Hermann-Josef TebrokeCDU/CSU - Mehrwertsteuer auf Grundnahrungsmittel
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Zuschauerinnen und Zuschauer auf der Empore und an den Empfangsgeräten! Wir beraten heute abschließend den Antrag der Linken mit dem Titel „Mehrwertsteuer auf Grundnahrungsmittel aussetzen“, jetzt kombiniert mit dem Antrag „Grundnahrungsmittel zeitgemäß definieren“. Liebe Antragssteller, ich darf Ihnen für die CDU/CSU-Fraktion sagen, dass Ihr Antrag willkommen ist, aber … Dazu möchte ich drei Punkte ausführen.
Erster Punkt. Ihr Antrag ist willkommen, weil er Druck gemacht hat und immer noch Druck macht auf die Ampel, sich zur Inflation etwas überzeugender zu äußern. Einige Menschen sind besonders von der Inflation betroffen, zum Beispiel, weil sie nicht auf die veränderten Preise reagieren können, weil sie nicht auf andere Produkte ausweichen können oder weil das Einkommen viel zu niedrig ist, um das mal eben so wegzustecken. Sie haben mit Preissteigerungen von 8 Prozent argumentiert; mittlerweile sind wir bei 10 Prozent angekommen. Was noch viel schlimmer ist: Bei Nahrungsmitteln haben wir eine Preissteigerung von 16 Prozent zu verzeichnen. Die Preise für Brot und Teigwaren sind noch deutlicher gestiegen, und bei Molkereiprodukten wird eine Preissteigerung von etwa 30 Prozent gemessen.
Aber – das ist das erste Aber – die Preissteigerungen sind deutlich zu hoch, als dass man glauben kann, dem allein mit einer Mehrwertsteuersenkung begegnen zu können. Natürlich müssen wir darauf hinweisen, dass Ihr Antrag leider zu wenig darauf verweist, wie man die Ursachen bekämpfen könnte, die diesen Preissteigerungen zugrunde liegen und die diese Menschen so treffen. Wir haben festgestellt, dass insbesondere der Mangel an Energie eine Ursache ist. Darum glauben wir, dass es besser ist, stärker die Energiepreissenkung voranzubringen und das Angebot an Energie auszubauen. Dazu gibt es einige Anträge unserer Fraktion; einigen Anträgen ist die Ampel auch gefolgt, worüber wir uns sehr freuen.
Zweiter Punkt. Ihr Antrag ist willkommen, weil er die Diskussion über die Systematik der Mehrwertsteuer wieder anheizt. Der Kollege Mansmann hatte darauf verwiesen, und auch in der letzten Ausschusssitzung gab es Einvernehmen dahin gehend, dass wir uns unbedingt damit beschäftigen müssen. Damit wird wiederum einem Wunsch entsprochen, den wir als Fraktion immer wieder geäußert haben. Spätestens nachdem EU-rechtlich neue Möglichkeiten eröffnet worden sind, sollten wir uns genauer anschauen, welche Produkte und Dienstleistungen unter den normalen Steuersatz, welche unter den ermäßigten Steuersatz und welche vielleicht sogar unter den Nullsteuersatz fallen sollten.
Aber – das ist das zweite Aber; darauf gehen Sie im Grunde schon durch Ihren beigestellten Antrag ein – was genau sind denn Grundnahrungsmittel, und reicht es, wenn man in einen Antrag schreibt, irgendjemand möge definieren, was Grundnahrungsmittel sind? Die Abgrenzung ist in jedem Fall schwierig. Sie ist auch schwierig mit Blick auf die Antworten des Wissenschaftlichen Dienstes auf Ihre Fragen, in denen Sie offensichtlich noch andere Überlegungen angestellt haben hinsichtlich der Zuordnung zu den verschiedenen Kategorien. Möglicherweise wollen Sie nicht nur die Grundnahrungsmittel selbst platzieren, sondern auch Kriterien wie ökologische und andere Aspekte anwenden. Das macht die Debatte noch schwieriger und verbietet eine Ad-hoc-Entscheidung auf der Grundlage Ihres Antrags.
Ein dritter Punkt. Ihr Antrag ist willkommen – das sage ich ausdrücklich –, weil er die Umsatzsteuersenkung insgesamt in die Diskussion bringt, die wir an anderen Stellen auch aufgenommen haben. Aber – an dieser Stelle kommt das letzte und dritte Aber – was kostet eine solche Umsatzsteuersenkung? Ich muss diese Frage stellen. Wer profitiert denn tatsächlich davon? Und wer zahlt eigentlich für die entgangenen Einnahmen des Staates? Auf etwa 12 Milliarden Euro belaufen sich die Umsatzsteuereinnahmen des Staates bei den Nahrungsmitteln. Betrachtet man die Grundnahrungsmittel, die wir ja noch nicht definiert haben, dann reden wir von vielleicht 2 Milliarden, 3 Milliarden Euro, die dem Staat entgehen, wenn man den Umsatzsteuersatz bei Fleisch, Brot und Milchprodukten auf null setzt.
Aber viel wichtiger ist: Wer profitiert von dieser Umsatzsteuersenkung? Mein Kollege hat ja schon darauf hingewiesen: Das sind nicht nur diejenigen mit niedrigen Einkommen, die Sie im Blick haben, sondern es profitieren alle davon, die Milch, Brot oder Butter konsumieren. Damit ist diese Maßnahme nicht so zielgenau, wie wir uns das vorstellen, und deswegen findet sie auch nicht unsere Unterstützung.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Nicht zuletzt: Wer bezahlt das Ganze? Die Ampelregierung hat ein neues Paket aufgelegt. 200 Milliarden Euro werden aufgerufen und als Sondervermögen ausgewiesen. Es sind Sonderschulden.
(Sebastian Brehm [CDU/CSU]: So ist es!)
Wer übernimmt die Tilgung dieser Schulden? Das ist die nachfolgende Generation. Diese sollten Sie im Blick haben, wenn Sie über eine Umsatzsteuersenkung nachdenken. Sollten wir eine Umsatzsteuersenkung vornehmen, die die Aufnahme von neuen Krediten erforderlich macht, die die nachfolgende Generation zu tilgen hat? Das erscheint uns noch nicht ausgegoren.
Fazit: Die Anträge sind grundsätzlich willkommen, die Bedenken allerdings zu groß, sodass wir die Anträge ablehnen müssen. Aber wir laden ausdrücklich dazu ein, über die Umsatzsteuer grundsätzlich zu diskutieren, wie das ja auch von Vertretern der Ampelfraktionen angeboten wird. Wir als Unionsfraktion stehen dafür gern zur Verfügung. Ihre Anträge lehnen wir ab.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Vielen Dank. – Ich bitte, doch ein wenig auf die Redezeit zu achten. Es ist ja nicht wenig, was alle schon an Redezeit schon haben.
Als Nächstes erhält der Kollege Armand Zorn für die SPD-Fraktion das Wort.
(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7546695 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 58 |
Tagesordnungspunkt | Mehrwertsteuer auf Grundnahrungsmittel |