Sebastian BrehmCDU/CSU - Mehrwertsteuer auf Grundnahrungsmittel
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nach den aktuellen Zahlen der Herbstprognose der renommiertesten Wirtschaftsforschungsinstitute in Deutschland wird für dieses Jahr eine Inflation von durchschnittlich 9 Prozent – gerade sind wir bei über 10 Prozent – und für das nächste Jahr eine Inflation von 9,6 Prozent vorausgesagt; so wurde es gerade diese Woche veröffentlicht. Darüber, dass die Inflation auch durch die Energiepreise getrieben ist, sind wir uns einig. Wir haben es mit einem Angebotsschock zu tun. Aber anstatt eine Angebotsausweitung vorzunehmen – ganz im Sinne von vernünftigen marktwirtschaftlichen Instrumenten –, ergreift die Bundesregierung Maßnahmen rein auf der Nachfrageseite, die verkonsumiert werden. Also: Das Angebot bleibt knapp, und Sie erhöhen die Nachfrageseite. Damit heizen Sie die Inflation weiter brutal an.
(Widerspruch bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Die 500 Milliarden Euro neue Schulden, die Sie in diesem Jahr aufnehmen wollen, gießen weiteres Öl ins Feuer der Inflation. Sie machen die Menschen mit Ihrer Politik ärmer, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Dr. Götz Frömming [AfD] – Zurufe von der SPD: Nein!)
Ludwig Erhard hat einmal dazu gesagt:
Die Inflation kommt nicht über uns als ein Fluch oder als ein tragisches Geschick; sie wird immer durch eine leichtfertige oder sogar verbrecherische Politik hervorgerufen.
(Lennard Oehl [SPD]: Durch Wladimir Putin!)
Das Chaos, das Sie anrichten, Ihr dauerndes Hin und Her – der eine sagt, wir senken die Mehrwertsteuer; der andere sagt, wir senken sie nicht; gerade haben wir gehört, die Mehrwertsteuer zu senken, sei schwierig; eine Stunde vorher haben Sie die Mehrwertsteuer auf Gas gesenkt –, dieses Durcheinander macht die Menschen in unserem Land Tag für Tag ärmer.
(Zuruf des Abg. Dr. Sebastian Schäfer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Sie löschen Feuer mit Benzin, und die Inflation wird durch Ihre Politik weiter steigen, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Übrigens ist die Diskussion über eine temporäre Absenkung der Mehrwertsteuer auf Lebensmittel auf null Prozent, um die Menschen in unserem Land kurzfristig zu entlasten, richtig. Sie haben gesagt: Das ist kein Instrument. – Vor zwei Stunden haben Sie es noch als Instrument verkündet und es hier im Bundestag beschlossen: bei der Senkung der Mehrwertsteuer auf die Gaspreise. Es ist also völlig unlogisch, wie Sie hier argumentieren.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der AfD)
Übrigens, dass Die Linke mal Steuersenkungen im Bundestag fordert, das muss ich mir wirklich heute – natürlich mit roter Farbe – im Kalender anstreichen.
(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Seit Jahren fordern wir die, Herr Kollege, auch bei der Einkommensteuer!)
Ich wünsche mir, dass Sie, wenn wir Steuersenkungen vorschlagen, auch mal diesem Gedanken beitreten.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die EU hat die Möglichkeit geschaffen, die Umsatzsteuer im Bereich der Lebensmittel sogar weiter zu senken. Deswegen ist es richtig, sich darüber Gedanken zu machen. Wir haben ja schon im Februar gefordert, die Umsatzsteuer auf Gas zu senken. Im Februar! Sie hätten die Bürger schon wesentlich früher entlasten können. Aber Sie haben es nicht getan, sondern gezögert, gezaudert und in der Koalition diskutiert. Heute haben Sie es gemacht. Ein richtiger Schritt!
Wenn man aber die Umsatzsteuer auf Lebensmittel senkt, dann muss man systematisch vorgehen. Deswegen ist der Ansatz richtig, sich alle diese Sonderfälle einmal anzuschauen,
(Lennard Oehl [SPD]: Das braucht ja Zeit!)
zum Beispiel für Kartoffeln 7 Prozent und für Süßkartoffeln 19 Prozent. Man könnte die Liste der Beispiele, die hier schon genannt wurden, beliebig fortführen. Lassen Sie uns zusammenarbeiten. Sie haben gesagt: Es ist notwendig, hier etwas zu tun. – Sie sind an der Regierung.
(Armand Zorn [SPD]: Das ist auch gut so!)
Tun Sie etwas! Handeln Sie! Wir werden mit Ihnen sprechen und uns hier mit unserem steuerlichen Verstand in die Diskussion einbringen. Bislang ist es ja bei Ihnen in der Ampel so, dass Sie auf unsere Expertise komplett verzichten. Es gibt ja nicht einmal Gespräche.
(Zurufe vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und von der FDP)
Also: Fangen Sie an, mit uns zu sprechen! Gerade in der jetzigen Zeit wäre es notwendig, dass Sie uns einbinden, um die Bürgerinnen und Bürger in Deutschland zu entlasten. Das ist doch unsere erste Pflicht, anstatt solchen Streit und solches Chaos in der Regierung hervorzurufen, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Ich sage Ihnen: Ich habe, ehrlich gesagt, die Befürchtung, dass man jetzt anfängt, zu sagen: Wir müssen mit der Mehrwertsteuer sozusagen den Konsum leiten. – So ist es ja vorhin gesagt worden. Auf Gemüse fordern die Grünen 7 Prozent Mehrwertsteuer, aber beim Fleisch wollen sie sie erhöhen.
(Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
– Ja, das war in Ihren Forderungen enthalten. – Das wäre doch falsch. Die Staatssekretärin hat es einmal gesagt: Wir begünstigen damit die Ananas aus Südamerika, und wir belasten die guten Landwirte im Bereich der regionalen Fleischproduktion in Deutschland.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und des Abg. Dr. Götz Frömming [AfD])
So können Sie das doch nicht machen, liebe Kolleginnen und Kollegen. Wenn, dann lassen Sie uns wirklich systematisch vorgehen.
Wenn die FDP übrigens sagt: Wir können da ganz schwierig mitmachen. – Sie haben diese ganze Senkungsdiskussion damals mit der Mehrwertsteuersenkung für die Hotellerie auf 7 Prozent begonnen.
(Lachen bei Abgeordneten der FDP – Zuruf von der FDP: Das ist Geschichtsklitterung!)
Wir können miteinander diskutieren und uns abstimmen. Lassen Sie uns in ruhigen und fachlichen Gesprächen im Finanzausschuss zusammensitzen. Aber Sie sind am Zug; Sie müssen uns die Gespräche anbieten. Bislang haben Sie alle Gespräche ausgeschlagen, um erst mal Ihre eigenen Streitigkeiten auszutragen.
(Armand Zorn [SPD]: Oh!)
Ich freue mich auf die Diskussionen im Finanzausschuss.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Zum Abschluss der Debatte bin ich gespannt, wie weit wir in der Historie zurückgehen.
Letzte Rednerin ist Renate Künast für Bündnis 90/Die Grünen.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7546701 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 58 |
Tagesordnungspunkt | Mehrwertsteuer auf Grundnahrungsmittel |