12.10.2022 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 59 / Tagesordnungspunkt 23

Helge LindhSPD - Opt-Out vom Gemeinsamen Europäischen Asylsystem

Lade Interface ...
Anmelden oder Account anlegen






Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die AfD hat weder Grenzschutz noch Europa noch Dänemark noch Logik noch nationale Interessen verstanden. Das muss man erst mal hinbekommen; das muss man erst mal schaffen. Herzlichen Glückwunsch!

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Sie haben Grenzschutz nicht verstanden – weil das, was Sie vorschlagen, auf das Konzept hinausläuft, das der hochproblematische Martin Wagener vorgeschlagen hat, nämlich einen Schutzwall um Deutschlands Grenzen, weil lückenlos kontrolliert werden muss, mit mehreren Zehntausend Grenzbeamtinnen und Grenzbeamten. Diesen Vorschlag, analog zur Situation in der DDR – das können Sie alles nachlesen, 7. September 2018 –, hat Alice Weidel ausdrücklich in einer Pressemitteilung gewürdigt. Das ist Ihre Vorstellung von Grenzschutz.

Sie haben Europa nicht verstanden. Dänemark kann überhaupt nur via Maastricht die Opt-out-Regelung in Anspruch nehmen. Deutschland kann das gar nicht, selbst wenn es wollte, ansonsten begeht es Rechtsbruch.

Sie haben selbst Dänemark nicht verstanden. Denn sogar Dänemark, dieses migrationspolitisch hoch fragwürdige, restriktive Dänemark – das wüssten Sie, wenn Sie sich mal die Mühe machten, in die Papiere zu schauen –, hat konzediert und zugeben müssen, dass man, solange in Ruanda keine rechtsstaatlichen Verhältnisse herrschen und dort keine Verfahren sichergestellt werden können, ein Asylzentrum in Ruanda überhaupt nicht aufbauen kann. Deshalb funktioniert dies auch nicht. Also haben Sie selbst Ihr heißgeliebtes Dänemark nicht verstanden. Und noch etwas: Dänemark agiert damit auf Kosten Deutschlands – Boris Pistorius hat das selbst im dänischen Parlament gesagt –; denn Leidtragender ist nicht Dänemark, sondern die anderen Länder, die dann entsprechend einspringen müssen.

Sie haben aber auch Logik nicht verstanden. Es erschließt sich mir rein logisch nicht, warum, wenn sich das größte Land Europas migrationspolitisch komplett aus der Solidarität verabschiedet, in einem wundersamen, logischen Schluss und aus tiefster Dankbarkeit ganz Europa sagen sollte: Wir bauen jetzt extra für Deutschland eine lückenlose Grenzsicherung an Europas Außengrenzen; wir schicken die Leute nicht mehr durch, sondern aus Dankbarkeit für die Unsolidarität Deutschlands sind wir besonders solidarisch und registrieren die Menschen. – Diese Logik muss man mir mal erklären.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Als Letztes – das werden Sie als selbsternannte Patrioten ganz besonders gerne hören –: Sie verstoßen zutiefst gegen nationale Interessen Deutschlands. Zum einen wäre ein so grenzgesichertes Deutschland ein DDR-artiges Deutschland, in dem niemand in diesem Raum leben möchte. Außerdem würde das bedeuten, dass kein deutscher Bahnhof mehr durch Bundespolizisten gesichert wäre, weil alle ihr ganzes Berufsleben an deutschen Grenzen verbringen müssten. Sie verstoßen ferner gegen deutsche Interessen, weil wir alle Vorteile Europas, die wir jetzt genießen, nicht mehr nutzen könnten.

Kommen Sie bitte zum Schluss.

Sie verstoßen weiterhin gegen nationale Interessen Deutschlands, weil Sie genau das Land in Europa beweihräuchern und loben, das gegenwärtig integrations- und migrationspolitisch auf Deutschlands Kosten lebt. – Herzlichen Glückwunsch zu dieser Komplexleistung!

Schönen Abend.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7546829
Wahlperiode 20
Sitzung 59
Tagesordnungspunkt Opt-Out vom Gemeinsamen Europäischen Asylsystem
00:00
00:00
00:00
00:00
Keine