht sein, weil da niemand ein Ende finden und niemand eine klare Definition finden wird.
Jetzt argumentieren Sie, na, man müsse doch investieren. Schauen Sie doch mal Ihren eigenen Bundeshaushalt an! Der leidet doch nicht unter der Tatsache, dass zu viel investiert würde. Er leidet darunter, dass zu viel konsumtiv ausgegeben wird.
(Beifall des Abg. Florian Oßner [CDU/CSU])
Wenn Sie schon für Investitionen werben, dann tun Sie es doch in Ihrem Haushalt, und setzen Sie den Schwerpunkt bei Investitionen und nicht beim Konsum. Das ist das Problem an der Stelle.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Wir sind klar gegen eine Individualisierung des Regelwerks. Es kann nichts bringen, wenn jedes Land eigene Regeln hat. Wir sind dafür, dass wir das Primärrecht nicht ändern. Darüber herrscht große Einigkeit: Die Grenzen von 3 Prozent und 60 Prozent bleiben bestehen. Dazu haben wir eine klare Position.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, zum Abschluss. Wir sind in Deutschland nicht der Schulmeister.
(Stephan Brandner [AfD]: Der Zahlmeister!)
Aber wir sind als größte Volkswirtschaft das Vorbild Europas,
(Stephan Brandner [AfD]: Und der Zahlmeister, dank Ihrer Politik!)
Und deshalb sollten wir uns auch vorbildlich verhalten.
Vielen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7546663 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 58 |
Tagesordnungspunkt | Fiskalpolitische Disziplin in Europa |