Norbert KleinwächterAfD - Bürgergeld-Gesetz, Sozialer Arbeitsmarkt
Werte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Das Bürgergeld ist unsozial; denn es übervorteilt diejenigen, die nicht arbeiten,
(Lachen der Abg. Leni Breymaier [SPD])
gegenüber denjenigen, die jeden Tag den Wohlstand in unserem Land erwirtschaften, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der AfD)
Ich muss schon sagen: Ich finde die Debatte, die hier geführt worden ist, wirklich ein bisschen zynisch. Es sind Windelbegriffe gefallen wie „Chancengleichheit“, „Augenhöhe“, „Vertrauenszeit“, „Kooperationszeit“, meine Damen und Herren,
(Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Der Minister hat erklärt, was das ist!)
während die Altenpflegehelferin, die jeden Tag auf die Arbeit geht, nicht mehr weiß, wie sie mit ihrer Tochter durch den Winter kommen soll, weil sie die Wohnung gar nicht mehr beheizen kann.
(Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das wird besser, wenn der Regelsatz erhöht ist!)
Das ist doch die Realität in Deutschland, und an dieser Realität geht diese Debatte vollkommen vorbei, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der AfD – Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Sie kann einen Wohngeldantrag stellen, Herr Kleinwächter!)
Sie ersetzen Leistung durch Müßiggang. Dabei war es gerade das Leistungsprinzip, was unser Gesellschaftsmodell der sozialen Marktwirtschaft immer erfolgreich gemacht hat. Wir haben verlangt: Leute, qualifiziert euch! Strengt euch an! Stellt eure Arbeitskraft zur Verfügung! – Damit können wir Frieden, Wohlstand, Demokratie und, ja, auch ein Sozialhilfesystem aufbauen, das funktioniert und das allen in echter Not hilft. Aber Sie heben das Leistungsprinzip völlig auf und erheben den Müßiggang zum neuen Prinzip.
Die implizite Frage, die Sie mit dem Bürgergeld stellen, ist doch: „Warum bist du eigentlich so blöd und arbeitest noch?“
(Beifall bei der AfD – Rasha Nasr [SPD]: Das ist doch Quatsch! – Dr. Dietmar Bartsch [DIE LINKE]: Ach Quatsch!)
Und damit, Frau Aeffner, heben Sie nicht das Stigma derer auf, die im Sozialleistungsbezug sind, sondern Sie stigmatisieren alle, die da unfreiwillig hereinfallen noch umso mehr, und das ist das Dramatische daran.
Machen wir doch einmal die Rechnung auf.
(Zuruf der Abg. Leni Breymaier [SPD])
Allein mathematisch lohnt es sich doch kaum mehr zu arbeiten für jemanden, der wenig verdient.
(Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Warum arbeiten Sie denn? Warum beziehen Sie nicht Stütze?)
Ein Vollzeit arbeitender Mindestlohnempfänger – bezahlt nach dem neuen Mindestlohn – bekommt 2 080 Euro brutto, 1 404 Euro netto. Der wird locker eingeholt von einem Bürgergeldbezieher mit 502 Euro Regelsatz plus – und das ist der springende Punkt – die Übernahme sämtlicher Wohn- und Heizkosten, egal ob die angemessen sind, egal in welcher Höhe,
(Angelika Glöckner [SPD]: Das ist doch Quatsch!)
weil Sie nämlich die Karenzzeit eingeführt haben. Das bedeutet: Während der normale Arbeitnehmer seine Wohnung nicht mehr heizen kann, kann der Bürgergeldempfänger eine 130-Quadratmeter-Altbauwohnung in Charlottenburg beheizen oder sein Einfamilienhaus am Tegernsee.
(Zuruf der Abg. Leni Breymaier [SPD])
Das ist genau das, was Sie hier einführen, und das ist ungerecht, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der AfD – Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Herr, schmeiß Hirn vom Himmel!)
Während jeder normale Arbeitnehmer in der Früh einstempeln und am Abend auschecken muss, erlauben Sie dem Bürgergeldempfänger eine Ortsabwesenheit sogar im Ausland, meine Damen und Herren.
(Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]. Was wollen Sie eigentlich?)
Während ein Lkw-Fahrer seinen Führerschein, sogar seinen privaten, riskiert bei einem Fehlverhalten, ein Selbstständiger sein Haus, weil sein Betrieb zum Beispiel – auch aufgrund Ihrer Politik – pleitegeht, ein Fassadenreiniger oder Fabrikarbeiter sein Leben bei einem Betriebsunfall,
(Stephanie Aeffner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Genau den wollen wir auch unterstützen!)
was riskiert der Bürgergeldempfänger, wenn er vor die Jobcenter-Mitarbeiterin mit einem fetten Grinsen tritt
(Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie wollen die Leute gar nicht unterstützen! Das ist Ihr Prinzip!)
und sagt: „Ich hab jetzt aber keinen Bock“? Er riskiert gar nichts. Denn wir haben ja Vertrauenszeit, wir haben ja Kooperation, wir heben ja sämtliche Sanktionen auf,
(Zuruf des Abg. Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
und das ist genau der falsche Weg. Das ist das falsche Signal an die Öffentlichkeit, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der AfD)
Wir dürfen nicht den Müßiggang etablieren und das dann bedingungslose Grundeinkommen, was nämlich genau in diesem Moment vor der Jobcenter-Mitarbeiterin zum bedingungslosen Grundeinkommen wird, sondern wir müssen Leistung wieder fördern. Deswegen fordern wir die aktivierende Grundsicherung und sagen: Lasst die Leute nie aus dem Arbeitsmarkt herausfallen, sondern spätestens sechs Monate nach dem Eintritt in den Sozialleistungsbezug 15 Wochenstunden Bürgerarbeit machen. – Das ist gemeinnützige Arbeit, die uns alle voranbringt, und die Leute verlernen es nie, sich zu organisieren, pünktlich aufzustehen, auf Arbeit zu gehen.
Haben wir den Mut, diejenigen mit reinen Sachleistungen zu sanktionieren, die unser Sozialleistungssystem nicht brauchen,
(Zuruf der Abg. Stephanie Aeffner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
sondern benutzen, Frau Aeffner! Und: Lassen Sie uns sicherstellen, dass die Leute wenigstens anwesend sind, wenn sie schon Sozialleistungen beziehen und ihre Arbeitskraft zur Verfügung stellen können!
(Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es ist menschenfeindlich, was Sie machen! Menschenfeindlich!)
Wir brauchen kein Sozialbezugssystem, wir brauchen ein Sozialleistungssystem – und das ist der Unterschied.
(Beifall bei der AfD – Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es ist widerlich, was Sie machen! – Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Frau Präsidentin, es fällt schwer, Ihrer Aufforderung nachzukommen!)
Nächster Redner: für die FDP-Fraktion Pascal Kober.
(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7546849 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 60 |
Tagesordnungspunkt | Bürgergeld-Gesetz, Sozialer Arbeitsmarkt |