Matthias MierschSPD - Aktuelle Stunde - Ergebnisse der Unabhängigen Kommission Erdgas und Wärme
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Andreas Jung, ich finde es vollkommen in Ordnung, dass die Opposition Fragen stellt und Kritik äußert. Aber gerade die CDU/CSU-Fraktion sollte sehr vorsichtig sein, wenn sie hier von den Lösungen spricht. Im März haben Sie hier an dieser Stelle – zusammen mit Ihrem Fraktions- und Parteivorsitzenden – gefordert, dass von der Bundesrepublik Deutschland ein einseitiges Gasembargo gegenüber Russland ausgesprochen werden soll. Wir würden jetzt nicht mehr über Bremsen reden, sondern wir hätten Versorgungsprobleme, die ins Eingemachte, ins Existenzielle gehen würden.
(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der FDP und der LINKEN – Andreas Jung [CDU/CSU]: Matthias, das ist nicht richtig! Das haben wir nicht gefordert! Wir haben kein Gasembargo gefordert! Das ist nicht richtig!)
Deswegen muss man vorsichtig sein, wenn man hier Kritik äußert. Aber ich finde es hervorragend, dass Sie jetzt hier sagen, Sie wollten sich konstruktiv mit Vorschlägen beteiligen. Ich will das im Namen der SPD-Bundestagsfraktion sagen: Unser Dank gilt den Expertinnen und Experten, die aus unserer Sicht eine sehr, sehr gute Grundlage für unsere weiter gehende Beratung aufgestellt haben, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Es ist immer so: Wenn eine Lösung schnell wirken soll, dann wird man in der Bundesrepublik Deutschland bei 80 Millionen Menschen immer Fälle finden, in denen man sagen muss: Das ist nicht gerecht. – Aber das Erste, was uns jetzt wichtig ist, ist, den Menschen Sicherheit zu geben; das steht im Vordergrund.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Wir lassen diese Bremse aufgrund der einfacheren Strukturen schon ab 1. Januar 2023 in der Industrie wirken und dann vom 1. März bis mindestens zum 1. April 2024 bei allen, die hier in Deutschland einen Anschluss haben. Ihnen wollen wir Sicherheit geben. Dieser Eingriff ins System war der SPD-Bundestagsfraktion ganz wichtig, und wir sind froh, dass die Expertenkommission diesen Ansatz übernommen hat.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)
Es ist ebenso richtig – Herr Jung, ich gebe Ihnen da ausdrücklich recht –: Wir müssen zusehen, was wir in der Zwischenzeit, im Winter, machen. Aus meiner Sicht ist der Ansatz der Kommission richtig, dass der Staat im Dezember die Abschlagszahlungen übernehmen soll. Aber es stellen sich weitere Fragen: Was ist zum Beispiel mit Januar und Februar? Ist es eigentlich vor dem Hintergrund der dann gesetzgeberisch klar festgelegten Bremsen überhaupt noch gerechtfertigt, seitens der Versorger siebenmal oder achtmal höhere Abschläge von den Bürgerinnen und Bürgern zu verlangen? Auch das müssen wir in den weiteren Beratungen klären.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Ich halte es genauso für gerechtfertigt, dass man überlegt: Bedarf es weiterer flankierender Maßnahmen zwischen Dezember 2022 und März 2023? Auch dem werden wir uns stellen, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Genauso ist es aus unserer Sicht natürlich richtig, dass wir uns, weil wir schnell wirkende Maßnahmen ergreifen wollen, die Frage stellen: Wie ist es eigentlich um die Gerechtigkeit im Zusammenhang mit den Anschlüssen bestellt? Wir haben das große Problem, dass die Versorger augenblicklich die entsprechenden Daten nicht kennen. Sie wissen nicht, ob es sich um ein Einfamilienhaus, ein Mehrfamilienhaus oder eine Villa handelt, ob zu fünft oder zu zweit gewohnt wird, ob es sich um einen reichen oder armen Haushalt handelt. Das ist den Versorgern nicht bekannt. Deswegen finden wir es richtig, dass die Kommission auch auf diesen Gerechtigkeitsaspekt eine Antwort findet und vorschlägt, das Steueraufkommen der Haushalte zu berücksichtigen. Auch darüber müssen wir jetzt beraten, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Ich sage aber auch: Es kann weitergehen. Wenn wir von März 2023 bis April 2024 – über ein Jahr – diese Bremse wirken lassen, kann man auch überlegen, eine Obergrenze, wenn weitere Daten vorhanden sind, einzuführen, sodass es bei bestimmten Einkommensklassen gar nicht mehr zu einer Förderung kommt. Auch darüber werden wir reden müssen, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Es ist schon zu Recht angesprochen worden: Auch wenn siebenfache, achtfache Steigerungen die Ausnahme sind, sollen diejenigen, die auf Öl oder auf Pellets gesetzt haben, nicht alleingelassen werden.
(Beifall bei der SPD)
Deswegen werden wir im parlamentarischen Verfahren auch diese Gruppe in den Fokus nehmen und hier Härten abfedern. Auch dazu hat die Kommission Vorschläge gemacht – Härtefallfonds und weitere Einrichtungen –, die wir als Grundlage sehen, um auch dieser Gruppe Sicherheit zu geben.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, das, was die Kommission vorgeschlagen hat, ist aus unserer Sicht ein richtiger Schritt, den Zusammenhalt in dieser schwierigen Zeit zu organisieren.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Die AfD wird von Dr. Rainer Kraft vertreten.
(Beifall bei der AfD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7546767 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 59 |
Tagesordnungspunkt | Aktuelle Stunde - Ergebnisse der Unabhängigen Kommission Erdgas und Wärme |