30.09.2022 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 58 / Zusatzpunkt 13

Andrea LindholzCDU/CSU - Aktuelle Stunde - Deutschland ein Jahr nach der Bundestagswahl - Zeit für Klarheit und Führung

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das erste Jahr der Ampel steht ganz im Zeichen von Putins verbrecherischem Angriffskrieg gegen die Ukraine. Und es ist für uns keine Frage: Deutschland muss dem ukrainischen Volk in seinem mutigen Freiheitskampf mit aller Kraft zur Seite stehen.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Dr. Lukas Köhler [FDP])

Rund 1 Million Menschen aus der Ukraine, vor allem Frauen und Kinder, haben bei uns Schutz gefunden. Diese Hilfe war, ist und bleibt richtig.

(Konstantin Kuhle [FDP]: Ich dachte, das sind Sozialtouristen! Hat Herr Merz gesagt!)

Im Schatten dieses Krieges und der Energiekrise spitzt sich aber seit Monaten auch die Migrationskrise zu. Weltweit sind zum ersten Mal über 100 Millionen Menschen auf der Flucht. Die Lage für Millionen syrische Flüchtlinge im Libanon und in der Türkei wird immer prekärer. Serbien hat für über hundert Staaten die visumsfreie Einreise verfügt. Die illegale Migration in Richtung Deutschland nimmt nicht nur auf der Balkanroute stark zu. Tschechien hat gestern daher Binnengrenzkontrollen zur Slowakei eingeführt. Die Bundespolizei berichtet von bis zu 500 illegalen Einreisen nach Deutschland pro Tag. Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Bundesinnenministerin muss daher endlich handeln, sie darf das Thema nicht länger verschweigen, und sie muss sich auch auf Binnengrenzkontrollen im tschechisch-deutschen Grenzraum vorbereiten.

(Beifall bei der CDU/CSU – Beatrix von Storch [AfD]: Ach nee! Plötzlich!)

Wir haben über 200 000 zusätzliche Asylanträge in diesem Jahr – zusätzlich zu den schutzberechtigten Ukrainerinnen, die wir erwarten. Das, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist schon zu viel. Die Länder und Kommunen, sie können nicht mehr. Und das schon zum jetzigen Zeitpunkt.

(Peter Beyer [CDU/CSU]: Leider stimmt das!)

Der grüne Ministerpräsident Winfried Kretschmann warnte bereits am 23. August 2022 – ich zitiere –: „Wir haben bereits jetzt mehr Geflüchtete als in der Flüchtlingskrise 2015.“ Bereits Anfang September haben 12 von 16 Bundesländern den zeitweisen Aufnahmestopp erklärt.

(Konstantin Kuhle [FDP]: Sie können die Krise gar nicht erwarten, ne?)

Letzte Woche, Herr Kuhle, forderten die kommunalen Spitzenverbände in einem Brandbrief an Kanzler Scholz seine Hilfe und seine Führung. Passiert ist bislang schlicht und ergreifend fast nichts.

Die Bilanz der Ampel in der Migrationspolitik ist, auch wenn Sie es wieder nicht hören wollen, katastrophal. Sie ignorieren seit Monaten die Warnungen der Länder und Kommunen. Anstatt für Entlastung zu sorgen, schaffen Sie neue Aufnahmeprogramme. Sie vergrößern die Fehlanreize für die illegale Weiterreise nach Deutschland, und die Verteilung in unserem Land ist teilweise ungeordnet. Die Länder melden sich im EASY-System an und ab, und man hat wenig Planungssicherheit.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Fast ein Jahr nachdem Frau Faeser den Staatssekretär für Migration abberufen hat, schafft sie es heute, den Posten neu zu besetzen. Das, liebe Kolleginnen und Kollegen, hat viel zu lang gedauert.

In Europa sind Sie auf einer asylpolitischen Geisterfahrt.

(Beatrix von Storch [AfD]: So wie 2015 unter Ihrer Führung und Ihrem Innenminister!)

In EU-Staaten wie Italien und Griechenland erhalten anerkannte Flüchtlinge kaum Leistungen. Bei uns hingegen vergrößern Sie mit dem Bürgergeld die Anreize, nach Deutschland zu kommen, anstatt sich, was richtig wäre, um europäische Standards an dieser Stelle zu kümmern.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Widerlich!)

In Frankreich will man die Gültigkeit von Abschiebebescheiden auf drei Jahre verlängern. Bei uns schaffen Sie mit dem Chancen-Aufenthaltsrecht ein Bleiberecht für abgelehnte Asylbewerber, die ihre Identität verschleiern.

(Zuruf der Abg. Dr. Irene Mihalic [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Und nach einem Jahr gibt es weder eine Rückführungsoffensive noch den angekündigten Rückführungsbeauftragten.

(Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Frau Lindholz, die Frau von Storch guckt ganz traurig, weil Sie ihre Rede halten! – Dr. Lukas Köhler [FDP]: Haben Sie Angst vor der Niedersachsenwahl, oder was?)

Die Asylverfahren werden mit einer solchen Politik tatsächlich zur Farce.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Anstatt den Ländern und Kommunen endlich zu helfen, und zwar endlich, streichen Sie die Finanzierung der Sprach-Kitas.

(Peter Beyer [CDU/CSU]: Das ist besonders schlimm!)

Sie vergiften das Bund-Länder-Verhältnis. Sie speisen die Kommunen gerade mal mit einem Treffen in der übernächsten Woche – endlich – bei der Bundesinnenministerin ab, obwohl sie für zentrale Fragen hier gar keine Befugnisse hat.

(Peter Beyer [CDU/CSU]: Viel zu spät!)

Wir fordern Sie daher auf, wir fordern den Bundeskanzler auf, diese asylpolitische Geisterfahrt zu beenden. Wir fordern ihn auf, Migration zur Chefsache zu machen und vor allen Dingen endlich Druck auf Erdogan auszuüben,

(Beatrix von Storch [AfD]: Jawoll! – Mike Moncsek [AfD]: Halleluja!)

damit das EU-Türkei-Abkommen gerettet werden kann. Wir fordern ihn dazu auf, endlich einen vollwertigen Flüchtlingsgipfel einzuberufen. Wir fordern ihn auf, die illegale Einreise zu unterbinden und gemeinsam in Brüssel das europäische Asylsystem voranzutreiben.

(Beifall bei der CDU/CSU – Mike Moncsek [AfD]: Halleluja!)

Scheinlösungen wie der freiwillige Solidaritätsmechanismus von Frau Faeser verschleppen nur die Probleme, und es beteiligt sich außer uns keiner an diesem Solidaritätsmechanismus. Wir gehören seit fünf Jahren zu den wichtigsten Aufnahmeländern weltweit. Wir brauchen in der Flüchtlingspolitik Humanität und Ordnung. Dazu fordern wir Sie auf, liebe Ampel.

(Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das sind auch Arbeitskräfte, falls Sie das nicht mitgekriegt haben!)

So darf es in der Flüchtlingspolitik nicht weitergehen. Wir brauchen Mut, wir brauchen Klarheit, und wir brauchen Führung.

Kommen Sie jetzt bitte zum Schluss, Frau Kollegin. Sie haben schon überzogen.

Und, Frau Kollegin Dr. Scheer, noch zum Abschluss: Es reicht nicht, die Menschen in unserem Land mit Geld zuzuschütten.

(Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber auch nicht mit dummen Worten!)

Es reicht auch nicht, hier heute zu sagen, Sie hätten gestern für uns 200 Milliarden Euro verabschiedet.

(Zurufe vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Kommen Sie bitte zum Schluss, Frau Kollegin.

Kümmern Sie sich um die Menschen!

(Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Auf Wiedersehen! Schönes Wochenende!)

Sorgen Sie dafür, dass die soziale Spaltung nicht weiter vorangetrieben wird, und tragen Sie endlich zu zeitgemäßen und zeitnahen Lösungen bei!

(Beifall bei der CDU/CSU und der AfD – Mike Moncsek [AfD]: Jawoll, Frau Lindholz! Halleluja! – Dr. Götz Frömming [AfD]: So langsam wird die CDU koalitionsfähig! Aber nur langsam! – Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Beifall von der AfD! Das wollen wir mal festhalten!)

Das Wort erhält für die SPD-Fraktion die Kollegin Rasha Nasr.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7546712
Wahlperiode 20
Sitzung 58
Tagesordnungspunkt Aktuelle Stunde - Deutschland ein Jahr nach der Bundestagswahl - Zeit für Klarheit und Führung
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