12.10.2022 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 59 / Zusatzpunkt 2

Katja LeikertCDU/CSU - Iranische Protestbewegung - frauenorientierte Außenpolitik

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ein herzliches Willkommen an Vertreterinnen der iranischen Gemeinde, die heute bei uns hier auf der Zuschauertribüne sind!

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, der FDP und der LINKEN)

Wir bringen heute einen Antrag zur Situation der Frauen im Iran ein, weil wir der festen Überzeugung sind, dass Deutschland mehr tun kann. Die Lage im Iran wird jeden Tag schlimmer seit dem Tod von Mahsa Amini vor fast einem Monat, am 16. September. Es sind mittlerweile fast 200 getötete Protestierende, Tausende wurden verletzt und inhaftiert. Sie alle sind auf die Straßen des Iran gegangen, ob in Teheran, Isfahan oder Ghom, um für ihre Freiheit und ihre Menschenwürde zu kämpfen. Ich bin mir ganz sicher, dass wir alle hier fest an der Seite der Frauen im Iran stehen.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN und der Abg. Christine Aschenberg-Dugnus [FDP])

Liebe Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie mich das wirklich ganz deutlich sagen: Die aktuelle Lage im Iran ist auch ein richtungsweisender Testfall für deutsche Außenpolitik. Zeigen Sie uns, liebe Bundesregierung, wo Ihre neue frauenorientierte Außenpolitik – Sie nennen es „feministische Außenpolitik“ – wirklich einen Unterschied macht. Zeigen Sie uns, welche Maßnahmen Sie ergreifen wollen, um den Unterdrückten dort zu helfen. Zeigen Sie uns die Schritte, die Sie gehen wollen. Wir wollen Sie gerne auf diesem Weg unterstützen. Wir sind dazu bereit.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Frau Außenministerin – sie ist leider heute nicht hier –, Sie haben in Ihrer Rede vor zwei Wochen im Deutschen Bundestag gefordert – ich zitiere –:

Die iranischen Behörden müssen ihr brutales Vorgehen gegen die Demonstrantinnen und Demonstranten unverzüglich einstellen.

Aber es sind genau diese Behörden und Institutionen, die diese staatlichen Femizide zu verantworten haben, die unsere Bundesregierung offenbar nicht allzu sehr verstimmen möchte. Wir haben den Eindruck, dass das Außenministerium und das Bundeskanzleramt eine zu starke Konfrontation vermeiden wollen, vielleicht auch, um die Verhandlungen zum iranischen Atomprogramm nicht in Gefahr zu bringen. Und wir alle sind natürlich Fans von Verhandlungen zum Atomprogramm; aber vielleicht müssen wir auch nach Jahren der Verhandlungen mit dem Mullah-Regime eingestehen – das ist eigentlich längst klar –, dass der Iran gar kein Interesse an echten Verhandlungen hat.

Wie passt das alles in eine kohärente Strategie?

(Zuruf der Abg. Lamya Kaddor [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, wir dürfen über die Proteste das Große und Ganze nicht aus den Augen verlieren – genau das haben wir eben auch mit den Vertreterinnen der iranischen Exilgemeinde besprochen –; denn der Iran ist eben nicht erst seit den letzten Wochen ein Terrorregime, das Menschenrechte mit Füßen tritt. Es ist ein Regime, das seine Bevölkerung unterdrückt, das jegliche Opposition seit 40 Jahren knallhart niederschlägt. Und nicht nur das: Es ist auch ein Regime, das neuerdings bewaffnete Drohnen an Putin liefert für den Einsatz in der Ukraine. Mit der Wahl von Raisi zum Präsidenten im letzten Jahr hat sich die Lage nochmals verschärft. Auch das müssen wir alles mitdenken.

Liebe Bundesregierung, wir sind gerne bereit, uns konstruktiv einzubringen. Noch mal: Sie haben uns bei diesem Anliegen an Ihrer Seite. Denn auch wir wollen eine Außenpolitik, die sich für verfolgte Frauen einsetzt, die hinschaut und ihre Lage zum Thema macht. Genau deshalb begrüßen wir auch, dass Sie Sanktionen auf den Weg bringen, wenn auch, wie alles, was Sie machen, sehr, sehr langsam. Die Sanktionen sind trotzdem wichtig. Und wenn das Thema am Montag beim Rat „Auswärtige Angelegenheiten“ auf der Tagesordnung steht, dann machen Sie da bitte auch wirklich Druck. Die Amerikaner und die Briten sind, wie immer, bereits mit Sanktionen gegen die Verantwortlichen vorausgegangen. Lassen Sie uns also gemeinsam dafür sorgen, dass die Europäische Union nachzieht.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Lassen Sie uns auch über Sanktionen hinaus Maßnahmen ergreifen. Wir haben in unserem Antrag – bitte lesen Sie ihn, bitte nehmen Sie ihn zur Kenntnis – konkrete Vorschläge gemacht: Setzen Sie sich ein für einen Sonderrat der Europäischen Union zur Lage im Iran. Schließen Sie das Islamische Zentrum Hamburg. Unterstützen Sie Exiliraner, die wichtige Oppositionsarbeit aus Europa heraus machen. Helfen Sie den Protestierenden, indem Sie sichere Kommunikationswege bereitstellen.

Es gibt viel mehr, was wir tun können, als das, was die aktuelle Bundesregierung tut. Es liegt jetzt an Ihnen, den politischen Willen dazu aufzubringen, damit feministische Außenpolitik – ich möchte ein letztes Mal unsere Bundesaußenministerin zitieren – eben nicht „nur eine kurze empathische Geste“ bleibt.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Das Wort erhält Gabriela Heinrich für die SPD-Fraktion.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Christine Aschenberg-Dugnus [FDP])


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7546795
Wahlperiode 20
Sitzung 59
Tagesordnungspunkt Iranische Protestbewegung - frauenorientierte Außenpolitik
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