Nina ScheerSPD - Aktuelle Stunde - Deutschland ein Jahr nach der Bundestagswahl - Zeit für Klarheit und Führung
Liebe Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Dass Sie, Frau Wulf, jetzt auch noch den Versuch gestartet haben, hier einen Wahlkampf ins Plenum zu ziehen, also, das hat jetzt noch mal den Gipfel der – –
(Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU – Friedrich Merz [CDU/CSU]: Das ist Ihnen noch nie passiert!)
Mir fehlen – – Ich komme fast ins Stottern, dass Sie tatsächlich sogar noch in diese Klamottenkiste greifen. Sie holen jetzt noch den Wahlkampf ins Plenum hinein; also gut. Sie wollten die Aktuelle Stunde, möglicherweise aus diesen Gründen; aber es ist schlimm genug.
(Zuruf von der CDU/CSU: Gibt es auch noch Inhalt in der Rede?)
Kommen wir zurück zum Thema. Es sind ernste Zeiten, und wir alle haben eine gemeinsame Verantwortung für unser Land. Ich hatte eigentlich teilweise den Eindruck, dass der russische Angriffskrieg und die Solidarität, die es der Ukraine zu zeigen gilt, weil es hier auch um gemeinsame Werte geht – wir wollen nicht nur ein Land retten; das alleine wäre schon Anlass genug; aber wir wollen gemeinsame Werte, auch demokratische Werte, retten –, Anlass genug sind, um hier – auch mit der Opposition – aus diesem Haus heraus Solidarität ausstrahlen zu können. Aber das haben Sie gerade mal mit einem Federstrich beseitigt.
(Friedrich Merz [CDU/CSU]: Oijoijoi!)
Es ist angesichts der Ernsthaftigkeit dieser Lage polemisch, billig und überhaupt nicht angemessen gewesen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Peter Beyer [CDU/CSU]: Wir müssen euch ja zum Führen treiben!)
Dafür brauchen Sie irgendeinen Anlass. Sie setzen dann mal schnell eine Bilanzziehung auf die Tagesordnung; es soll jetzt um die Bilanz gehen.
(Peter Beyer [CDU/CSU]: Ja, da sind wir jetzt mal gespannt!)
Die Anlässe, die in den letzten Monaten, wie Sie wissen, nicht nur Deutschland, sondern Europa und die ganze Welt in Atem gehalten haben, habe ich genannt.
(Thorsten Frei [CDU/CSU]: Ja, es geht darum, wie man damit umgeht!)
Mit diesen ernsthaften Voraussetzungen, die wir uns nicht ausgesucht haben – keiner hat sie sich ausgesucht –, müssen wir umgehen, und zwar verantwortlich umgehen.
Hinter allem bzw. vor allem, wenn man es auf der zeitlichen Achse sieht, steht auch noch eine fossile Energiepreiskrise. Das heißt, wir haben noch mal – diesmal deutlicher denn je – vor Augen gehalten bekommen, dass uns, wenn Energie sicher gehalten werden will, bezahlbar gehalten werden will, einzig und allein der Weg bleibt, schnell, beschleunigt auf erneuerbare Energien umzusteigen und diesen Wechsel auch systemisch hinzubekommen.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Wir haben auch deswegen heute noch mal einen weiteren Erneuerbare-Energien-Booster beschlossen – ergänzend zum Osterpaket, das im Sommer ein Bündel von Maßnahmen wie das Wind-an-Land-Gesetz, das Windenergie-auf-See-Gesetz, Gesetze zur Beschleunigung des Netzausbaus und die Novelle zum Erneuerbare-Energien-Gesetz mit über 300 Seiten umfasst. Wir haben ein überragendes öffentliches Interesse für erneuerbare Energien verankert. Wir haben den Stromverbrauch, den wir bis 2030 aus erneuerbaren Energien decken wollen, auf 80 Prozent hochgesetzt, und wir haben vieles, vieles mehr, was gar nicht alles aufzuzählen wäre, verankert, damit dies beschleunigt gelingt.
Wir haben zudem die Stromkunden geschützt, die mit „Hire and fire“-Angeboten ihrer Anbieter bildlich auf die Straße gesetzt wurden, damit sie mit Stromtarifen nicht ins Leere fallen. Wir haben ein Gasspeicherfüllstandsgesetz beschlossen. Wir haben ein LNG-Beschleunigungsgesetz gemacht, damit wir diversifizieren können. Wir haben die Novelle zum Energiesicherungsgesetz hinter uns gebracht. Wir haben ein Gesetz zur Bereithaltung von Ersatzkraftwerken gemacht, damit auch tatsächlich fossile Kapazitäten für eine Übergangszeit herangezogen werden, und vieles mehr. Das ist so viel an Gesetzgebung.
Die Tatsache, dass Sie diesen Sitzungstag mit dieser Aktuellen Stunde beenden und eine solche Bilanz ziehen wollen, heißt, dass Sie das alles offenbar gar nicht mitbekommen haben. Das haben Sie offenbar gar nicht mitbekommen!
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Thorsten Frei [CDU/CSU]: Quantität ist doch nicht Qualität!)
Sie wollen jetzt von uns noch mal dargelegt bekommen, was in dieser Zeit passiert ist? Das ist nicht Ihr Ernst; das kann ich eigentlich gar nicht glauben. Aber Sie fordern uns dazu auf, und wir tun unser Bestes, um Ihnen noch mal zu erläutern, welche Dinge wir bereits auf den Weg gebracht haben.
Natürlich: Eine weltweite Preiskrise muss auch mit Entlastungspaketen beantwortet werden. Wie anders wäre es möglich? Wir sind auch dabei, den Preisentwicklungen so zu begegnen, dass die Preise eben nicht ins Uferlose steigen. Dafür wird mit Strom- und Gaspreisbremsen gearbeitet. Die Entlastungspakete wurden jetzt gerade angekündigt: 200 Milliarden Euro werden obendrauf gesetzt. Auf 90 Milliarden Euro haben wir uns sowieso schon verständigt. Was wollen Sie denn noch?
(Andrea Lindholz [CDU/CSU]: Es geht doch nicht nur ums Geld!)
Aber Sie wollen trotzdem noch eine Bilanz über das Jahr dargelegt bekommen. Gerne tun wir das; gerne zeigen wir Ihnen das alles noch mal auf. Es betrifft zwar nicht meinen Fachbereich, die Energiepolitik, aber weil es mit dem morgigen 1. Oktober kurz bevorsteht und es mit Sicherheit auch noch Gegenstand der Reden anderer Kolleginnen und Kollegen sein wird, möchte ich noch sagen: Die Mindestlohnerhöhung auf 12 Euro kommt zum 1. Oktober, und das Bürger/-innengeld haben wir auch im Blick.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Matthias Moosdorf erhält für die AfD-Fraktion das Wort.
(Beifall bei der AfD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7546707 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 58 |
Tagesordnungspunkt | Aktuelle Stunde - Deutschland ein Jahr nach der Bundestagswahl - Zeit für Klarheit und Führung |